The Lucky One - Für immer der Deine/Film: Roman (German Edition)
»Feuerwerksraketen sind im Staat North Carolina verboten, und angesichts der langen Dürreperiode ist ihre Wirkung besonders gefährlich«, warnte Ryan. »Das Feuer ist der Beweis dafür. Ein Mann liegt im Krankenhaus, und die Kirche ist zerstört.«
Nachdem Mom den Artikel gelesen hatte, schaute sie ihre Tochter fragend an. Ronnie zögerte einen Moment, seufzte dann tief und begann eine Geschichte zu erzählen, deren tieferen Sinn sie immer noch nicht ganz erfasste.
KAPITEL 1
Ronnie Sechs Monate früher
Ronnie saß schlecht gelaunt auf dem Beifahrersitz und fragte sich, warum ihre Eltern sie so hassten.
Wieso sollten sie ihre Tochter sonst zwingen, ihren Vater in diesem gottverlassenen Kaff in den Südstaaten zu besuchen? Tausendmal lieber wäre Ronnie zu Hause in Manhattan geblieben und hätte sich mit ihren Freundinnen amüsiert.
Eigentlich war alles sogar noch viel schlimmer. Sie musste ihren Vater nicht einfach besuchen . Ein Besuch würde bedeuten, dass sie nur ein Wochenende blieb. Oder zur Not auch eine ganze Woche. Das könnte sie ja noch verkraften. Aber sie war verpflichtet, bis Ende August bei ihm zu wohnen – also den ganzen Sommer. Wie sollte sie das überleben? Das war, wie wenn man in die Verbannung geschickt wurde, und während der neunstündigen Fahrt hierher hatte sie sich tatsächlich gefühlt wie eine Gefangene, die in eine Strafanstalt auf dem Land überführt wird. Sie konnte es nicht fassen, dass Mom ihr das tatsächlich zumutete.
Weil sie so in Selbstmitleid badete, dauerte es eine ganze Weile, bis sie Mozarts Klaviersonate Nummer 16 in
C-Dur erkannte. Diese Sonate gehörte zu den Stücken, die sie vor vier Jahren bei ihrem Auftritt in der Carnegie Hall gespielt hatte. Offenbar hatte Mom die Musik aufgelegt, als Ronnie kurz eingedöst war. Nein, das ging nicht. Ronnie stellte die CD ab.
»Warum tust du das?«, fragte ihre Mutter irritiert. »Ich höre es gern, wie du spielst.«
»Ich nicht.«
»Und wenn ich es ganz leise drehe?«
»Bitte nicht, Mom. Okay? Ich bin nicht in der Stimmung.«
Verärgert starrte sie aus dem Fenster. Sie wusste ganz genau, dass der Mund ihrer Mutter jetzt aussah wie ein schmaler Strich. In letzter Zeit presste Mom oft die Lippen aufeinander. Als wären sie mit einem Magnet versehen.
»Ich glaube, ich habe einen Pelikan gesehen, als wir vorhin über die Brücke nach Wrightsville Beach gefahren sind«, bemerkte ihre Mutter beiläufig, aber sie klang sehr angespannt.
»Ach, wie schön! Vielleicht kannst du ja den Crocodile Hunter anrufen.« Jeder kannte die Fernsehserie des australischen Dokumentarfilmers und Naturschützers Steve Irwin.
»Er ist doch tot!«, rief Jonah vom Rücksitz. Seine Stimme vermischte sich mit dem Geklingel seines Gameboy. Ronnies zehnjähriger Bruder war eine schreckliche Nervensäge und konnte ohne dieses Ding nicht mehr leben. »Weißt du das nicht? Es war supertraurig!«
»Klar weiß ich das«, entgegnete Ronnie.
»Klang aber nicht so.«
»Stimmt trotzdem.«
»Dann hättest du nicht sagen dürfen, dass Mom ihn anrufen soll.«
Ronnie beschloss, diesmal nicht zu antworten. Ihr Bruder musste immer das letzte Wort haben. Das machte sie wahnsinnig.
»Hast du ein bisschen geschlafen?«, fragte ihre Mutter.
»Bis du durch das Schlagloch gefahren bist. Das war echt nett von dir, vielen Dank. Mein Kopf ist gegen die Windschutzscheibe gedonnert.«
Mom nahm den Blick nicht von der Straße. »Wie schön, dass du nach deinem kleinen Mittagsschlaf besserer Laune bist.«
Trotzig knallte Ronnie mit ihrem Kaugummi. Ihre Mutter hasste das, und genau deshalb tat Ronnie es immer wieder, seit sie die Interstate 95 entlangfuhren. Diese Straße war, nach ihrer unmaßgeblichen Meinung, so ziemlich die ödeste Strecke, die man sich denken konnte. Es sei denn, man liebte fettiges Fastfood, eklige Toiletten in blöden Raststätten und Millionen von Nadelbäumen. Jeden normalen Menschen schläferte diese Straße mit ihrer hässlichen Monotonie sofort ein.
Genau das hatte Ronnie in Delaware, in Maryland und in Virginia ihrer Mutter unter die Nase gerieben, aber Mom hatte die Kritik einfach ignoriert und stattdessen versucht, für gute Stimmung zu sorgen, weil sie sich ja nach dieser Fahrt eine ganze Weile lang nicht sehen würden. Sonst gehörte sie eigentlich nicht zu den Leuten, die Gespräche im Auto liebten. Sie fuhr nicht besonders gern, was nicht weiter überraschte, weil man in New York sowieso entweder die U-Bahn oder ein Taxi
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