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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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und den großen Vulkan sahen, war es bereits später Nachmittag. Auf halber Höhe des Abhangs entdeckte Aphykit eine in das Gestein gehauene
Treppe, die zu dem Eingang führte. Sofort musste sie an Sharis Erzählungen und die Geschichte der Ameurynen denken.
    Nachdem die Scaythen von Hyponeros und die Pritiv-Söldner dieses Volk getötet hatten, bombardierten sie die in dem Vulkan liegende Stadt Exod mit mumifizierenden Strahlen, hatte er erzählt. Deshalb gab es hier keinerlei Vegetation, die ganze Region wirkte trostlos.
    Sie erklommen die gewundene Steintreppe und waren bereits so erschöpft, dass Yelle mehrmals während des Aufstiegs rastete. Einige Aïoulen kreisten am azurblauen Himmel und stießen heisere Schreie aus. Beide waren verschwitzt und staubig und bedauerten, keine Wasserflasche mitgenommen zu haben.
    Schließlich erreichten sie das Plateau auf halber Höhe des Kraters mit der dahinterliegenden großen Öffnung. Als sie hineingingen, bot sich ihnen ein trister Anblick, der an ein immens großes Amphitheater aus schwarzem Lavagestein, mit stufenförmig ansteigenden, jetzt verfallenen Wohnhöhlen erinnerte. In der Mitte befand sich ein kreisrunder Platz von zwei Kilometern Durchmesser.
    »Bist du sicher, dass die Xaxas hier landen werden?«, fragte Aphykit.
    »Nicht alle«, antwortete Yelle, noch immer außer Atem. »Es sind sehr viele. Nur jene, die Pilger in sich tragen … Man könnte meinen, dass der Blouf das gesamte Leben in diesem Vulkan gefressen hat …«
    »Das stimmt. Shari hat hier einmal gelebt. Die Stadt hieß Exod.«
    Yelle konzentrierte sich, lauschte, so als könnte sie längst vergangene Bilder, Geräusche, Gedanken, Erinnerungen ihres nie gekannten großen Bruders einfangen.
    »Pass auf, wenn du hinuntergehst«, warnte Aphykit ihre
Tochter. »Die Innentreppen kommen mir noch steiler vor als die Außentreppen.«
    Sie waren nicht nur steiler, sondern auch beschädigt. Es fehlten Stufen, und beide mussten sehr vorsichtig sein, um nicht in die Tiefe zu stürzen.
    »Das war also Sharis Heimatstadt?«, fragte Yelle, leicht enttäuscht.
    »Ja.«
    »Aber da ist nichts mehr.«
    »Die Scaythen und die Pritiv-Söldner haben alles zerstört.«
    »Warum?«
    »Weil ihnen ein Element zur Weiterentwicklung des mentalen Todes fehlte: der Klang. Und die Priester der Ameurynen, die Amphanen, verfügten noch über rudimentäre Kenntnisse der Inddikischen Wissenschaft. Doch sie bedienten sich dieses Wissens nur, um ehebrecherische Männer und Frauen zu töten. Deswegen musste Sharis Mutter sterben. Und als die Scaythen das Gewünschte bekommen hatten, töteten sie alle Ameurynen, weil sie keine Spuren hinterlassen wollten.«
    »Was ist das, ehebrecherisch?«
    »Das sind Männer oder Frauen, die andere Frauen oder Männer als ihre eigenen lieben …«
    »Ich liebe nur einen Mann!«
    Aphykit lachte laut. Sie blieb stehen und hielt sich an einem Geländer fest, während Yelle mit Hilfe ihres Wanderstabs weiter die Stufen hinunterkletterte.
    »Und welchen Mann?«
    »Einen Pilger. Ich erwarte ihn.«
    Aphykit sah ihre Tochter forschend an, konnte aber nur Ernst im Gesicht des kleinen Mädchens entdecken.

    »Du bist noch viel zu jung, um …«
    »Ich bin viel älter als du glaubst, Mama!«, schnitt Yelle ihrer Mutter das Wort ab. »Sogar viel älter als du!«
    Auf dem Grund des Vulkankessels war die Atmosphäre noch trostloser als auf halber Höhe. Es herrschte eine deprimierende Stille wie in einem riesigen Grab, einem zur Erinnerung an das ameurynische Volk errichteten Mausoleums.
    Die beiden überquerten den Platz und gingen über einen gewundenen Pfad zu dem Erdwall in der Mitte.
    »Dahinter ist der Kamin«, erklärte Aphykit. »Durch diese Öffnung schoss das Magma aus der Erde empor. Doch er ist schon seit langem erloschen.«
    »Ich möchte nicht im Inneren eines Vulkans leben«, sagte Yelle. »Da hätte ich Angst zu ersticken.«
    Sie setzten sich auf umherliegende runde Steine und aßen ihre letzten Früchte.
    »Dieser Mann, weißt du wenigstens, wie er so ist?«
    Yelle spuckte einen Kern aus. »Ich habe ihn nie gesehen. Ich weiß nicht einmal, ob er noch lebt. Doch selbst wenn er tot sein sollte, werde ich meine Meinung nicht ändern«, sagte sie bestimmt.
    Yelles Reaktion brachte Aphykit aus der Fassung, doch sie schwieg. Sie musste sich wohl damit abfinden, dass ihre Tochter anders als ein normaler Mensch dachte.
     
    Am frühen Abend nahmen die beiden die ersten Anzeichen wahr. Zuerst seltsam

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