Terminal 3 - Folge 1: Sterben hat seine Zeit. Thriller (German Edition)
Luftblase steigt empor, zerplatzt an der Oberfläche.
»So, bitte sehr«, sagt er, und ich schaue auf. »Probieren Sie«, sagt er. »Wird Ihnen guttun.« Er stützt die Hände auf den Tresen, wartet.
Ich greife nach dem Strohhalm und trinke vorsichtig. Es schmeckt herb und dunkel. Ich schlucke, und eine Sekunde später rollt die Feuerwalze heran. Mein Mund steht in Flammen, dann Speiseröhre und Magen. Ich schnappe nach Luft, feuere das Inferno an.
»Und?«, fragt Bookbinder.
»Stark …«, keuche ich atemlos.
»Das stimmt wohl«, sagt er.
»Ich trinke eigentlich nicht.«
»Es ist nie zu spät, um damit anzufangen«, sagt er. »Und wie schmeckt er Ihnen?«
Die Flammen versiegen, ich schmecke Rauch. Meine Speiseröhre ist taub, mein Kopf wird leicht.
»Eigentlich … ganz gut«, sage ich, und es ist noch nicht einmal gelogen.
Die Gräben in Bookbinders Gesicht glätten sich. »Habe ich Ihnen doch gleich gesagt.« Seine Hand klatscht auf das Holz. »Der geht aufs Haus! Empfehlen Sie mich weiter.«
»Danke«, sage ich. »Was ist denn da überhaupt drin?«
»Whiskey«, sagt er.
»Und was noch?«
»Ach, dies und das …« Er trocknet seine Hände an einem Geschirrtuch ab. »Wenn ich Ihnen das alles erzählen würde …«
»Dann müssten Sie mich umbringen?«, frage ich und lächele schief.
»Nein. Aber dann würden Sie ihn höchstwahrscheinlich nicht austrinken.«
Er zwinkert mir zu und geht. Sein Gang hat etwas Federndes.
Ich trinke langsam, in kleinen Schlücken, und beobachte die anderen Gäste.
Ein Mann mit kurzen schwarzen Haaren setzt sich an die Bar. Er trägt einen hellgrauen Anzug und ein weißes Hemd. Er ist ganz ruhig, schaut nicht umher, hebt nicht die Hand, um eine Bestellung aufzugeben. Er sitzt einfach nur da. Erst nach einigen Minuten erkenne ich, dass seine Augen geschlossen sind. Bookbinder stellt ein Glas auf den Tresen, und der Mann öffnet die Augen. In dem Glas steckt ein großer Cocktailschirm. Der Mann zieht ihn heraus, Bookbinder sagt etwas, und der Mann entgegnet etwas. Bookbinder lacht und geht zurück zur Insel. »Ein Ire, der keinen Alkohol anrührt«, höre ich ihn murmeln, als er an mir vorbeikommt. »Was sind das bloß für Zeiten geworden?«
Der schwarzhaarige Mann trinkt sein Glas in drei Schlücken aus. Dann steht er auf.
Mein Blick schweift weiter umher, nach und nach wird alles ruhiger. Plötzlich zerreißt eine Stimme die Stille in meinem Kopf. »Allison?«
Ich versuche, mich auf dem Barhocker herumzudrehen, schwanke, verliere um ein Haar das Gleichgewicht.
»Na, wenn das keine Überraschung ist!«, sagt er und grinst mich an. Ein kurzes Lachen, mehr ein Schnaufen. Es ist Michael, der Mann aus dem Flugzeug.
Lennard Fanlay
Ich fahre mit dem Fahrstuhl nach oben. Das Terminal ist verlassen. Über mir leuchten die Köpfe der Säulen, die Monitore sind dunkel. Hinter der Sicherheitsschleuse im Transitbereich sehe ich vereinzelt Menschen. Sie sitzen oder liegen auf den Wartebänken. Von irgendwoher hallt das Pfeifen von Kennys Reinigungsmaschine zu mir herüber.
In der Ecke des Terminals, gleich neben dem Hotel, gibt es einen Panoramaraum. Der Eingang liegt etwas versteckt hinter dem Mauervorsprung des Hotels. Die Außenwand des Panoramaraums besteht vollständig aus Glas, auch ein Teil der Decke ist verglast. Die Fensterfront zeigt nach Osten. Der Wald am Ende der Start- und Landebahnen ist schwarz. Die Baumkronen sehen vor dem hellgrauen Himmel aus wie Schattenrisse.
Ich entdecke ihn nicht sofort. Er liegt auf der vordersten Bank, direkt vor dem Fenster, zusammengerollt wie ein Kind im Mutterleib. Seine Hände umklammern seine Knie. Er trägt einen lilafarbenen Bademantel, gleichfarbige Pantoffeln und eine Schlafmaske.
»Professor«, sage ich, und der Bademantel bewegt sich. Der Seidenpyjama darunter ist ebenfalls lila. »Es ist Zeit aufzustehen.«
Er schiebt die Schlafmaske von den Augen und blinzelt. Er setzt sich auf, schließt seinen Bademantel und bindet den Gürtel zusammen.
»Guten Morgen, Mister Fanlay.« Er lächelt. »Wie geht es Ihnen?«
»Guten Morgen«, sage ich. »Wir müssen uns unterhalten.«
»Über die Wissenschaft?« Er ist sofort hellwach.
»Auch.«
»Bitte«, er schiebt einen Schreibblock und einige Bücher zur Seite, »bitte, setzen Sie sich doch.«
Ich setze mich. »Sie wissen, warum ich hier bin?«
»Nein, Mister Fanlay, ich bedaure.«
»Vielleicht kommen Sie ja selbst drauf.«
Plötzlich wird er hektisch. Sein Kopf ruckt
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