Teamwechsel
Schienbeine. Ich schlug mir mit der flachen Hand gegen die Stirn und holte tief Luft. Dann schrieb ich zurück.
NEIN. MEIN BEIN IST IN ORDNUNG. ABER ICH BIN FERTIG MIT FUSSBALL. DANKE FÜR DEINE HILFE. MACH’S GUT.
Ich nahm an, er würde es akzeptieren und mich in Ruhe lassen. Das tat er auch… für etwa fünfzehn Minuten. Dann kam eine neue Nachricht.
OKAY. HAB MIT MITCHELL GEREDET. DIE KATZE IST ALSO AUS DEM SACK?
Die Katze ist aus dem Sack? Echt jetzt? Was zum Geier—? Ryan wusste, dass die beiden ein Paar waren und hatte nichts gesagt? Andererseits, welchen Grund hätte er gehabt? Wir waren keine dicken Freunde und er wusste auch nicht, was ich für Tony empfand.
Oder vielleicht wusste er es doch. M&M. Jeder wusste Bescheid. Ich fühlte mich auf einmal so furchtbar bloßgestellt. Die ganze Schule wusste von meiner Schwäche für diesen Jungen, während er einfach mit dieser Schnepfe herum machte.
Ich wollte wieder losheulen, doch es waren keine Tränen mehr übrig. Also drehte ich die Musik auf Maximum und versuchte, mich damit in eine Trance der Gleichgültigkeit zu befördern.
Neben mir vibrierte das Telefon. Eine neue SMS von Hunter.
KANNST DU DICH RAUSSCHLEICHEN, WENN ES DUNKEL WIRD?
VERMUTLICH. ABER WARUM SOLLTE ICH?
ABLENKUNG.
Und dieses Mal kam mit der Nachricht ein zwinkernder Smiley.
Ich war nicht in der Stimmung für Ablenkung. Um ehrlich zu sein, war ich in gar keiner Stimmung. Alles, was ich wollte, war weiter in Selbstmitleid zu ertrinken.
ICH HAB EHRLICH KEINE LUST AUF MEHR FOLTER.
Mein Gott, wenn mich die Welt doch nur für die nächsten paar Stunden in Ruhe lassen könnte. Aber so viel Glück war mir nicht vergönnt.
Sobald es dunkel war, hörte ich draußen eine leise Stimme. „Komm runter, Matthews!“
Ich verschluckte mich an dem Stück Schokolade, dass ich mir gerade in den Mund geschoben hatte. Schnell rieb ich mir die vom Heulen verklebten Augen und schlich zum Fenster. „Was machst du hier? Kannst du nicht lesen? Ich sagte nein.“
„Du sagtest keine Folter . Ich habe nicht vor, dich zu quälen. Jetzt zieh’ dir was Nettes an, wasch’ dein Gesicht und komm endlich raus.“
„ Ich habe keine Lu—“
Ryan sprang hoch und zog sich über die Dachkante der Hütte. Mit einem gefährlichen Grinsen kam er auf mich zu.
KAPITEL
10
„WAS DAGEGEN, WENN ich reinkomme?“ Hunter wartete nicht auf meine Antwort, sondern duckte sich durch den Fensterrahmen und trat in mein ganz privates Reich. Ich stolperte rückwärts. Das Bett stand im Weg und ich plumpste auf die Matratze.
„Nettes Z immer.“ Ryan setzte sich auf die Fensterbank und stützte sich mit den Händen an der Kante ab. „Du siehst allerdings furchtbar aus.“
„Wow, danke für das Newsupdate .“
Er nahm die Baseballkappe ab und fuhr sich mit der Hand durch s Haar. „Hör’ zu. Ich bin echt nicht besonders gut in diesem willst-du-darüber-reden Kram.“
Ach nein ? „Warum bist du dann hier?“
Er zuckte mit den Schultern. „Vielleicht , weil ich gut darin bin, Spaß zu haben und weil ich dich von deinem Kummer abzulenken kann. Also, was sagst du? Willst du mitkommen und dich ein wenig amüsieren? Lass uns ein bisschen Party machen.“
Noch eine Party mit Ryan Hunter? Bilder vom Morgen, als ich in seinem Bett aufwachte, mit meinem Bein um seines geschlungen, tanzten vor meinem inneren Auge. „Ich denke, ich bleib lieber zu Hause und höre Musik.“
E r schnitt eine Grimasse. „Bitte tu dir das nicht an. Kein Kerl ist das wert.“ Dann machte er etwas völlig Unerwartetes. Er stand auf, kam zu mir, nahm meine Hände und zog mich sachte vom Bett hoch. „Komm schon. Gib dir einen Ruck, Liza .“
Der Klang meines Namens aus Ryan Hunters Mund. Das war ja mal was ganz Neues. Und es klang wirklich nett.
„Ich weiß nicht so recht—“
„Keine Widerrede.“
Ich starrte in seine dunklen Augen und seufzte tief. „Kann ich erst noch schnell duschen?“
„Unbedingt.“ Er schmiss sich auf mein Bett und fand die Fotoalben, die immer noch neben meinem Kissen lagen.
Ich schnappte sie mir, bevor er es konnte, und warf ihm einen warnenden Blick zu. „Fass hier drinnen nichts an.“
Ryan zog die Augenbrauen hoch und hob unschuldig die Hände. „Werde ich nicht“, versprach er. „Außer deinem Tagebuch und vielleicht deiner Spitzenunterwäsche.“
Himmel, hoffentlich hatte ich mich verhört.
Es dauerte zwanzig Minuten , um mich fertigzumachen und mit Ryan aus meinem Zimmer zu verschwinden.
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