Terminal 3 - Folge 1: Sterben hat seine Zeit. Thriller (German Edition)
Bookbinder.
»Schon gut«, sagt Michael. »Es geht schon.«
»Na, dann … cheers!«
Als Bookbinder außer Hörweite ist, sagt Michael: »Das schmeckt ja wie Brennspiritus. Wie konnten Sie so viel davon trinken?« Er zeigt auf mein Glas. Es ist beinah leer.
»Ach … Man gewöhnt sich daran«, sage ich.
Er schüttelt den Kopf. »Ich weiß gar nicht, ob ich das will …«
Lennard Fanlay
Parker wartet bereits in meinem Büro auf mich. Er hat die Beine übereinandergeschlagen und lächelt. »Leo, da sind Sie ja. Ich war kurz davor, mir Sorgen zu machen.«
Er wirkt entspannt. Es ist etwas passiert.
»Was kann ich für Sie tun?«, frage ich, ohne ihn anzusehen.
»Sie könnten nach Hause fahren und sich ausschlafen.«
»Wenn wir nicht gerade eine zerhackte Leiche gefunden hätten, würde ich das wahrscheinlich auch tun«, sage ich. »Aber vielen Dank für das Angebot.«
»Zersägt«, sagt er. »Sie wurde zersägt. Und es handelt sich um eine Frau. Aber das soll nicht Ihre Sorge sein. Das SFPD hat den Fall übernommen. Inspector Bailey leitet die Ermittlungen. Ich habe ihm unsere vollste Unterstützung zugesagt. Und wenn ich unsere sage, meine ich Ihre , klar?«
Ich antworte nicht.
»Schicken Sie einfach alles rüber, was Sie haben, und halten Sie sich für Rückfragen bereit. Das müssten Sie doch eigentlich hinbekommen.«
Parker steht auf, und ich frage: »Wissen wir schon, wer sie ist?«
»Wer? Das Opfer?«
Ich nicke.
»Warum interessiert Sie das?«, fragt er.
»Weil sie in meinem Terminal lag.«
»Anscheinend haben wir hier ein Kommunikationsproblem: Die Polizei hat die Ermittlungen eingeleitet.«
»Sie lag in meinem Terminal«, sage ich noch einmal.
Parker schüttelt langsam den Kopf. »Sie sollten froh sein, dass wir mit dieser verdammten Sauerei nichts mehr zu tun haben.« Er geht zur Tür, bleibt noch mal stehen. »Ich habe das Gefühl, Sie nehmen das Ganze etwas zu persönlich, Leo.«
»Wie soll man so etwas sonst nehmen?«, frage ich.
Er schaut zur Tür hinaus, auf den Flur. »Schlafen Sie sich erst mal aus«, sagt er. »Danach sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.«
Ich sitze noch eine Zeit lang da, klicke durch meine E-Mails und überlege, was es noch zu tun gäbe. Ich denke an den Koffer und an Marisa, und ich greife zum Telefon und wähle ihre Nummer.
»Hallo …« Sie klingt müde.
»Habe ich dich geweckt?«
»Leo … Nein, ich war schon wach. Wie spät ist es?«
»Gleich Viertel nach sieben. Wie geht es dir?«
»Tja, wie geht es mir … Ein AVM wäre mir lieber gewesen.« Sie lacht, aber nur kurz.
»Ja«, sage ich. »Mir auch.«
»Ich hab schon viel gesehen, Leo.«
»Ich weiß.«
»Aber so was …«
»Auf so was bereiten sie dich nicht vor.«
»Nein«, sagt sie. »Auf so was nicht. Und du? Du bist immer noch da?«
»Ja.«
»Wie sieht's aus bei euch?«
»Ist alles ziemlich durcheinander«, sage ich. »Weiß man schon, wer das Opfer ist?«
»Nein, ich glaube, noch nicht.«
»Kannst du dich ein bisschen umhören?«
»Mach ich«, sagt sie. Und dann: »Ihr müsst den Typen kriegen.«
»Ja.«
»Ihr müsst den Typen kriegen«, sagt sie noch einmal.
»Versuche nicht mehr so viel daran zu denken. Du hast deinen Job erledigt. Es ist vorbei.«
»Nein«, sagt sie, so leise, dass ich es kaum verstehe. »Ist es nicht.«
»Wie meinst du das?«
»Er hat … Er hat weitere Taten angekündigt.«
»Was …?«
»In dem Koffer war eine Nachricht, eine Karte. Im siebten Koffer liegt meine Frau . Verstehst du? Es wird noch weitere Opfer geben, weitere Koffer.«
Mein Mund öffnet sich und schließt sich wieder. »Davon wusste ich nichts.«
»Davon weiß so gut wie niemand etwas. Und du darfst auch niemandem davon erzählen, Leo. Sonst bin ich meinen Job los.«
»Keine Sorge«, sage ich. »Du kannst mir vertrauen.«
»Ich weiß.«
Wir schweigen, und dann sagt sie: »Ich muss Frühstück machen und danach Estrella zum Kindergarten bringen.«
»Okay.«
»Danke, dass du angerufen hast.«
»Ist doch klar«, sage ich.
»Fahr nach Hause, Leo. Es hat niemand etwas davon, wenn du einen Herzinfarkt bekommst.«
»Okay.«
Ich denke an die Nachricht. Im siebten Koffer liegt meine Frau . Sechs weitere Koffer. Eine bleierne Müdigkeit senkt sich auf mich. Der Vorhang hinter meinen Augen schließt sich.
Sam Walter Jefferson
Links von den Säulen herrscht gähnende Leere. Ich drücke mich näher heran und erkenne den Grund für den bevorstehenden Infarkt: Von den Säulen bis
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