The End (Die neue Welt)
dass der Feind für seine Sache ins Gras biss.
Als Gordon auf einen außerordentlich schwer verletzten Infanteristen stieß, kniete er sich hin und besah sich die Wunden des Mannes. Anhand der Abzeichen an der blutgetränkten Uniform erkannte er, dass er es mit einem Private First Class zu tun hatte. Er mochte kaum älter als zwanzig sein, und Gordon kam nicht umhin, die finstere Voraussage zu treffen, dass dieser junge Kerl seinen einundzwanzigsten Geburtstag vermutlich nicht erleben würde. So nahm er dessen Hand und fragte: »Wie steht's, Soldat?«
Ohne die Augen zu öffnen, wisperte der PFC: »Mir ist kalt … bitterkalt.«
Gordon sah, dass sich die Blutlache unter dem Verwundeten weiter ausbreitete. Er neigte sich ihm zu und flüsterte in sein Ohr: »Wir haben den Fucker kaltgestellt, der das getan hat, und schaffen dich schnell von hier weg, versprochen.«
Ein Humvee rumpelte heran und bremste vor der Truppe. Aus den Hintertüren sprangen zwei Marines mit einer Tragbahre und liefen zu ihren in Mitleidenschaft gezogenen Kameraden. Einer nach dem anderen wurden diejenigen ins Fahrzeug geladen, deren Zustand am kritischsten war.
Gerade als man den Schauplatz räumen wollte, raste von Süden her etwas Schwarzes auf den Transporter zu und schlug in die Fahrerkabine ein. Die Explosion warf Gordon nieder.
Als er die Augen öffnete, wusste er nicht genau, wie lange er bewusstlos gewesen war. Die Rufe und Schreie … das Schießen … klang eigentümlich leise, wie aus der Ferne. Seine Augen brannten. Er sah einzig eine dicke, schwarze Rauchwolke, die über ihm waberte. Als er aufstehen wollte, fuhr ihm ein stechender Schmerz den Rücken hinauf.
»Gottverdammt!«, fluchte er. Indem er tief Luft holte, zwang er sich dazu, eine aufrechte Sitzhaltung anzunehmen. Seine Bewegungen waren mühevoll, doch er wusste, dass er sich aufraffen und etwas unternehmen musste. Als er sich umsah, entdeckte er Bivens, der hinter dem TOW stand und die Umgebung absuchte. Von der Ambulanz war wenig mehr übrig als die brennende Karosserie und vier qualmende Reifen. Die Insassen hatte es definitiv ausnahmslos zerrissen; auf den Vordersitzen erkannte er zwei brennende Leichname. Die verkohlenden Leiber waren vornübergebeugt und Flammen züngelten aus ihren offenen Mündern.
Gordon sah, dass die verbliebenen Marines Deckung suchten und zum Angriff gegen irgendetwas weiter unten auf der Straße übergingen. Er erhob sich, versuchte, das Gleichgewicht zu halten, und machte sich zu seinem Geländewagen auf.
»Bivens, falls du zum Schuss kommst, drück ab!«, befahl er.
»Ist nicht drin, Sergeant. Bei all dem Rauch lässt die Sicht zu wünschen übrig. Moment … da ist das Schwein … Ziel erfasst!«
Gordon blickte hinter das Geschütz, sah, dass sich niemand dort aufhielt, und rief zur Antwort: »Rückstoßbereich sicher!«
»Geschütz bereit«, brüllte Bivens – und kaum eine Sekunde später: »Volle Deckung!«
Nach dem vertrauten Knall und darauffolgendem Zischen schnellte die Rakete aus dem Rohr. Im Nu erreichte sie ihr Ziel, das Minarett einer Moschee, traf genau und ließ es in sich zusammenstürzen.
Die Marines jubelten, doch ihr Gefecht war noch nicht zu Ende: Mochten sie auch einen Aufständischen im Turm ausgeschaltet haben, so wurden sie weiterhin aus dem Gotteshaus mit Handwaffen angegriffen.
Während Gordon und Bivens das Geschütz nachluden, fuhr der zweite Humvee seiner Mannschaft vor. Gordon warf Corporal Nellis einen Blick zu, der die Ma Deuce bediente, das auf dem Dach montierte Maschinengewehr vom Kaliber .50.
»In dem Tempel, ungefähr anderthalb Blocks die Straße hinunter, hocken ein paar Alis. Gib den Landratten Feuerschutz mit der Browning«, wies er Nellis an, bevor er zu seinem Fahrzeug zurücklief und das Funkgerät bediente.
Er setzte sich mit der vorgeschobenen Kommandobasis in Verbindung, um weitere Unterstützung sowie erneut eine medizinische Rettungseinheit anzufordern.
Allmählich spürte Gordon die Nachwirkungen der Explosion. Als er die Funkverbindung beendete, bemerkte er Blut am Sprechteil. Beim Untersuchen seiner Finger stellte er fest, dass auch sie rot waren, also wischte er sie an seiner Hose ab. Als er an sich hinuntersah, tropfte es von seinem Kinn auf die Stiefel. Er fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht und betrachtete sie: Dickflüssiges Blut klebte an der Innenfläche. Im Seitenspiegel des Humvee schließlich offenbarten sich zahllose rote Tupfer wie Pockennarben in seinem
Weitere Kostenlose Bücher