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Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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bedeckt mit einem schweren wasserdichten Überrock, bauschige, aus weiten Ärmeln ragende Fäustlinge, die dicke Welsh Wig mit Ohrenklappen tief ins Gesicht gezogen, und dazu oft noch ein langer, mehrfach um den Kopf gewickelter Wollschal, so dass nur noch die Spitze der frostgeplagten Nase zu sehen ist. Allerdings trägt jeder Mann seine Wetterplünnen ein wenig anders – etwa mit einem zusätzlichen Halstuch von zu Hause, einer zweiten, über die erste gestülpten Mütze oder vielleicht einem Paar bunter, von der besorgten Mutter, Frau oder Liebsten gestrickter Handschuhe, die unter den Marinefäustlingen herauslugen. Crozier hat gelernt, jeden einzelnen seiner sechsundfünfzig überlebenden Offiziere und Matrosen selbst aus der Ferne und im Dunkeln zu erkennen.

    Hickey starrt wie gebannt über den von Eiszapfen bedeckten Bugspriet hinaus, dessen Spitze zehn Fuß tief in einem Kamm aus gefrorenem Seewasser steckt, da der Druck des Eises das Heck der Terror nach oben und den Bug nach unten geschoben hat. Der Kalfaterersmaat ist so in Gedanken oder in die Kälte versunken, dass er seinen Kapitän erst bemerkt, als der sich neben ihn an das Schanzkleid stellt, das sich längst in einen Altar aus Eis und Schnee verwandelt hat. An diesem Altar lehnt die Flinte des Wachpostens. Hier draußen bei dieser Kälte will niemand etwas aus Metall anfassen, auch nicht mit dicken Fäustlingen.
    Hickey fährt leicht zusammen, als sich Crozier zu ihm beugt. Der Kapitän der Terror kann das Gesicht des sechsundzwanzigjährigen Unteroffiziers nicht erkennen. Er sieht nur den dampfenden Atem, der durch die vielen Wollschichten um den Kopf des kleinen Mannes dringt und sich sofort in eine Wolke aus Eiskristallen verwandelt, in denen sich das Polarlicht spiegelt.
    Im Winter wird auf dem Eis nicht salutiert, es gibt nicht einmal das beiläufige Tippen mit den Fingerknöcheln an die Stirn, mit dem ein Offizier auf See gegrüßt wird. Stattdessen bezeigt Hickey seinem Kapitän den schuldigen Respekt wie alle anderen mit einem schlurfenden Seitenschritt und einem Senken des Kopfs. Wegen der Kälte sind die Wachen von vier auf zwei Stunden verkürzt worden – und weiß Gott, denkt Crozier, auf diesem überfüllten Schiff haben wir dafür wirklich genügend Leute, selbst bei verdoppelten Posten –, doch Hickeys zögerliche Bewegungen machen klar, dass er halb erfroren ist. Wie oft hat Crozier den Wachposten schon eingeschärft, dass sie in Bewegung bleiben müssen – herumgehen, auf der Stelle treten, auf und ab hüpfen, wenn nötig, natürlich stets, ohne den Blick vom Eis zu nehmen. Und trotzdem lungern sie die meiste Zeit so reglos herum, als würden sie in der Südsee leichtbekleidet nach Meerjungfrauen Ausschau halten.
    »Sir.«

    »Mr. Hickey. Irgendwas zu melden?«
    »Nichts seit diesen Schüssen … diesem einen Schuss … vor fast zwei Stunden, Sir. Und vorher, ist noch nicht lange her, da hab ich was gehört, glaub ich zumindest … vielleicht einen Schrei, irgendwas … von hinterhalb des Eisbergs. Ich hab’s Leutnant Irving gemeldet, aber er war der Meinung, dass es wahrscheinlich bloß wieder im Eis rumort hat.«
    Crozier hat vor zwei Stunden von dem schussartigen Knall aus der Richtung der Erebus erfahren und ist schnell an Deck gekommen. Doch da sich das Geräusch nicht wiederholte, hat er niemand zu dem anderen Schiff oder überhaupt aufs Eis geschickt, um der Sache nachzugehen. Sich auf die gefrorene See hinauszuwagen, wo in dem Gewirr von Pressrücken und Rinnen dieses … Wesen  … lauert, ist der sichere Tod. Botschaften tauschen die Schiffe nur noch in den immer kürzer werdenden Zeiten des trüben mittäglichen Lichts aus. In wenigen Tagen schon wird es überhaupt kein echtes Tageslicht mehr geben, nur noch arktische Nacht. Ununterbrochene Nacht. Hundert Tage lang.
    »Vielleicht war es wirklich nur das Eis.« Crozier wundert sich, dass ihm Irving nichts von dem möglichen Schrei berichtet hat. »Auch der Schuss. Nur das Eis.«
    »Ja, Sir. Bestimmt war’s das Eis.«
    Tatsächlich gibt sich natürlich keiner von beiden mit dieser Erklärung zufrieden, selbst wenn es zutrifft, dass das immer stärker gegen die Terror drängende Packeis ständig poltert, stöhnt, kracht, reißt, dröhnt und kreischt. Ein Schuss aus einer Büchse oder Flinte hat auch aus einer Meile Entfernung einen unverkennbaren Klang, und hier im hohen Norden pflanzt sich der Schall über schier unermessliche Strecken klar und deutlich

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