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THARKARÚN – Krieger der Nacht

THARKARÚN – Krieger der Nacht

Titel: THARKARÚN – Krieger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chiara Strazzulla
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eiligst hinter sich gelassen und dem Stadtvogt Meldung gemacht. Wenige Stunden später hatte sich der Ältestenrat versammelt und diskutierte nun, was zu tun sei.
    Man hatte daran gedacht, Meister Thair um Hilfe zu bitten.
    Meister Thair war vor etwa zwei Jahren in die Stadt gekommen, woher war nicht bekannt, und hatte sich ein Haus mit Blick auf den Hafen gekauft, das er selten verließ und in dem er auch fast nie Besuch empfing. Alle waren sich einig, dass er ein merkwürdiger, geheimnisvoller Mann war, aber er hatte nie Probleme bereitet und war wohlgelitten, selbst wenn hinter seinem Rücken viel über ihn geredet wurde.
    Man diskutierte, wer er wohl sei, und jeder hatte seine eigene Vermutung zu diesem Thema: Einige meinten, er sei der uneheliche Sohn irgendeines Adligen oder gar ein Bastardbruder des Königs wie der aus dem Menschenreich, der letztlich sogar den Thron bestiegen hatte. Der Schuster dagegen glaubte, und diese Meinung gab er gerne an seine Kunden weiter, dass er ein ehemaliger Söldner sei, der des vielen Kämpfens müde war. Die meisten hielten es jedoch mit der Theorie eines alten Seemanns, den alle für den glaubwürdigsten Vertreter hielten, weil er viel von der Welt gesehen hatte. Der hatte eines Abends nach zahlreichen Bieren verkündet: »Wenn ihr meine Meinung hören wollt: Meister Thair ist ganz sicher ein Hexer. Ich kenne die Zeichen in seinem Gesicht.«
    Tatsächlich hatten alle diese schwarzen Zeichen bemerkt. Sogar auf den Händen hatte er welche, bestätigten die Händler, bei denen er gelegentlich einkaufte. Sie zogen sich über sein ganzes Antlitz, vom Ansatz der langen roten Haare bis zum Kinn und sogar über die Lippen. Am Anfang hatten alle gedacht, es wären
Tätowierungen, aber jetzt teilten alle die Ansicht des alten Seemanns: Jemand erinnerte sich, dass er so etwas einmal bei einem Schwarzen Hexer gesehen hatte, ein anderer meinte, er habe so etwas bei den acht gesehen, die den Weißen Stein zerstört hatten, und ein dritter behauptete, er habe so etwas in einem Buch gelesen. Jedenfalls stand das Urteil fest: Meister Thair musste ein Hexer sein.
    Als die Seeschlange aufgetaucht war, war es den Ältesten völlig natürlich erschienen, an seiner Tür zu klopfen und ihn um Hilfe zu bitten.
    Meister Thair hatte sie angehört, ohne sie hereinzubitten. Er trug ein blaues Wams und Handschuhe und in seinem Gesicht waren die schwarzen Zeichen deutlich zu erkennen. Er hatte sich ihre Geschichte und dann ihre Bitten angehört, ohne sie zu unterbrechen. »Nein«, hatte dann seine Antwort gelautet. Ein einziges Wort, in ruhigem Ton gesprochen, aber unmissverständlich.
    »Nein?«, hatte der Stadtvogt bestürzt wiederholt. »Warum nicht?«
    »So etwas mache ich nicht mehr«, hatte Meister Thair geantwortet und die Tür geschlossen. Keiner der Ältesten hatte es gewagt, noch einmal zu klopfen.
    Alles in allem war diese Antwort jedoch keine zu große Enttäuschung gewesen, gab sie doch wieder Anlass zu neuen Spekulationen über seine Vergangenheit. Das Problem mit der Seeschlange blieb allerdings bestehen. Drei Wochen lang hatten sich die Einwohner von Shir Valdya mit der Bestie abgeplagt, die ihre Boote angriff und mittlerweile so kühn geworden war, dass sie schon rund um den Hafen strich. Allmählich hielten sie es nicht mehr aus. Bis sich eines Morgens ein umherreisender Fremder beim Stadtvogt einfand und seine Dienste anbot.
    Der Mann hatte sich im Gasthaus einquartiert. Er war über das Meer gekommen und hatte schon am Vorabend erklärt, er sei ein mächtiger Hexer, der auf die Vernichtung von Zauberwesen und die Aufhebung von Bannsprüchen spezialisiert sei. Die Leute hatten
nicht einen Augenblick an seinen Worten gezweifelt, denn neben einer Augenbinde trug der Unbekannte im Gesicht und an den Händen die gleichen Zeichen wie Meister Thair. Der Stadtvogt vernahm mit großer Freude, dass er bereit war, sie von der Schlange zu befreien. Weniger groß war seine Freude, als er hörte, was er für seine Dienste verlangte.
    Jetzt standen der fremde Reisende und der Stadtvogt mitten auf dem Platz am Hafen und feilschten im wieder einsetzenden Nieselregen um den Preis. Meister Thair stand am Fenster seines Wohnzimmers und verfolgte ihren Disput. Die beiden stritten so laut und so erregt, dass er sie durch das geschlossene Fenster vernehmen konnte, und ein Lächeln kräuselte seine Lippen.
    »Nicht weniger als zweihundert Goldstücke«, verkündete der Hexer. »Sonst rühre ich keinen

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