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Tausend strahlende Sonnen

Tausend strahlende Sonnen

Titel: Tausend strahlende Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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eingezogen sind, Regierungsämter bekleiden und mit ihren kugelsicheren Protzautos durch die von ihnen verwüstete Nachbarschaft kurven. Es macht sie krank.
    Doch Laila hat beschlossen, sich nicht verbittern zu lassen. Das hätte Mariam nicht gewollt. Was bringt’s? würde sie mit unschuldigem und zugleich klugem Lächeln fragen. Was hättest du davon, Laila jo ? Also schluckt sie ihren Groll und macht tapfer weiter – um Tarik, der Kinder und um ihrer selbst willen. Und für Mariam, die ihr nach wie vor im Traum erscheint und immer nah ist. Laila macht weiter; etwas anderes als Engagement und Hoffnung, so weiß sie, bleibt ihr nicht übrig.
    Zaman steht mit leicht gebeugten Knien an der Freiwurflinie und lässt den Basketball aufprallen. Er trainiert eine Gruppe von Jungen, die alle dasselbe Trikot tragen und im Halbkreis auf dem Hof am Boden hocken. Als er Laila sieht, klemmt er den Ball unter den Arm und winkt ihr zu. Er sagt etwas zu den Jungen, die daraufhin ebenfalls winken und rufen: » Salaam , moalim sahib! «
    Laila winkt zurück.
    Auf dem Spielplatz des Waisenhauses stehen jetzt entlang der Mauer im Osten ein paar junge Apfelbäume. Laila will auch welche vor die Südmauer pflanzen, sobald sie wieder aufgebaut ist. Neu sind auch die Schaukeln und das Klettergerüst.
    Laila geht durch die Fliegengittertür ins Haus.
    Das Waisenhaus ist frisch gestrichen worden. Tarik und Zaman haben das Dach abgedichtet, die Wände neu verputzt, Fenster eingesetzt und die Zimmer, in denen die Kinder schlafen und spielen, mit Teppichen ausgelegt. Laila hat im vergangenen Winter zusätzliche Betten beschafft und gusseiserne Öfen einbauen lassen.
    Anis , eine der Kabuler Tageszeitungen, hatte, einen Monat bevor mit den Arbeiten begonnen wurde, von der geplanten Renovierung des Waisenhauses berichtet. Dazu erschien ein Foto von Zaman, Tarik, Laila, einer Pflegerin und den Kindern, die hinter den Erwachsenen Aufstellung genommen hatten. Als Laila den Artikel zu Gesicht bekam, fühlte sie sich an ihre Freundinnen Giti und Hasina erinnert, insbesondere an Hasinas Worte: »Wenn wir, Giti und ich, zwanzig sind, hat jede von uns schon vier oder fünf Kinder geworfen. Und auf dich, Laila, werden wir zwei Strohköpfe einmal richtig stolz sein. Aus dir wird noch was. Ich bin mir sicher, irgendwann sehe ich eine Zeitung mit deinem Foto auf der Titelseite.« Hasina hat mit ihrer Prognose recht behalten, auch wenn es nicht die Titelseite war, auf der das Foto gezeigt wurde.
    Laila folgt demselben Korridor, durch den sie vor zwei Jahren, von Mariam begleitet, gegangen war, um Aziza dem Heimleiter vorzustellen. Laila erinnert sich, wie sie sich von ihrem Kind, das sich krampfhaft an ihr festhielt, losreißen musste und wie sie dann tränenblind durch diesen Flur davongelaufen war, Mariams Rufe und Azizas gellende Schreie im Rücken. An den Wänden hängen jetzt Poster, auf denen Dinosaurier, Comicfiguren und die Buddhas von Bamiyan abgebildet sind. Es sind auch etliche Kunstwerke der Waisenkinder zu sehen, Zeichnungen von Panzern, die Lehmhütten überrollen, und Soldaten mit Sturmfeuergewehren, von Flüchtlingslagern und Kriegsszenen.
    Laila biegt um eine Ecke und sieht die Kinder vor dem Klassenzimmer stehen. Sie tragen Scheitelkappen auf den kahl geschorenen Köpfen und Schals um den Hals. Ihre kleinen Körper sind mager, aber quicklebendig und voller Anmut.
    Als die Kinder Laila erblicken, kommen sie mit schrillen Willkommensrufen auf sie zugerannt. Laila wird umschwärmt. Hände strecken sich ihr entgegen, greifen nach ihr, betätscheln sie und zerren an ihren Kleidern. Alle buhlen um ihre Aufmerksamkeit. Manche nennen sie Mutter. Laila korrigiert sie nicht.
    Es dauert eine Weile, bis die Kinder zur Ruhe gebracht sind und, in Reih und Glied aufgestellt, das Klassenzimmer betreten.
    Tarik und Zaman haben die Wand zwischen zwei kleineren Räumen eingerissen und so für ein ausreichend großes Klassenzimmer gesorgt. Der Boden ist noch voller Risse, und es fehlen mehrere Fliesen, doch Tarik hat versprochen, die schadhaften Stellen auszubessern und das Zimmer mit einem Teppich auszulegen. Bis dahin liegt eine Plane auf dem Boden.
    Über der Tür hängt eine rechteckige Holztafel, die Zaman abgeschliffen und weiß lackiert hat. Darauf stehen, mit Pinselstrichen aufgemalt, vier Gedichtzeilen, die, wie Laila weiß, Zamans Antwort auf all jene verärgerten Stimmen sind, die beklagen, dass die versprochene Finanzhilfe für Afghanistan noch

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