The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Am Anfang der Ewigkeit (German Edition)
Kapitel Eins
Der Tag, an dem sich mein Leben änderte, begann wie jeder andere. Es war ein heißer Augustnachmittag im Jahre 1864, und die Luft war so drückend, dass selbst die Fliegen in der Scheune nicht länger umherschwirrten. Die Kinder der Dienstboten, die für gewöhnlich ausgelassen spielten und kreischten, während sie von einer Aufgabe zur nächsten eilten, schwiegen. Die Luft stand still, als halte sie ein lang erwartetes Gewitter zurück. Ich wollte einige Stunden mit meinem Pferd Mezanotte im kühlen Wald am Rande von Gut Veritas– dem Heim meiner Familie– verbringen. Ich hatte mir ein Buch in die Tasche gepackt und wollte einfach nur weg. Wie an so vielen Tagen in jenem Sommer.
Ich war siebzehn und rastlos, weder bereit, mich gemeinsam mit meinem Bruder den Truppen anzuschließen, noch mich von Vater anleiten zu lassen, wie man das Gut führte. Jeden Nachmittag hatte ich die gleiche Hoffnung: dass mehrere Stunden Einsamkeit mir dabei helfen würden, herauszufinden, wer ich war und was ich werden wollte. Meine Zeit an der Knabenschule war seit vergangenem Frühjahr zu Ende, und Vater hatte nicht gewollt, dass ich mich vor Kriegsende an der Universität von Virginia einschrieb. Seither fühlte ich mich in einem seltsamen Zwischenstadium. Ich war kein Junge mehr, aber auch noch nicht ganz ein Mann und wusste überhaupt nicht, was ich mit mir anfangen sollte.
Das Schlimmste war, dass ich niemanden zum Reden hatte. Damon, mein Bruder, befand sich mit General Grooms Armee in Atlanta, die meisten meiner Kinderfreunde standen entweder kurz vor ihrer Verlobung oder ebenfalls auf weit entfernten Schlachtfeldern und Vater hielt sich nur in seinem Arbeitszimmer auf.
» Das wird ein heißer Tag!«, brüllte unser Aufseher Robert von der Scheune herüber, wo er zwei Stalljungen bei dem Versuch beobachtete, eines der Pferde aufzuzäumen, die Vater in der vergangenen Woche bei einer Auktion erstanden hatte.
» Ja«, ächzte ich. Denn das war schon das nächste Problem: Auch wenn ich mich nach jemandem sehnte, mit dem ich reden konnte, war ich nie zufrieden, sobald sich mir ein Gesprächspartner anbot. Ich wünschte mir verzweifelt, jemanden kennenzulernen, der mich verstand, der über wichtige Dinge wie Bücher und das Leben diskutierte und nicht nur über das Wetter. Robert war zwar nett und einer von Vaters Vertrauten, aber er war so laut und aufdringlich, dass ich bei jedem Gespräch mit ihm schon nach zehn Minuten erschöpft war.
» Haben Sie schon das Neueste gehört?«, fragte Robert, als er jetzt zu mir herüberkam. Ich stöhnte innerlich auf.
Ich schüttelte den Kopf. » Ich habe die Zeitung noch nicht gelesen. Was macht General Groom?«, fragte ich, obwohl Gespräche über den Krieg eine beklemmende Wirkung auf mich hatten.
Robert schirmte die Augen gegen die Sonne ab und schüttelte den Kopf. » Nein, ich spreche nicht vom Krieg. Die Angriffe auf die Tiere. Die Leute drüben in Griffins haben fünf Hühner verloren. Alle mit aufgeschlitztem Hals.«
Ich erschrak zutiefst und die feinen Härchen in meinem Nacken stellten sich auf. Schon den ganzen Sommer über hatte es auf den benachbarten Farmen diese seltsamen Angriffe gegeben. Im Allgemeinen waren die getöteten Tiere klein, größtenteils Hühner oder Gänse, aber in den vergangenen Wochen hatte irgendjemand– wahrscheinlich Robert nach vier oder fünf Gläsern Whiskey– das Gerücht in die Welt gesetzt, die Angriffe seien das Werk von Dämonen. Ich glaubte nicht daran, aber es war ein weiterer Warnruf, dass die Welt eine andere war als die meiner Kindheit. Alles veränderte sich, ob ich es wollte oder nicht.
» Vielleicht war es ein streunender Hund, der sie getötet hat«, sagte ich mit einer ungeduldigen Handbewegung und plapperte damit nach, was ich Vater in der vergangenen Woche zu Robert hatte sagen hören. Eine leichte Brise kam auf und die Pferde stampften nervös mit den Hufen.
» Nun, dann hoffe ich, dass keiner dieser streunenden Hunde Sie findet, wenn Sie wie jeden Tag allein ausreiten.« Mit dieser Bemerkung stolzierte Robert in Richtung Weide davon.
Ich betrat den kühlen, dunklen Stall. Der gleichmäßige Rhythmus des Atmens und Schnaubens der Pferde entspannte mich sofort. Ich nahm Mezanottes Bürste von der Wand und begann, ihr glattes tiefschwarzes Fell zu striegeln. Die Stute wieherte dankbar.
In diesem Moment öffnete sich die Stalltür mit einem Knarren und Vater trat ein. Er war ein hochgewachsener Mann,
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