Terra Anchronos (German Edition)
Sicherheit seid, wird es euch schlecht ergehen.“
„Was heißt das? In Sicherheit.“
„An Land wird euch nichts geschehen. Verlasst rechtzeitig das Wasser. Ihr seid keine Fische.“
Arne grinste. „Danke für den Hinweis.“
Der Schamane gab Arne und Martha je ein Ei.
„Lebt wohl“, sagte er. Dann nahm er seine beiden Eier, zerdrückte eines nach dem anderen und verschlang sie hastig.
„Wir sehen uns?“
„In der Schlange“, waren die letzten Worte, die der Schamane noch von sich gab. Dann begann er am ganzen Leib zu zittern. Krämpfe schüttelten ihn. Weißer Schaum bildete sich vor seinem Mund und in den Augen war nur noch Weiß zu sehen. Augenblicke später war er verschwunden.
„Jetzt du“, forderte Arne seine Freundin auf.
„Ich warte auf dich.“
Arne eilte zu der Felstafel und begann fieberhaft zu zählen. Er zählte zur Sicherheit lieber noch einmal.
„Der zweite Strich in der elften Gruppe“, murmelte er. Dann nahm er den Stein zur Hand, den der Baske achtlos hatte fallen lassen, und begann mit der Arbeit.
Arne hatte sich die Sache nicht so schwer vorgestellt.
Beim Basken hatte es ganz leicht ausgesehen. Der Junge begann zu schwitzen und blickte sich immer wieder um, während Martha gespannt zusah. Die Eier hielt sie sicher in ihren Händen. Fast war der Strich verschwunden, als eilige Schritte zu hören waren. Beide Kinder sahen gleichzeitig zum Eingang des Tunnels.
Der Baske war gekommen. Einen kurzen Moment blieb er reglos stehen. Dann lief er, als ob es um sein Leben ginge, was ja auch durchaus der Wahrheit entsprach.
Arne wurde panisch und verlor den Stein aus der Hand.
„Halt ihn auf!“, schrie Arne.
Martha war so geistesgegenwärtig, die Eier vorsichtig auf dem Boden abzulegen. Dann warf sie sich dem Basken entgegen und rang mit dem Mann. Ihre Kräfte reichten jedoch nicht aus. Sie wurde nach kurzer Zeit schon zur Seite geschleudert und rutschte über den Boden. Arne sah zu ihr. In Todesangst kratzte er an dem Strich. Der Baske kam immer näher. Vielleicht noch fünf Meter. Vier. Arne kratzte. Drei Meter. Ein großer Sprung würde dem Mann genügen.
Arne ließ den Kopf sinken und ließ den Stein ein letztes Mal über den Fels schaben. Er schloss die Augen.
Arne hörte nur, wie der Baske laut aufschrie, und öffnete ungläubig die Augen. Zu seinen Füßen sah er einen kleinen Haufen Staub.
Zum Verschnaufen blieb jedoch keine Zeit. Sigurd war in seinem Schlaf gestört worden und rieb sich die Augen.
„Die Eier!“
Arnes Ruf wurde vom Gebrüll des Wikingers übertönt.
Die Kinder konnten die Eier nicht schnel genug schlucken. Augenblicklich setzte bei beiden das Zittern ein. Die Krämpfe kamen. Schaumblasen entstanden vor dem Mund. Arne hatte das Gefühl, plötzlich blind zu werden. Martha ging es nicht anders. Die Körper der beiden Kinder waren derart in Aufruhr, dass sie nicht mehr wussten, was Sigurd tat, wo er sich befand.
Es war Glück, dass der Wikinger einen Augenblick stutzte, als er plötzlich statt der Kinder zwei kleine Exemplare der Vipera archimedensis vor sich auf dem Boden liegen sah. In erstaunlicher Geschwindigkeit drehten sich die Tiere um die eigene Achse und verschwanden in der Spalte zwischen Felsplatte und Höhlenwand. Die Faulkammer war weit abgesunken. Die beiden Viperae archimedensis fielen den steilen Gang hinab, während Sigurd noch mühsam die Felsplatte zur Seite wuchtete.
Als auch er in der Faulkammer auf den langsam verwesenden Seegraswurzeln landete, sah er nur noch eine Vipera archimedensis, die sich zügig in die Decke der Kammer bohrte. Mit einem gewaltigen Sprung versuchte er die letzte Schwanzspitze, die noch nicht im Fels verschwunden war, zu erreichen. Mit zwei Fingern gelang es ihm tatsächlich. Die Vipera archimedensis stieß ein lautes Fiepen aus. Dann riss ein Teil des weichen Körpers ab. Sigurd landete auf dem stinkenden Moder und starrte zornig auf das Stück Fleisch in seiner Hand.
Schlechte Neuigkeiten
Arne und Martha genossen das Gefühl, das die sanften Wellen hinterließen, von denen sie umspült wurden. Das Wasser war angenehm warm zu dieser Jahreszeit. Sie warteten am Strand von Bensersiel auf die Rückverwandlung ihrer geschraubten Leiber.
Die Kinder hatten festgestellt, dass im Körper der Vipera archimedensis ein guter Schwimmer verborgen lag. Nachdem sie sich vom Meeresgrund befreit hatten, waren die beiden sich schon nach wenigen Minuten einig gewesen, dass es zu schaffen sei, die Küste vor
Weitere Kostenlose Bücher