Taumel der Gefuehle - Roman
Feldes wirkte dieses Festmahl ein wenig fehl am Platz.
Elizabeth bemerkte, dass sich Köpfe in ihre Richtung drehten. »Wir geben Anlass zur Spekulation, Mylord, und haben noch nicht einmal den Bach erreicht.«
»Wenn man uns zum allgemeinen Gesprächsstoff auserkoren hat, bin ich außerordentlich froh, mich davon zu entfernen.«
»Noch vor kurzem schient Ihr Euch sehr gut mit Euren Freunden unterhalten zu haben«, wechselte Elizabeth rasch das Thema.
»Wir haben in Erinnerungen an alte Schulzeiten geschwelgt, denn wir alle besuchten gleichzeitig Hambrick Hall. Ihr könnt mir glauben, dass unser Gespräch allerdings nicht pädagogisch wertvoll war.« Vielleicht hätte es Elizabeth Penrose dennoch aufschlussreich gefunden. Er zumindest hatte es... im Alter von zehn. »Sollen wir für einen Moment die wunderschöne Aussicht genießen?«, erkundigte sich North, als sie den ausgetretenen Fußweg am Ufer erreichten.
»Ich bin nicht erschöpft«, entgegnete sie schroff.
Northam zog verschmitzt eine Braue hoch und musterte Elizabeth eingehend. »Dürfte ich die Aussicht genießen? Es steht Euch natürlich frei, allein umherzuwandern.«
Elizabeth drehte sich um und blickte zum Bach. Es war ein herrlicher Aussichtspunkt, um sich an dem gleichmä
ßigen Rauschen des Wassers und der wunderschönen Landschaft zu erfreuen, auch wenn sie wusste, dass der Earl die Pause nur ihr zuliebe machte. Die Böschung war übersät mit einer Fülle an Gänseblümchen und wilden Geranien. Auf der anderen Seite wuchs das Gras kniehoch und schaukelte im Wind. Hinter sich hörte Elizabeth das summende Gemurmel der Gespräche, das sie an einen Bienenschwarm erinnerte.
»Sollen wir unseren Spaziergang fortsetzen?«, fragte Northam.
»Wenn Ihr Euch an der Aussicht satt gesehen habt.«
Ihre schlagfertige Antwort entlockte ihm ein Lächeln. »Ich denke, ich hatte genug.« Der Fußweg war breit genug, um Seite an Seite zu gehen. Er achtete bewusst auf leichte Vertiefungen und herumliegende Steine, was er nicht getan hätte, wenn seine Partnerin völlig gesund gewesen wäre. »Werdet Ihr die gesamte Zeit hier sein?«, wollte er wissen.
»Ja. Ich bin bereits zwei Wochen vor unseren Gastgebern angekommen. Louise und Harrison lieben das Landleben nicht besonders, nicht einmal in den wunderschönen Sommermonaten.«
»Ich habe vernommen, dass Ihr Rosemonts Tochter seid.«
Elizabeth verstand genau, was Northam damit ausdrücken wollte. »Ihr findet es seltsam, dass der Baron und die Baronin meine Hilfe in Anspruch nehmen?«
»Ich habe nicht angenommen, dass sie Euch mit niederen Aufgaben betreuen, aber Ihr habt meine Aussage richtig gedeutet. Es erscheint mir eigenartig, dass Ihr mit ihnen reist, anstatt Euch um ähnliche Aufgaben auf dem Landsitz Eures Vaters zu kümmern.«
»Mein Vater hat meine Stiefmutter, die ihm Gesellschaft leistet und Ratschläge erteilt. Er muss für meinen jüngeren Bruder sorgen und hat bisher keine Einwände erhoben, wie und wo ich meine Zeit verbringe.«
North hatte den eisigen Unterton in ihrer Stimme nicht überhört. Eine gewisse emotionslose Art verlieh ihren Worten eine kühle Bestimmtheit. Er wusste nicht, was er damit anfangen sollte, wollte allerdings auch nicht weiter in sie dringen. »Meine Einladung gilt für zwei Wochen«, sagte er schließlich.
»Das weiß ich.« Sie warf ihm von der Seite einen Blick zu, ihre Mundwinkel waren zu einem schwachen Lächeln verzogen. »Ich habe sie geschrieben.«
»Also erledigt Ihr ihnen auch die Korrespondenz«, lachte er.
»Die Baronin ist hoffnungslos überfordert, wenn es darum geht, ihre Angelegenheiten zu organisieren. Battenburn hatte Mr Alexander, der kleinere Aufträge für ihn erledigte. Doch seit ihr Sekretär nicht mehr bei ihnen ist, habe ich diese Aufgaben mit Freude übernommen.«
»Ihr seid demnach eine unbezahlte Gesellschafterin.«
»Vielmehr eine Tochter«, berichtigte ihn Elizabeth. »Ich gehöre praktisch zur Familie. Sie haben keine eigenen Kinder.«
Da der Baron und die Baronin ihr vierzigstes Lebensjahr noch nicht überschritten hatten, überlegte Northam, war es immer noch möglich, dass sie eigene Kinder bekamen. »Ich kenne keinen der beiden besonders gut. Die Einladung kam unerwartet.«
»Jedoch willkommen«, erwiderte Elizabeth.
»Wie kommt Ihr zu diesem Schluss?«
»Nun, schließlich habt Ihr zugesagt. Auch wenn Ihr
gestern Abend mit Eurer Abwesenheit geglänzt habt, seid Ihr nun hier, weshalb man annehmen könnte, dass Ihr die
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