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Teufelswasser

Teufelswasser

Titel: Teufelswasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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angezogen; sein Kollege Lürmann war mit einem ältlichen Stoffmantel bekleidet, der ein grau-weißes Fischgrätenmuster aufwies. Zudem war Ernst Lürmann ständig in Bewegung, was ihn zusätzlich wärmte; denn er war abwechselnd mit seiner Kaffeetasse, einem Teller, dem Verzehren eines Kuchens, seinem Notizbuch, seinem Stift, seiner Brille und seinem Regenschirm beschäftigt, der mittels einer Schlaufe an seinem linken Handgelenk baumelte.
    Die Staatsanwältin hatte keinen Mantel dabei. Sie trug einen schwarzen Hosenanzug und modische schwarze Lackschuhe, die vorne sehr spitz zugeschnitten waren. Sie hatte zwischen zwei Gerichtsterminen nur einmal auf einen Sprung vorbeischauen wollen, um sich nach dem Fortgang der Ermittlungen zu erkundigen. Auch in der Nacht war sie nur für eine halbe Stunde geblieben.
    Die 34-jährige Verena John stammte aus Weimar und hieß mit zweitem Vornamen Charlotte. Sie war gutaussehend, gut geschminkt und strebsam. Ihr dunkler Teint passte wie ihre hochgesteckten, braunrot getönten Haare perfekt zu ihrer Kleidung. John pflegte energisch zu gehen, die erhöhten Absätze in den Boden schlagend. Die dünne schwarze Aktentasche aus zartem Leder unterstrich ihre amtliche Position.
    Der Leiterin Gertrud Steinhag sah man, trotz ihrer rosigen Gesichtsfarbe, die Anstrengung und die Trauer an, zumal sie die Ereignisse der vergangenen Nacht mehrfach hatte schildern müssen. Mit einem Rest an Hoffnung fragte sie den Hauptkommissar, ob es sich nicht bloß um einen Unfall handeln könne, dass Margarete vielleicht nur unglücklich gestürzt sei. Selbst ein Unfall wäre in Anbetracht ihres Todes ja schrecklich genug.
    Glaser verneinte mit Bedauern: «Den Anzeichen nach leider nicht. Der Bluterguss an der linken Schläfe sowie die Druckspuren im Bereich des Brustkorbs und der Schultern deuten auf Gewaltanwendung, also Fremdeinwirkung hin.» Der Pathologe hatte die Leiche teilweise entkleidet.
    «Was Sie da andeuten, ist entsetzlich.»
    «Der Täter – oder womöglich eine Täterin, eventuell sogar zwei Personen –, der Täter also hat den Park entweder vom Haupteingang aus betreten oder vom angrenzenden Feldweg her durch das unverschlossene Gartentor im Zaun. Er oder sie kann natürlich auch aus dem Schloss gekommen sein.»
    «Dort war niemand außer uns Frauen», meinte Gertrud Steinhag unschuldig, als sei sie sich der Tragweite jener kriminalistischen Vermutung nicht bewusst.
    «Die Spuren, die wir bisher entdeckt haben, reichen nicht aus, damit wir uns bereits festlegen könnten.» Hauptkommissar Glaser war unzufrieden.
    Kommissar Lürmann wäre der Kuchenrest beinahe herabgerutscht, als er den Teller auf einem Baumstumpf abstellte, um anschließend sein Notizbuch aufzuschlagen. «Um welche Uhrzeit gestern Abend, und ich bitte um eine exakte Angabe, haben Sie den Hilferuf gehört … oder die Hilferufe … waren es zwei oder war's nur einer?» – «Nur ein einziger», bestätigte die Leiterin – «Wann also haben Sie diesen einen Ruf vernommen und wann genau haben Sie die Tote tot aufgefunden … die tote Frau aufgefunden, Ihre Mitschwester?»
    «Wir sind keine Ordensschwestern.»
    ‹Warum tragen sie dann alle eine Schleier?›, dachte Lürmann. Er umklammerte mit den Fingern der linken Hand den Henkel der Tasse und zugleich sein himmel-blaues Notizbuch mit Gummizug, um mit der rechten zu schreiben. Außerdem hing sein Regenschirm noch immer am Handgelenk, sodass der Kaffee unweigerlich überschwappte und Glaser seinem Kollegen hilfreich beispringen musste, indem er ihm die Tasse entwand.
    Verena John sah gespannt zu, Gertrud Steinhag war irritiert.
    «Entschuldigen Sie», sagte Lürmann und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit. «Ja nun, können Sie nähere Angaben über den Zeitpunkt machen?»
    Die Leiterin des Säkularinstituts Christen in der Welt überlegte. «Es dürfte so kurz nach halb zehn gewesen sein. Der Hilferuf war freilich eher ein Aufschrei.»
    «Haben Sie die Stimme Margarete Müllers erkannt?»
    «Na, außer ihr war doch niemand mehr im Park.»
    «Bis auf die Person, die sie getötet hat.»
    Gertrud Steinhag schien wiederum für einen Moment irritiert zu sein. «Nein, das war eindeutig ihre Stimme.»
    «Und dann?»
    «Ich hab zuerst gezögert; die Situation war so irreal. Dann habe ich Agnes, Frau Zähringsdorf, getroffen, und wir haben Margarete kurz im Schloss gesucht und sind anschließend gemeinsam in den Park gegangen.»
    «Wie viel Zeit lag zwischen dem Hilferuf und

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