The Legion 01 - Der Kreis der Fuenf
ihn draußen lassen sollte, um ihm eine Lektion zu erteilen, doch ich liebte diesen dummen Kater.
Der Tag, an dem meine Mom ihn mir gekauft hatte, war mir gut im Gedächtnis geblieben. Heulend war ich von der Schule nach Hause gekommen, weil wir Vatertagsgeschenke gebastelt hatten und ich die Einzige war, die keinen Vater hatte. Er war gegangen, als ich fünf war, ohne sich noch einmal umzusehen. Meine Mom hatte mir die Tränen weggewischt und gesagt: » Bestimmt bist du auch die Einzige aus deiner Klasse, die heute ein Kätzchen bekommt. «
Durch Elvis wurde einer meiner schwärzesten Tage zu einem meiner schönsten.
Ich öffnete die Tür und er huschte hinein. » Du kannst von Glück sagen, dass ich dich reinlasse. «
Im Haus roch es nach Tomaten und Knoblauch und über den Flur hörte ich die Stimme meiner Mom. » Ich habe dieses Wochenende ziemlich viel vor. Und nächstes Wochenende auch. Tut mir leid, aber ich muss jetzt wirklich Schluss machen. Ich glaube, meine Tochter ist gerade nach Hause gekommen. Kennedy? «
» Ja, Mom. «
» Warst du bei Elle? Ich wollte dich gerade anrufen. «
Ich trat in den Türrahmen, als sie das Telefon auflegte. » Nicht wirklich. «
Als sie mich sah, glitt ihr der Kochlöffel aus der Hand und fiel zu Boden. Rote Soßenspritzer verteilten sich über die weißen Fliesen. » Was ist passiert? «
» Alles in Ordnung. Elvis ist abgehauen, und es hat eine Ewigkeit gedauert, ihn wieder einzufangen. «
Mit ein paar Schritten war Mom bei mir und untersuchte die Kratzspuren, die seine zornigen Krallen hinterlassen hatten. » Das war Elvis? Der kratzt doch sonst nie. «
» Das lag wahrscheinlich daran, dass ich ihn gepackt habe. Da ist er richtig ausgerastet. «
Ihr Blick wanderte nach unten zu meinen schlammverkrusteten Füßen. » Wo warst du? «
Ich machte mich auf den Standardvortrag gefasst, den Mom jedes Mal vom Stapel ließ, wenn ich abends unterwegs war: Nimm immer dein Handy mit, lauf niemals alleine im Dunkeln rum, halte dich in gut beleuchteten Bereichen auf – und ihr persönlicher Favorit: erst schreien, dann Fragen stellen. Heute Abend hatte ich jede einzelne dieser Regeln missachtet.
» Auf dem alten Jesuitenfriedhof? « Meine Antwort klang eher wie eine Frage. Als fragte ich mich, wie groß genau das Donnerwetter ausfallen würde.
Meine Mom erstarrte und sog scharf die Luft ein. » Ich würde nie und nimmer nachts einen Friedhof betreten « , erwiderte sie wie aus der Pistole geschossen, als hätte sie diesen Satz schon tausendmal gesagt. War aber nicht so.
» Auf einmal so abergläubisch? «
Sie schüttelte den Kopf und sah weg. » Natürlich nicht. Man muss nicht abergläubisch sein, um zu wissen, dass abgeschiedene Orte nachts gefährlich sind. «
Ich wartete auf den Vortrag.
Stattdessen drückte sie mir ein feuchtes Tuch in die Hand. » Mach dir die Füße sauber und wirf es dann weg. Ich will keinen Dreck von einem Friedhof in meiner Waschmaschine. «
Mom wühlte in der Krimskramsschublade herum, bis sie ein riesiges Pflaster zutage förderte, das wie ein Überbleibsel aus meinen Dreiradtagen aussah.
» Mit wem hast du telefoniert? « , fragte ich, um das Thema zu wechseln.
» Nur jemand aus der Arbeit. «
» Hat dieser Jemand dich gefragt, ob du mit ihm ausgehen willst? «
Mit gerunzelter Stirn konzentrierte sie sich auf meinen Arm. » Ich habe kein Interesse an einer Verabredung. Ein gebrochenes Herz reicht mir völlig. « Sie biss sich auf die Lippe. » Damit habe ich nicht gemeint – «
» Ich weiß, was du gemeint hast. « Meine Mom hatte sich eine gefühlte Ewigkeit in den Schlaf geweint, als mein Dad uns verlassen hatte. Und manchmal hörte ich sie noch immer.
Nachdem sie meinen Arm bandagiert hatte, setzte ich mich auf die Arbeitsplatte, während sie die Marinara-Soße vollendete, die für morgen auf dem Speiseplan stand. Ihr beim Kochen zuzusehen hatte etwas Beruhigendes. Dadurch rückte der Friedhof gleich in noch weitere Ferne.
Sie tauchte den Finger in den Topf und probierte die Soße, ehe sie die Pfanne vom Herd nahm.
» Du hast die Chiliflocken vergessen, Mom. «
» Stimmt. « Sie schüttelte den Kopf und gab ein gezwungenes Lachen von sich.
Meine Mom hätte sich selbst vor einem Jamie Oliver nicht verstecken müssen und Marinara-Soße war ihre Spezialität. Eher vergaß sie ihren eigenen Namen als die geheime Zutat. Fast hätte ich ihr das auch unter die Nase gerieben, doch ich hatte ein schlechtes Gewissen. Vielleicht sah
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