Taylor Jackson 01 - Poesie des Todes
du mich verstanden? Quinn, Bemerkungen wie diese können deine Kinder umbringen. Aber ich beantworte deine Frage trotzdem. Ich habe es für meine Mutter getan.”
“Reese, du weißt nicht …”
Er unterbrach sie. “Sag mir nicht, was ich nicht weiß. Ich weiß es, okay? Ich weiß es, seit ich vierzehn bin. Alt genug, um es zu verstehen, meine ich. Mommy ist vergewaltigt worden und hat ein Baby bekommen. Ich wusste damals schon alles über Bienen und Blumen, Quinn. Alles, was du hättest tun müssen, alles, was ihr alle hättet tun müssen, wäre gewesen, mir die Wahrheit zu sagen. Dann würden wir jetzt nicht hier stehen. Aber das habt ihr nicht getan. Ihr habt es vertuscht, euch für mich geschämt; euch für das geschämt, was passiert ist.
An dem Tag, an dem eure Eltern gestorben sind, habe ich Whitneys Tagebuch gelesen. Da habe ich es endlich verstanden. Sie war so stark, wollte die Welt so gerne wissen lassen, dass ich ihr Sohn bin. Auch wenn sie es nie zugegeben hat, ich wusste es. Ich konnte es an der Art sehen, wie sie mich angeschaut hat. Als ich älter wurde, hat sie sich mir entzogen. Sie wollte nicht zugeben müssen, wie falsch sie gehandelt hatte. Aber ich hätte ihr vergeben, Quinn. Ich hätte meiner Mutter alles vergeben.”
Taylor schob sich ein Stück um den Baum herum und versuchte, eine Position zu finden, in der sie Reese sehen konnte. Wohlüberlegt huschte sie von einem Baum zum nächsten. Nach zwei Minuten konnte sie Quinn beinahe berühren, so nah war sie ihr. Noch drei Minuten.
Reese fuhr in seiner Tirade fort. “Ich habe das Naheliegende getan. Wenn meine Mommy mich nicht anerkennen wollte, vielleicht würde es ja mein Vater tun. Und das hat er. Du erinnerst dich an Daddy, oder nicht, Quinn? Nathan Chase? Ich bin sicher, dass er sich gerne an euch erinnert. Nein, versteh mich nicht falsch, ich sage nicht, dass es richtig war, was er getan hat.” Für einen kurzen Augenblick brach seine Stimme. “Ich sage auch nicht, dass es richtig war, was ich getan habe. Aber es musste sein. Ich musste meiner Mutter helfen.” Seine Stimme wurde wieder stärker.
“Das war meine beste Idee. Etwas, das Whitneys Aufmerksamkeit wecken würde. Etwas, das sie zum Star machen würde. Du weißt, wie sehr sie Reporterin bei einem nationalen Fernsehsender sein wollte. Du weißt auch, was sie alles auf sich genommen hat, um perfekt zu sein. Sie brauchte nur diese eine Story, mit der sie aus der Masse herausstechen konnte. Und die habe ich ihr gegeben.”
Quinns Atem wurde flach. “Du willst mir erzählen, dass du acht Mädchen getötet hast, um Whitney zu einer Story zu verhelfen? Das ist alles, worum es ging?”
“Sieben. Die eine kleine Schlampe ist mir einfach weggestorben. Es war eine wundervolle Idee. Etwas, das nationale Aufmerksamkeit erringen würde. Vor allem das Transportieren der Leichen von einem Staat zum anderen und das Hinterlassen einer Hand. Ich wusste, dass dadurch die richtigen Leute hinzugezogen und alles herrlich dramatisiert werden würde. Ich dachte, es wäre passend, da doch meine echte Mutter mich nie mit ihren Händen berührt, mich nie als ihren Sohn in den Armen gehalten hat. Anfangs fehlte mir der Mut, aber je öfter ich es tat, desto mehr habe ich mich daran gewöhnt.”
Das Erbrochene, dachte Taylor. Am ersten Tatort. Er war so verängstigt und nervös gewesen, dass er sich übergeben hatte. Das erklärte auch, warum er an Susan Palmers Handgelenken mehrfach angesetzt hatte. Wenn er damals doch nur aufgehört hätte.
Aber Reese fing jetzt an aufzuschneiden. Und es gab keine Hoffnung mehr, dass er gesund im Kopf war.
“Ich wurde richtig gut darin. Fing sogar an Spaß daran zu haben. Und gleichzeitig habe ich deinen blöden Mann aus dem Weg geräumt. Ich hab ihn so perfekt in die Falle gelockt.” Reese klang wie ein kleines Kind. Ein Kind, das für sein gutes Benehmen einen Klaps auf die Schulter haben wollte.
“Ich hab das alles für sie getan, Quinn. Tief in mir wusste ich, wenn ich ihr helfen würde, würde sie mich wieder lieben, so wie früher, als wir noch Kinder waren. Ich bin ihr Sohn, verdammt noch mal. Jetzt ist sie auch weg, und meine ganze harte Arbeit war umsonst. Umsonst!” Sein Schrei hallte durch die dunkle Leere des Parks, und Taylor nutzte den Moment, um aus den Schatten zu treten, die Waffe in die Richtung von Reeses Stimme gerichtet. In der Sekunde, als sie hinter Quinn war, konnte sie ihn sehen, eine Silhouette gegen den Nachthimmel. Sie konnte
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