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The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume

Titel: The Dead Forest Bd. 2 Das Land der verlorenen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O'Brien Caragh
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jetzt zum ersten Mal richtig sah. Er legte den Kopf schräg und musterte sie, und sie rechnete damit, dass er sie nach der Narbe fragen würde, die die linke Hälfte ihres Gesichts entstellte. Doch das tat er nicht. Stattdessen nahm er den Hut ab und fuhr sich mit der Hand durchs schweißnasse Haar. Wache, entschlossene Augen beherrschten sein Gesicht und verliehen ihm trotz des Barts eine freundliche Offenheit. Seine Mundwinkel zeigten eine kurze Andeutung von Mitgefühl.
    Dann setzte er den Hut wieder auf. »Ich hoffe, dein Baby kommt durch«, sagte er. »Auch um deiner selbst willen.«
    Überrascht drückte sie ihre Schwester an sich, doch noch ehe sie ihn fragen konnte, was er damit meinte, hörte sie ein leises Klopfen hinter sich. Sie drehte sich um zu der breiten Veranda, die das Mutterhaus umlief, und sah eine weißhaarige Frau mit einem roten Stock durch die Fliegengittertür treten. Die Frau hielt ihren Kopf hoch erhoben, und ihr hellblaues Kleid umfloss ihre schwangere Gestalt mit majestätischer Schlichtheit. An einer Kette um ihren Hals funkelten Gold und Glas, ein Monokel.
    Sechs Monate , schätzte Gaia. Die Matrarch war im sechsten Monat schwanger.
    Ein halbes Dutzend Frauen war ihr aus dem Haus gefolgt und machte aus seiner Neugierde keinen Hehl. Auch vor den einfachen Hütten um den Platz sammelten sich die Leute.
    Die Matrarch streckte erwartungsvoll die schlanke Hand aus. »Chardo Peter? Du bringst uns ein Mädchen und ein Baby?«
    Irgendwie schien die Geste nicht ganz zur Richtung ihres Blicks zu passen, und als Gaia die Bedeutung ihres Stocks dämmerte, begriff sie: Die Matrarch war blind.
    »Jawohl, Mylady«, sagte er. »Das Baby ist ein Mädchen und fast verhungert.«
    »Bring sie zu mir«, sagte die Matrarch. »Sie ist bestimmt geschwächt. Trag sie, wenn nötig.«
    Chardo hängte seinen Hut an den Sattel und half Gaia abzusteigen. Sie achtete darauf, Mayas Schlinge ruhig zu halten, doch kaum dass ihre Füße den Boden berührten, gaben ihre Knie nach. Chardo fing sie auf, ehe ihre Beine vollends den Dienst versagten. »Vergib mir«, sagte er. Dann nahm er sie auf die Arme und trug sie zur Veranda. Dort lehnte sich Gaia an einen Pfosten und schaute sich vorsichtig um. Sie wusste nicht, weshalb, doch ein seltsames Gefühl beschlich sie. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht.
    »Bitte«, sagte Gaia. »Wir brauchen einen Arzt.«
    Die Spitze des roten Stocks fand Gaias Fuß, dann gab die Matrarch den Stock weg und streckte die Hände aus. »Ich will das Baby sehen.« Zwar minderten Melodie und Wohlklang ihrer Stimme den Eindruck eines direkten Befehls, doch sie erwartete zweifelsfrei Gehorsam.
    Gaia nahm Maya sanft aus der Schlinge und hob sie in die ausgestreckten Hände. Das Baby war unglaublich dürr und zerbrechlich, kaum mehr als ein lebloses Lakenbündel. Die Matrarch wiegte Maya auf dem Arm und ließ ihre flinken Finger über ihr Gesicht und ihre Arme huschen, bis sie an ihrem Hals zur Ruhe kamen.
    Die Haut der Matrarch wies eine tiefe Bräune auf und war auf Nase und Wangen von noch dunkleren Sommersprossen übersät. Sie hatte nur wenige Falten. Trotz ihres vorzeitig ergrauten Haars, das zu einem weichen, schweren Knoten gebunden war, schätzte Gaia, dass die Matrarch erst Mitte dreißig war und sich offenbar gut mit Babys auskannte. Ihre hellbraunen Augen, obgleich blind, wirkten wach und energisch. Dann verfinsterte sich ihre Miene.
    »Was ist?«, fragte Gaia.
    »Es geht ihr nicht gut«, sagte die Matrarch. »Wann ist sie geboren?«
    »Vor etwa zwei Wochen. Sie kam zu früh.«
    »Wo ist Lady Eva?«, fragte die Matrarch.
    Eine Frau mit einem Baby kam von den Hütten herbeigeeilt. »Hier bin ich!«, rief sie. Ihre Schürze war mit roten Flecken übersät, und ihr dunkles Haar hatte sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst. »Ich habe mich gerade um mein Eingemachtes gekümmert, aber Havandish meinte, das hier sei wichtig. Wozu braucht Ihr mein Baby?«
    »Damit es Eure Milch zum Fließen bringt«, sagte die Matrarch. »Es ist gerade ein Kind eingetroffen, das zu schwach zum Saugen ist. Tut, was Ihr könnt, um ihr zu helfen. Lady Roxanne, begleitet sie. Bitte schnell.«
    Die Matrarch reichte Gaias Schwester einer großen, schlaksigen Frau, die Gaia durch ihre Brille einen unfreundlichen Blick zuwarf. Dann brachte sie das Baby in die Hütte. Lady Eva, die ihr folgte, knöpfte im Gehen schon ihre Bluse auf.
    »Wartet auf mich!«, rief Gaia.
    »Nein, du bleibst hier«, sagte die Matrarch.

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