Tausendundeine Nacht - Erwachsene Märchen aus 1001 Nacht
Engländer Lane, einer der besten Kenner der neueren arabischen Literatur sowohl als des Lebens, der Religion, der Sitten und Gebräuche der Araber, dem nicht nur die Stelle aus dem Fihrist bekannt war, sondern der auch später von einer anderen in Makkaris Geschichte von Spanien Kenntnis erhielt, aus welcher hervorgeht, daß in Ägypten ein Werk unter dem Titel »1001 Nacht« im dreizehnten Jahrhundert bekannt war, pflichtet doch de Sacy darin bei, daß unsere 1001 Nacht ein Erzeugnis des 15ten bis 16ten Jahrhunderts sei. Manche von diesem Gelehrten angeführte Beweisgründe sind zwar nicht stichhaltig 1 , andere aber von ihm sowohl als von de Sacy geltend gemachte, lassen keinen Zweifel übrig, daß von der alten persischen Sammlung nur ganz wenige Märchen und der Rahmen übrig geblieben sind, der bei weitem größere Teil aber echt arabisch und zwar ziemlich neu ist. Daß dies von allen den Märchen gilt, in welchen Harun Arraschid und noch viel spätere Fürsten vorkommen, versteht sich von selbst, aber auch wo dies nicht der Fall ist, tragen manche unverkennbare Zeichen einer späteren islamitischen Zeit an sich. So ist in mehreren von moslimischen Sultanen in Ägypten die Rede, was doch vor dem sechsten Jahrhundert der Flucht nicht vorgekommen ist. In der Geschichte des Buckligen wird Kahirah Mißr genannt, ein Name, der in den ersten Jahrhunderten der Flucht nur für Fostat gebraucht wurde; auch kommt ein Quartier Habbanieh darin vor, das im 14. Jahrhundert noch nicht existierte. In der Erzählung von Djaudar ist von einem Scheich el Islam die Rede, ein Titel, der erst unter Mohammed 11. vorkommt, auch von Münzen, die erst unter den späteren Mamelucken den ihnen beigelegten Wert hatten. In der Erzählung von Abußir und Abukir ist sogar von Tabak die Rede, der bekanntlich erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts im Osten geraucht wurde, doch mochte dieses Märchen, da in keinem anderen von Tabak, auch nur einmal von Kaffee, der früher Eingang fand, die Rede ist, erst später hinzugefügt worden sein. Aber auch die allerersten Märchen, welche die meisten Handschriften gemein haben und von denen man zunächst annehmen sollte, sie bildeten den Grundstock des aus dem Persischen übersetzten Werks, an dem sich dann allmählich neuere Dichtungen anreihten, welche ältere verdrängten, tragen ein entschiedenes moslimisches Gepräge.
Gleich in der Erzählung des Kaufmanns mit dem Geiste werden Koranleser erwähnt. In der des ersten Greises mit der Gazelle ist vom großen Beiramfeste die Rede, an welchem er seine in eine Kuh verzauberte Gattin schlachtet. In der Geschichte des Fischers mit dem Geiste sagt dieser, er sei einer von den Geistern, welche Salomon ihrer Widerspenstigkeit willen in kupferne Flaschen einzusperren pflegte, ganz wie sie die moslimische Tradition nach jüdischen Sagen kennt. Der Arzt Duban, der den König von Persien oder von Griechenland heilen sollte, hat seine Kenntnisse unter anderm aus arabischen und türkischen Büchern geschöpft. Der Geist führt den Fischer an den See, in dem er weiße, blaue, rote und gelbe Fische fängt; die Farben der Juden, Christen, Feueranbeter und Mohammedaner, welche wie in der Folge erzählt wird, die Bewohner der Stadt bildeten, die in Fische verwandelt worden sind. An die Geschichte vom Fischer reiht sich die vom Lastträger in Bagdad und die der drei Kalender, in welcher Harun Arraschid eine Rolle spielt, so daß an ihrem späteren Ursprung ebensowenig ein Zweifel sein kann, als an dem der darauffolgenden Geschichte des Veziers Ali aus Kahirah und Bedreddin Hasans aus Baßrah. In der Geschichte des Buckligen ruft der Jude: o Eleazar! o Moses! o Aron! o Josua, Sohn Nuns! Namen, die wohl einem Moslem, aber schwerlich einem alten Perser oder Indier bekannt waren. Die Wache sagt zum christlichen Schreiber: »Bei Gott, das ist schön: ein Christ bringt einen Muselmann um!« Der Christ beginnt seine Erzählung damit, daß er von seinem früheren Aufenthalte in Kahirah spricht, und der Jüngling mit der abgeschnittenen Hand wohnte daselbst im Chan Masrur, führte Waren aus Bagdad mit sich und stahl den Beutel eines Soldaten am Tore Suweila, Lokalitäten, die einer späteren Zeit angehören. Bald darauf tritt dann eine Sklavin Subeidas, der Gattin Harun Arraschids, auf. In der Geschichte des Jünglings mit dem Barbier liebt jener die Tochter des Kadhi von Bagdad und will sie während des Freitagsgebets besuchen. Der Barbier sagt im Beginn seiner Geschichte, er sei
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