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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
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lächerlich es klang. »Ist er immer noch dran? Lassen Sie mich mit ihm reden.« Er öffnete die Tür, soweit die Kette es zuließ, und der Rätselmann hielt das Handy in den Spalt. »Alexi, wir machen Fortschritte.«
    »Was habt ihr rausgefunden?«
    »Das ist kein gewöhnliches Notizbuch oder ein Sitzungsprotokoll. Es gibt kein Datum. Ich weiß nur, dass ein U-Boot repariert wird und beträchtliche Mengen russischer Rubel den Besitzer wechseln werden.«
    Alexi schwieg, aber das Schweigen war bedeutungsvoll. Bei einer Schachpartie war das der Moment, in dem einem Spieler nichts anderes übrig blieb, als seinen König aus der Deckung der hinteren Reihe zu bringen und mit ihm in die Mitte des Schachbretts zu stürzen.
    »Da wird noch ein weiteres Treffen stattfinden«, sagte Schenja.
    »An Bord der Natalja Gontscharowa ?«
    »Ja.« Was hätte er sonst sagen sollen?
    »Danke, das ist alles, was ich wissen musste. Gib dem Mann das Handy zurück.«
    Schenja reichte es hinaus und schloss die Tür.
    »Hat es funktioniert?«, fragte Lotte.
    »Keine Ahnung.«
    Von der anderen Seite der Tür kam nur Stille. Kein »Du hast es geschafft, Junge!«. Nur ein beklemmendes Gefühl und ein trockener Mund.
    Lotte und Schenja schauten sich nicht mehr an. Es war nicht fair. Wenn sich jemand an einen Zeitplan halten sollte, dann ein Henker. Sie nahmen den Straßenlärm wahr, die Leere des Gebäudes, das Geräusch eines Schalldämpfers, der auf den Lauf einer Waffe geschraubt wurde. Schenja war erst siebzehn. Schach, fand er, war ihm nicht mehr so wichtig. Er hatte davon geträumt, dass eine Schacheröffnung nach ihm benannt wurde. Jetzt kamen ihm alle Spiele trivial vor. Er hatte andere Ambitionen. So seltsam es war, aber er fand, es könnte gar nicht mal so schlecht sein, Ermittler zu werden wie Arkadi.
    Lotte beschloss, Schach für Musik aufzugeben. Ihre Familie war immer künstlerisch gewesen. Sie hörte, wie ein Bogen über die Saiten eines Kontrabasses gezogen wurde. Irgendwas Grimmiges von Wagner. Götterdämmerung . Der Fall der Götter.
    Schenja zog die Pistole aus dem Gürtel, aber Lotte stand ihm im Weg. Sie versuchte die Tür zuzuhalten. Er griff nach ihrer Hand, und sie lehnten sich zusammen gegen die Tür.
    Der Rätselmann warf sich mit aller Kraft dagegen. Die Kette riss, und Schenja erblickte einen dünnen Mann mit rot geäderter Hakennase, der versuchte, eine Waffe durch den Spalt zu schieben. Die Tür knallte zu und wurde von einem alten Mann in Bademantel und Pantoffeln geöffnet.
    »Lotte! Ich hab dich gefunden!« Lottes Großvater, der Feigling, kämpfte um die Waffe. »Du musst weglaufen!« Der Rätselmann stieß ihn beiseite.
    Die Tür knallte zu. Schenja hörte, wie ein Kopf gegen den Türpfosten krachte. Die Tür öffnete sich erneut, wie ein frisch gemischtes Kartenspiel, als Viktor Orlow den Rätselmann noch zweimal gegen den Türpfosten rammte und ihn dann die Treppe hinunterwarf.

26
    M it weißem Licht vorne und rotem hinten wand sich eine Reihe von Radfahrern durch den frühen Abend, jagte unter Straßenlaternen dahin, kurvte durch Straßen und Parks.
    Arkadi und Tatjana hatten sich zu einem der zweitägigen Ausflüge angemeldet, die der Fahrradladen anbot, und Polo bei einer Nachbarin gelassen.
    Sich der Gruppe anzuschließen, war Tatjanas Idee gewesen. Sie hatte jeden Fluchtplan abgelehnt, den Arkadi vorgeschlagen hatte. Den Ausflug des Fahrradladens hatte er nur nebenbei erwähnt, und sie hatte sofort zugegriffen. Sie liehen sich Fahrräder plus Ausrüstung. Arkadis Matrosenjacke wurde als ungewöhnliche Bekleidung gewertet, und Karl, der Ladenbesitzer, fragte ihn, wann er zum letzten Mal geradelt sei.
    »Ist schon eine Weile her. Ich glaube, ich brauche eine Hosenklammer.«
    Karl musterte ihn von Kopf bis Fuß. »Solange Sie Geld für ein Taxi haben.«
    Die Radfahrer waren keine politische Gruppe. Die Hälfte war weiblich. Die meisten hatten Schlafsack und Zelt dabei, und obwohl die Strecke nur fünfzig Kilometer betrug, kaum als Tour zu bezeichnen, lag Erwartung in der Luft, vor allem, nachdem sie die Stadt hinter sich gelassen hatten.
    Arkadi kippelte am Anfang, aber der Verkehr war dünn, und er fand seinen Gleichgewichtssinn wieder. Tatjana stemmte sich gegen den Wind und schien sich sichtbar wohlzufühlen. Militärlaster fuhren vorbei, doch das war bei dieser Nähe zum Heimathafen der Baltischen Flotte zu erwarten.
    Karl übernahm die Führung. Auf ein Zeichen von ihm bogen die Räder auf einen fast

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