Taumel der Gefuehle - Roman
hatten es sich auf den zahlreichen Decken gemütlich gemacht, die auf der Wiese vor dem Anwesen ausgebreitet waren, und genossen die nachmittägliche Sonne, die frische Brise und das gleichmäßige Rauschen eines Baches, der sich durch die Landschaft schlängelte.
Elizabeth blinzelte, als die Männer erneut lachten, wobei sie die Köpfe in den Nacken warfen. Obwohl ihre Stimmen tief klangen, war gleichzeitig etwas unverkennbar Jugendliches und Verschmitztes herauszuhören. Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, denn sie fühlte sich nicht wie eine ungebetene Beobachterin, sondern vielmehr wie eine Mitverschwörerin, obschon sie überhaupt keine Ahnung hatte, was die Männer in eine derart gute Laune versetzt haben mochte.
Dass die vier sich kannten, war nicht verwunderlich, dachte Elizabeth. Mit Ausnahme von Mr Marchman gehörten sie alle dem Adelsstand an. Das Interessante war vielmehr, dass sie sehr enge Freunde zu sein schienen und keinerlei Rivalität zwischen ihnen zu spüren war. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt, als der Earl von Northam drei reife Pfirsiche aus dem Korb neben sich nahm und im Schneidersitz zu jonglieren begann. Die anderen brachen in weitere Lachsalven aus. Aus Gründen, die Elizabeth nicht nachvollziehen konnte, bemerkte sie, wie ihre eigenen Wangen vor Hitze zu glühen begannen. Obwohl sie sicher war, dass niemand sie beobachtet hatte, versteckte sie sich vorsichtshalber hinter ihrer Staffelei.
Erst als Elizabeth wieder zu malen begonnen hatte, stellte sie fest, dass der Earl von Northam den Großteil ihres Stilllebens gestohlen hatte.
Brendan David Hampton, der jonglierende, diebische sechste Earl von Northam, kam aus dem Rhythmus, da ihm einer seiner Freunde einen weiteren Pfirsich zuwarf. »Zum Teufel, East«, fluchte er grinsend, »ich habe es noch nie mit vieren gekonnt.« Bevor die Früchte von der Decke rollten, sammelte Northam sie ein, und reichte jedem seiner Freunde einen Pfirsich. Er selbst hielt bedächtig
den vierten in Händen und tat so, als würde er ihn genau untersuchen.
»Feste Kugeln, die perfekt in der Hand liegen. Weiche Haut, bedeckt von zarten, feinen Härchen. Eine leichte Röte, die an der Spitze dunkler wird.« Northam teilte den Pfirsich. »Saftig, duftend, köstlich.«
Kaum hörbar fuhr er fort: »Gentlemen, hiermit überreiche ich euch Madame Fortunas Brüste. Gott segne sie«, und nach einer kurzen Pause, »ebenso wie die naiven Jungs von Hambrick!«
Matthew Forrester, Viscount Southerton, von seinen Freunden aus Hambrick South genannt, wäre beinahe an dem Pfirsichstück erstickt, das er gerade abgebissen hatte. Er hustete laut, hin- und hergerissen zwischen dem Drang zu lachen und zu schlucken. Mr Marchman lehnte sich nach vorne und klopfte dem Viscount hart auf den Rücken. Bedeutungsvoll starrte South ihn an, da sein Freund kräftiger zugeschlagen hatte, als unbedingt nötig gewesen wäre. Die drohende Gebärde blieb jedoch unbemerkt, denn es war unmöglich, South ernst zu nehmen, wenn seine Wangen vor Lachen gerötet waren und seine Augen vor Tränen glänzten.
»Es ist würdelos«, murmelte er verärgert, während er sich die Kleider glatt strich. »Ich wusste, dass so etwas passieren würde, sobald wir aufeinander treffen. Jedes Mal muss einer Madame Fortuna erwähnen. Es ist so lange amüsant, bis sich jemand verschluckt und ein anderer ihn umzubringen versucht.«
»Du warst es, der sie zuerst erwähnte«, wies Mr Marchman ihn ruhig zurecht. Dann biss er genüsslich in seinen Pfirsich. »Und wenn ich dich tatsächlich hätte töten wollen, hätte ich mein Messer benutzt.«
Gabriel Whitney, der Marquess von Eastlyn, blickte unwillkürlich zu Marchmans rechtem Stiefel. »Du trägst deine Waffe, West?«
Während die Frage halb im Scherz gestellt worden war, entbehrte Marchmans Antwort jeden Funken Humor. Ob sich dies allerdings auf die Frage an sich oder nur die Nennung von Marchmans Spitznamen zurückführen ließ, war unklar. »Immer«, entgegnete er streng. Dann wandte er sich zu Northam und wechselte rasch das Thema: »Du scheinst die Früchte deiner harten Arbeit nicht genießen zu können?«
In der Tat hielt Northam noch immer die beiden Pfirsichhälften in Händen und sah nicht zu seinen Kameraden, sondern über sie hinweg zu der Staffelei, die am Rande des Picknicks inmitten von Glockenblumen aufgestellt war. Die junge Frau, die dort gemalt hatte, packte gerade ihre Malutensilien zusammen. Northam plagten selten
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