The Legion 01 - Der Kreis der Fuenf
wünschte, ich hätte auch so was, was meiner Mom gehört hat. «
Sie hätte gewusst, was in dieser Situation zu tun wäre. Ich vermisste es, auf der Arbeitsplatte zu sitzen und ihr beim Kochen zuzusehen, während ich mich über die Schule und Jungs und mein aktuelles Bild beklagte, mit dem ich nicht zufrieden war. Meine Mom hatte immer eine Antwort auf alles parat – oder zumindest Brownies.
Lukas steckte die losen Blätter wieder in das Buch. » Ich habe es von meinem Onkel geerbt. Jedes Mitglied der Legion schreibt seine Erfahrungen in einem Tagebuch nieder und gibt es an die nächste Generation weiter. Deine Mom hat vermutlich auch eines geführt. «
Sie glaubten tatsächlich, dass sie eine von ihnen war – dass der Angriff auf Mom kein Zufall war, sondern die Strafe dafür, dass unsere Vorfahren vor über zweihundert Jahren einen Dämon entfesselt hatten.
Vermutlich hatten sie mich deshalb auch nicht in meinem Haus zurückgelassen. » Sie hat nicht der Legion angehört. «
Jared rieb sich den Nacken. » Deine Mutter ist genauso ums Leben gekommen wie die anderen Mitglieder, und jetzt hat ein Rachegeist versucht, dich auf dieselbe Weise zu töten. Ist das nicht Beweis genug? «
Also ich hatte keinerlei Beweise, doch ich fragte mich, ob er vielleicht welche hatte. » Steht der Name meiner Mom auf irgendeiner Liste in einem eurer Tagebücher? «
Jared rutschte auf seinem Sitz herum und tat so, als müsse er sich auf die Straße konzentrieren.
» Es gibt keine Liste « , erklärte Lukas. » Jeder aus der Legion kennt nur den Namen eines einzigen weiteren Mitglieds. Über die verbleibenden drei hat man keine Informationen. Das war eine Vorsichtsmaßnahme, um so etwas wie das hier zu verhindern. «
Es gab keine Liste, nichts, was die Zughörigkeit meiner Mutter zu diesem Bund stichhaltig belegte. Sie hatten sich das alles nur zusammengereimt. » Meine Mom hat mir gegenüber nie irgendwas in der Art erwähnt und ich habe gerade erst alle ihre Sachen eingepackt. Ein Tagebuch war nicht dabei. «
» Vielleicht hat sie es versteckt « , meinte Jared. » Das hat unser Dad auch gemacht. «
» Okay. Und warum hat sie mich dann nicht ausgebildet? « Ich sah Lukas an in der Hoffnung, er wäre vernünftiger als sein Bruder. » Ihr zwei wusstet von klein auf Bescheid, richtig? «
» Mehr oder weniger. « Lukas ließ die Silbermünze wieder über seine Finger wandern.
» Vielleicht warst du nicht als Nächste an der Reihe « , überlegte Jared laut. Er konnte ja nicht ahnen, wie grausam das in meinen Ohren klang. Meine Mutter war die einzige Familie gewesen, die ich je gehabt hatte.
Und was, wenn sie da draußen doch noch etwas gehabt hat – mehr als nur mich?
Es gab so wenig, woran ich mich festhalten konnte, da durfte ich so was nicht denken. » Es gibt kein ›als Nächstes an der Reihe‹. Meine Mom hat nicht dazugehört. Der Dämon muss einen Fehler gemacht haben. «
Lukas warf die Münze in die Luft und fing sie wieder auf, indem er seine Hand darum schloss. » Der einzige Fehler, den er gemacht hat, war, dass er uns am Leben gelassen hat. «
Kapitel 9
Bürde
Den Rest des Weges legten wir in unbehaglichem Schweigen zurück. Ich konnte mein Leben nicht mit den Geheimnissen unter einen Hut bringen, die nach Lukas’ und Jareds Überzeugung ein Bestandteil davon waren. Die mit Filmmarathons durchgemachten Nächte und die katastrophalen Kochkurse, nach denen unsere Küche voller Girlanden selbst gemachter Pasta hing, die wir nie würden essen können – das waren die Dinge, die meine Mutter und mich verbanden. Gespräche über Abstammung und Religion hatte es nicht gegeben.
Mein Vater hatte mich verlassen und unser gemeinsames Erbe mit sich genommen. Ich wusste nichts über ihn – außer, dass er meiner Mom das Herz gebrochen hatte, als er sich davongemacht hatte –, und über seine Familie wusste ich noch viel weniger. Ebenso fremd war mir die Kirche, ein Ort, an dem meine Freunde sonntags ihre Zeit absitzen mussten, während ich vor dem Fernseher Pfannkuchen mit Schokoladenstückchen futterte. Wenn meine Mom tatsächlich Mitglied eines Geheimbundes gewesen war, der den Auftrag hatte, die Welt vor Rachegeistern zu beschützen, dann hatte die Welt echt ein Problem.
Drei namenlose Straßen später bog Jared in eine schmale Gasse hinter einem übervollen Müllcontainer ein. Schwarze Feuerleitern kletterten an den Gebäuden in die Höhe. Es sah aus wie ein Ort, an dem man einen Underground-Club vermuten
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