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The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition)

Titel: The Walk: Durch eine zerstörte Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Goldberg
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tiefes, grollendes Knurren aus, und sein Blick war fest auf Clara gerichtet.
    »Nicht bewegen, Clara«, flüsterte Marty, »und schau ihm nicht in die Augen.«
    Marty hatte keinen Schimmer, ob das helfen würde, aber er musste irgendetwas zu ihr sagen, damit sie glaubte, er wüsste, was er zu tun hatte.
    Buck zückte seine Knarre und flüsterte. »Die Kleine ist im Weg.«
    Marty nickte und bewegte sich langsam auf sie zu.
    Dem Tiger gefiel das gar nicht, oder er hatte beschlossen, dass Clara schmackhafter aussah als das, was er bereits erbeutet hatte. Er ließ den Hundekadaver fallen und knurrte erneut, wobei er seine feuchten, blutigen Zähne bleckte.
    Marty konnte sehen, dass die Kehle des Hundes fast komplett zerfetzt war und sein Kopf nur noch von ein paar zerrissenen Fleischfasern gehalten wurde. Und er konnte nicht anders als sich vorzustellen, was diese Kiefer mit Claras Genick anstellen würden.
    Clara wimmerte und ging einen Schritt zurück. Der Tiger bewegte sich langsam vorwärts, und die Muskeln in seinen Hinterläufen zuckten.
    Marty war noch zu weit weg, um Clara zu fassen zu kriegen. Es gab nur eine Sache, die er tun konnte: Er musste den Tiger dazu bringen, sich auf ihn zu konzentrieren. Das hat bei Roy Scheider in » Der Weiße Hai 2« auch funktioniert, der mit einem Ruder auf eine 6-Millionen-Volt-Leitung eingedroschen und dann den Hai dazu gebracht hatte, draufzubeißen. Also hieb Marty mit seinem Stock auf den Boden und betete darum, dass Buck ein guter Schütze war.
    »Hey, Tiger, schau mich an, du hässlicher Hurensohn.«
    Der Tiger gehorchte fauchend.
    »Ja, genau richtig, ich bin der, den du haben willst«, rief Marty, schlug mit dem Stock um sich und humpelte auf das Tier zu. »Komm und hol mich, wenn du die Eier dazu hast.«
    Der Tiger senkte den Kopf und knurrte, während er langsam einen Schritt auf ihn zuging und sich so von Clara entfernte.
    Marty warf ihr einen Blick zu und flüsterte: »Lauf, Clara!«
    Sie gehorchte, und im selben Moment brüllte Marty los und ging auf die Bestie los. Der Tiger machte einen Satz. Marty ging mit einem Hechtsprung zu Boden, und Buck feuerte zwei Mal, die Schüsse klangen wie Explosionen.
    Der Tiger sprang über Marty hinweg und lief weiter, bis er sich im Schutz der Büsche und der Dunkelheit ringsumher verkroch.
    Die Schüsse klangen in Martys Ohren nach, als er mühsam wieder auf die Beine kam, und die Wunde in seiner Seite nässte mit frischem Blut. Immerhin war das die einzige Stelle, an der er blutete. Clara kam weinend auf ihn zugerannt und klammerte sich an ihn, so fest sie konnte. Ihm war auch nach Weinen zumute, allerdings vor Frust über den grausamen Gott, der ihn so schikanierte.
    Ein Tiger? Du hast mir einen Tiger auf den Hals geschickt? Hab ich nicht schon genug durchgemacht?
    Die Antwort war eindeutig Nein. Das Schicksal war noch nicht fertig mit Marty Slack. Marty war an einem Punkt, an dem es ihn nicht mehr überrascht hätte, wenn er in seinen Vorgarten getreten und von Treibsand verschlungen worden wäre.
    Hinter ihm tauchte Buck auf, die Knarre immer noch in seiner Hand.
    »Danke, Buck.« Marty spürte, wie Claras kleines Herz hämmerte.
    »Dafür hab ich die Knarre. Los, lass uns weitergehen. Ich will nicht mehr hier sein, wenn Tony, der Tiger, zurückkommt und sein Leckerchen haben will.«
    Marty richtete sich auf und jaulte vor Schmerz. Clara hatte etwas von seinem Blut abgekriegt, aber wenn sie es überhaupt bemerkt hatte, interessierte es sie offensichtlich nicht. Sie schaute zu ihm hoch, immer noch zitternd, und Tränen kullerten über ihre Wangen.
    »Ich will zu meiner Mami.«
    »Ich auch.« Marty streckte ihr die Hand entgegen. »Du warst sehr tapfer, Clara. Meinst du, du kannst noch ein bisschen länger tapfer sein für mich?«
    Sie schniefte und nahm seine Hand. Marty drückte ihre Hand sanft und beruhigend, dann gingen sie weiter, darauf bedacht, einen großen Bogen um den toten Hund zu machen. Und sie waren auf der Hut, für den Fall, dass der Tiger zurückkam, oder zufällig ein Schwarm Heuschrecken auftauchte oder ein monströser Wirbelsturm heranraste. Marty war mittlerweile auf alles gefasst.
    »Das war aber ein großer Tiger«, sagte Clara erleichtert und ein bisschen stolz.
    »Ja, das war es«, sagte Marty, der sich genauso fühlte wie sie. Das war ein Abenteuer, das sie gemeinsam erlebt und überlebt hatten, und sie hatten dabei beide etwas über den anderen gelernt. Das Mädchen war hart im Nehmen, das wusste er

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