Tea Party Die weisse Wut - Was Amerikas Neue Rechte so gefaehrlich macht
durch
Astroturf
ersetzt worden, Kunstrasen, der nur zu Veranstaltungen ausgerollt wird.
Ähnlich sieht das Wes Benedict, der Vorsitzende der Libertären Party in Washington. »Die Tea Party hat zwar die Republikaner beeinflusst, aber das republikanische Establishment hat sich auch der Tea Party angedient, schon deshalb, damit sie an der Macht bleiben und ihre Posten behalten«, meint er. Und während die Reaganites mit der Tea Party wenigstens die Abneigung gegen Steuern gemeinsam haben, haben die Neokonservativen, die unter Bush den Ton angegeben haben, ganz andere Wurzeln. Sie stammen aus dem universitären Ivy-League-Milieu der Ostküste. Frühere Trotzkisten sind darunter, viele arbeiten in Washingtoner Think-Tanks, und sie wollen einen starken Staat und eine interventionistische Außenpolitik.
Inzwischen gehen Kandidaten der Tea Party mit Forderungen an die Öffentlichkeit, die der Konstitution der USA diametral entgegenstehen. So forderte Herman Cain, den Bau von Moscheen zu untersagen; Michele Bachmann will Pornographie verbieten; beides widerspricht dem First Amendment, dem ersten Artikel, der die Religions- und Veröffentlichungsfreiheit garantiert.
Wie die Anfänge der Tea Party aussahen, beschreibt ›New York Times‹-Reporterin Kate Zernike in ihrem Buch ›Boiling Mad‹. Sie hat eine der Demonstrationen nach der Wahl von Obama miterlebt, auf der Freedom Plaza in Boston. Ein paar Tausend Amerikaner hatten sich versammelt, um Michele Bachmann zu hören, die über die neue »Gangster-Regierung« schimpfte. »In zwei Jahren wird Barack Obama ein Präsident für nur eine Legislaturperiode gewesen sein!«, rief sie. Ein Rapper sang die Hymne der Tea Party, es wehte die Klapperschlangenflagge. Das Parteisymbol geht auf die erste Fahne zurück, die von Soldaten im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg getragen wurde; die Schlange sollte den britischen Drachen bekämpfen. Der Krieg von 1775 bis 1783, in dem die Amerikaner unter George Washington gegen die Briten kämpften und gewannen, ist der Gründungsmythos der USA, der die Konstitution hervorbrachte und auf den die Tea Party sich beruft.
Dann wurde ›A Communist in the White House‹ gesungen und es wurden Schilder geschwenkt, auf denen stand: »BARACK HUSSEIN HITLER, GO BACK TO KENYA«. Auf der Bühne stand Brendan Steinhauser, ein Ron-Paul-Anhänger aus Texas. Er arbeitet für FreedomWorks, einen Verein, der von dem früheren republikanischen Fraktionsvorsitzenden Dick Armey gegründet wurde und der von Charles und David Koch unterstützt wird; die Brüder sind die wichtigsten Finanziers der Tea Party. Steinhauser war halb so alt wie die meisten Demonstranten, und während er erklärte, wie die Botschaft über YouTube verbreitet werden konnte, trugen viele Zuhörer noch analoge Wegwerfkameras bei sich. »Lasst uns Saul Alinskys Buch ›Regeln für Radikale‹ lesen und lasst sie uns gegen das Weiße Haus einsetzen«, rief Steinhauser. Saul Alinsky war zur Zeit des Vietnamkrieges ein linker Aktivist.
Ähnlich ging es in anderen Teilen des Landes zu. Im März 2009 organisierte der Tea Party Express eine Kundgebung in Searchlight, Nevada. Der Tea Party Express ist ein PAC, ein
political action committee
, das Wahlkampfspenden sammelt. Er wurde in Kalifornien von zwei Republikanern gegründet – einer davonein früherer Helfer von Ronald Reagan. Der Tea Party Express unterstützt Kandidaten finanziell und schickt sie auf Bustouren. Die Menge in Searchlight war sichtlich radikalisiert, schreibt Zernike. An den Geländewagen klebten Schilder mit der Aufschrift »overtaxed«, zu hoch besteuert, die Klapperschlangenfahne wehte überall. Viele
oath keepers
waren hier, Soldaten und Juristen, die geschworen hatten, Befehle zu verweigern, die ihrer Ansicht nach der Verfassung entgegenstehen. Ein Mann verkaufte Mistgabeln aus Pappe – echte waren verboten. Viele waren empört über ObamaCare, weil sie meinten, damit würden die Krankenhausrechnungen illegaler Immigranten bezahlt. Obama war auf Plakaten als Teufel abgebildet, als afrikanischer Hexendoktor oder auch als »Joker«, einer der ganz bösen Bösewichte aus den Batman-Filmen. Auf einem Plakat stand »Karl Marx und Mao waren keine Gründungsväter«. Auf einem anderen hieß es: »Lügner, Schurke, Verräter, Kommunist, Umstürzler«.
Kurz darauf stellte sich Glenn Beck, ein Fernsehtalker, der gerade von CNN zu Fox gewechselt war, an die Spitze der Bewegung. Beck rief das
9 / 12 project
aus,
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