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Tenebra 2 - Dunkle Reise

Tenebra 2 - Dunkle Reise

Titel: Tenebra 2 - Dunkle Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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Sie betrachtete mich mit einem leidenschaftslosen, aber durchbohrenden Blick. »Ist es wahr, dass er derjenige war, der letztes Jahr in Tenabra der Priorin die Kehle durchschneiden wollte?«
    Ich schluckte meinen Bissen hinunter. »Nicht ganz. Er wollte ihr einen Dolch unters Kinn stoßen.«
    Sie nickte wie jemand, dem der Unterschied vollkommen klar war. »Und so einer muss von Mord sprechen.«
    »Georghe ist ein Fachmann auf dem Gebiet, wissen Sie.«
    »Wirklich? Nun, er sieht danach aus. Aber es war ein großer Fehler, es bei der Priorin zu versuchen. Wir halten sehr viel von ihr.« Sie betrachtete mich noch einen Augenblick lang, dann hellte ein Lächeln ihre strengen Züge auf. Es war ein erstaunlich liebenswürdiges Lächeln. »Wir haben auf dem Gebiet auch einige Fachleute, Messire de Parkin.«
    Sie hatten den unteren Saal für das Konklave freigemacht, und auf dem Podium gegenüber dem Eingang waren Stühle aufgestellt worden. Auf ihnen saß das Kollegium des Ordens – die Priorin in der Mitte, flankiert von ihren älteren Schwestern, die Amtsträgerinnen waren. Im rechten Winkel zu diesen saßen zu beiden Seiten die übrigen Schwestern, ungefähr fünfzig an der Zahl, alle in ihrem förmlichen Habit aus Kettenpanzer, weißem Übergewand, Kapuze. Alle anderen würden in der Stadt Ys oder in anderen Burgen oder über das Land verstreut sein. Dem Kollegium gegenüber standen die Laien, unter ihnen die Heilkundige, deren Namen ich noch immer nicht wusste, und Georghe Barras mit seinen Männern. Allen, denn früh am Morgen war das Gros seiner Truppe eingetroffen.
    Silvus und ich kamen angekleidet, auf eigenen Füßen und aus eigener Kraft in den Saal. Zuerst wollten sie Arienne die Teilnahme verwehren, doch nachdem sie der Heilerin erklärt hatte, dass sie gehen würde, selbst wenn dies bedeutete, dass sie unterwegs sterben müsste, und angefangen hatte, die Decken von sich zu ziehen, hatte man eingelenkt. Nun wurde sie auf einer Bahre heruntergetragen, die Bahre im Saal auf zwei Schrägen gestellt und Arienne mit Kissen gestützt, dass sie eine halb sitzende Haltung einnehmen konnte. Silvus und ich marschierten in den Saal und stellten uns zu beiden Seiten neben ihr auf.
    Die Versammlung hatte andere Fragen behandelt, als sie uns hereinriefen. Wir standen dem Kollegium gegenüber in der Mitte des Saales, flankiert von den Ordensschwestern und Barras und seinen Leuten hinter uns. Aus zwanzig Schritten Entfernung blickte ich Priorin Winterridge in die kühlen grünen Augen.
    »Leutnant de Barras«, sagte sie in geschäftsmäßigem Ton, »erläutern Sie Ihre Anklage gegen diese Leute.«
    »Priorin, es fällt nicht in die Zuständigkeit dieses Gerichts, sie zu hören, sondern in die des Fürsten. Sie sind seine Untertanen, und ihre Verbrechen wurden unter Bruch des Landfriedens auf seinem Territorium verübt. Ich erbat lediglich Ihre Amtshilfe zur Festnahme der Angeklagten, sodass sie in Tenabra vor Gericht gestellt werden können.«
    Barras? Das war Georghe Barras? Er redete wie ein Anwalt. Ich sah mich nach ihm um. Er schien nicht verändert.
    Priorin Winterridge richtete ihren Blick auf Silvus. »Was haben Sie dazu zu sagen, Ser de Castro?«
    Silvus richtete sich auf. »Dass wir keines der Verbrechen schuldig sind, die uns vorgeworfen werden und den Orden ersuchen, uns Freistatt zu gewähren.«
    Sie nickte. »Das Ersuchen um Freistatt liegt uns vor. Es ist Sache des Konklaves zu bestimmen, ob unsere Gesetze es erlauben. Wir werden Ihre Anklagen prüfen, Leutnant de Barras, und wenn wir es für gerecht und angemessen halten, werden wir Ihnen diese Leute übergeben.«
    »Priorin, es ist keine gut nachbarliche Haltung dem Fürsten gegenüber, seine Justiz so in Zweifel zu ziehen. In jedem Fall genießt sein Gesetz Vorrang vor rein lokalen Jurisdiktionen. Sie würden gut beraten sein, ihm zu gehorchen.«
    Die Priorin hob das Kinn. »Der Orden ist eine souveräne Macht, die mit den Fürsten der Welt als Gleichgestellter spricht. Unsere Gesetze sind nach dem Willen der Göttin – wie wir sie uns gegeben haben – und es steht Fürst Nathan nicht an, von uns zu fordern, dass wir sie beiseite setzen oder sein Missfallen erregen, wenn wir es nicht tun.«
    Ein Gemurmel der Zustimmung kam von den Bänken, wo die Schwestern saßen. »Darum bringen Sie Ihre Anklage vor, Leutnant de Barras, und benennen Sie Ihre Zeugen.«
    Es folgten zwei Stunden Fragen und Antworten, Anschuldigungen und Ableugnungen. Alles kam zur Sprache:

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