Tessy und das Geheimnnis des Sexclubs
braune Augen, schlank, aber mit überaus weiblichen Rundungen gesegnet. Der würde ich auch hinterher gucken, dachte sie. Und vielleicht sogar laut pfeifen.
Rheas Vater wollte gerade die Wohnungstür schließen, als Tessy noch etwas einfiel. „Eine Frage noch, Herr Kossner. Unter Umständen und insbesondere falls ich bei meinen Befragungen keine neuen Anhaltspunkte finde, wäre es aufschlussreich, wenn ich mich in der Wohnung Ihrer Tochter umsehen könnte. Wären Sie damit einverstanden?“
Stefan Kossner zögerte nur kurz. „Wir waren zwar auch schon dort und haben nichts gefunden, genau wie die Polizei, aber … Ach, ja, klar. Wenn es hilft. Vielleicht haben Sie den besseren Blick. Ihre Freundin Larissa bewahrt den Ersatzschlüssel auf.“
„Paul nicht?“, fragte Tessy erstaunt.
„Soweit ich weiß, nicht. Wissen Sie, Larissa wohnt nur zwei Straßen von Rhea entfernt, und die beiden haben sich bereits vor Jahren gegenseitig die Schlüssel hinterlegt – für den Notfall und um in der Urlaubszeit nach dem Rechten zu sehen.“
„Ach so. Gut, danke.“
Tessy verließ das Haus und ließ sich auf der Straße einen Moment das Gesicht von der Sonne wärmen, bevor sie sich in ihren Wagen setzte und Termine mit Paul, Larissa und Jakob vereinbarte, die alle noch heute Zeit hatten oder bereit waren, sie sich zu nehmen. Sie hätte eine Wette darauf abgeschlossen, dass die Beziehung von Rhea und Paul alles andere als durchweg harmonisch war. Voreilige Rückschlüsse zu ziehen, kann aber fatal sein, weil es den Fokus unnötig verengt, mahnte sie sich fast im gleichen Augenblick und startete den Motor.
Paul hatte ihr ein Bistro in der Nähe seines Arbeitgebers in der Kantstraße vorgeschlagen, wo er häufig einen Mittagsimbiss zu sich nahm. Gute Idee, dachte Tessy, deren Magen vernehmlich knurrte.
Zweites Kapitel
Rheas Freund stand auf, als Tessy das kleine Bistro betrat, in dem es betörend intensiv nach frischem Baguette duftete. Sie zweifelte nicht einen Augenblick daran, dass es sich bei dem athletisch gebauten jungen Mann, der ihr mit forschenden Blicken entgegensah, um Paul Mihl handelte, der sich am Telefon mit wenigen Worten beschrieben hatte: „Groß, kurzes Haar, Jeans, blaues Hemd, hinterer Fensterplatz.“
Die Beschreibung stimmte auf den Punkt, und doch wurden die Hinweise dem Mann nicht annähernd gerecht. Tessy war so verblüfft, dass sie zwei Sekunden benötigte, um seine ausgestreckte Hand zu ergreifen und die freundliche Begrüßung zu erwidern. Rheas Freund war ein bildschöner Mann und noch dazu absolut ihr Typ – braungebrannt, markante Gesichtszüge, grüne Augen, in denen Klugheit und Witz um die Wette funkelten, sehnige Hände und ein Mund, dessen Lippen zum Träumen einluden. Keine jugendfreien Phantasien, oh nein, ganz und gar nicht. Tessy schluckte. Träume, die sie sich in diesem Fall sofort aus dem Kopf zu schlagen hatte. Beruf und Sex, das ging gar nicht. Wobei Kopf nicht ganz korrekt war … Ihr Herzschlag hatte sich beschleunigt, kaum dass sie ihn angesehen hatte.
„Danke, dass Sie sich sofort Zeit genommen haben, Herr Mihl“, sagte sie betont sachlich und räusperte sich, während sie einander gegenüber Platz nahmen.
„Das ist doch selbstverständlich.“ Er hob den Blick, als die Kellnerin herantrat und schenkte ihr ein breites Lächeln, bevor er Tessy wieder ansah. „Wollen wir erst mal eine Kleinigkeit bestellen?“
„Gute Idee.“
Das war schlicht eine Lüge. Tessys Appetit war normalerweise mehr als gesund – nach der unmaßgeblichen Meinung ihrer Mutter sogar erschreckend groß –, aber im Moment war ihr gar nicht nach Essen zumute. Dennoch bestellte sie ein Omelett mit Salat und Orangensaft und nahm sich vor, so professionell und distanziert wie möglich vorzugehen. Ich stell mir einfach vor, er hat Pickel, schiebt einen Bierbauch vor sich her, riecht aus dem Mund, und sein bestes Stück hat die Größe einer verkümmerten Rosine, überlegte sie.
Paul schloss sich ihrer Bestellung an, wählte jedoch zusätzlich eine Portion Backkartoffeln.
„Wenn ich es richtig verstanden habe, können Sie sich keinen überzeugenden Reim darauf machen, dass Ihre Freundin sich auf diese Weise eine Auszeit genommen hat“, hob Tessy an, als die Getränke serviert worden waren und genehmigte sich einen Schluck Saft.
„Genau. Das ist nicht ihr Stil“, entgegnete Paul sofort mit ernster Miene. „Ich kann mir ihr Verhalten einfach nicht erklären.“
„Sie hatten
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