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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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Thea und Nat
    Thea zog die Zeitung noch näher zu sich heran. Die Buchstaben wären vor ihren Augen verschwommen, hätte sie versucht, den Text zu lesen. Doch Thea schaute über die Zeitung zu Nat hin, der sich anschickte, auf das Sofa zu kommen, das vor dem Kamin stand. Als Nat die Beine anzog, bemerkte er ihren Blick.
    »Ich gebe zu, daß mir noch die Anmut fehlt«, sagte er. Thea faltete die Zeitung zusammen, stand auf und ging zu dem Marmortisch und schob die Flaschen hin und her, die dort standen.
    »Legst du dich jetzt tagsüber aufs Sofa?«
    »Ich brauche ein bißchen Abwechslung. Gib mir noch einen. Das Glas steht auf dem Schreibtisch.«
    Thea hielt eine Flasche hoch und schwenkte sie, daß das bißchen Flüssigkeit bis zum Hals schwappte.
    »In den zehn Tagen deines Hierseins hast du zwei Flaschen Scotch und fast eine Flasche Bourbon getrunken.«
    »Führst du eine Bestandsliste?«
    »Der Bourbon steht schon lange da, und den Scotch habe ich zur Feier deiner Heimkehr gekauft.«
    »Habe ich gefeiert.«
    »Ich dachte, du kannst Bourbon nicht ausstehen.«
    Thea nahm das Glas von Nats Schreibtisch und sah dabei auf das Buch, das aufgeschlagen mit dem Rücken nach oben lag. Bullet to Child Welfare. Eines von Nats englischen Lexika. Sie ging zum Tisch zurück, stellte das Glas zu ihrem auf den weißen Marmor und goß in jedes zwei Fingerbreit Whisky.
    »Trinken wir auf deine Anmut. Du machst es ganz gut.«
    »Na, ich weiß nicht«, sagte Nat.
    »Wie bist du an das Lexikon gekommen?«
    »Ich habe die Feuerzange zu Hilfe genommen. Als es endlich herunterfiel, hätte es mich fast erschlagen.«
    Thea griff nach den Gläsern und stieß dabei gegen den Porzellankopf der Puppe, die an der Flasche Port lehnte. Der kleine Körper kam ins Rutschen und glitt ein Stück über den glatten Marmor, und die Porzellanhände kratzten auf der Platte und gaben ein häßliches Geräusch.
    »Mach die Puppe nicht kaputt.«
    Thea nahm die Puppe, die in einer Lache Whisky liegengeblieben war, und setzte sie auf. Die graue Hose, die locker um die Stoffbeine hing, hatte einen großen feuchten Fleck.
    »Zitterst du schon, wenn du dir Whisky einschenkst?«
    »Du verschüttest natürlich nie was«, sagte Nat.
    »Dann wisch es weg«, sagte Thea.
    Sie nahm die Gläser und ging zu Nat.
    »Ich stelle die Bücher nach unten. Für die paar Bände ist da auch noch Platz.«
    Nat sah an Thea vorbei auf das Bücherregal.
    »Nein«, sagte er, »laß alles so, wie es ist.«
    Thea war an dem Januartag nicht in die Redaktion gegangen. Sie hatte morgens angerufen und von Recherchen geredet. Seit Tagen saß sie an einer Geschichte, die ihr nicht gelang. Nat unterbrach die Übersetzung des Buches, an der er arbeitete, und fuhr mit Thea zur Küste hoch.
    »Laß uns laufen«, hatte Thea gesagt. Stiller Strand.
    Den Strand hatten sie noch nie im Winter gesehen.
    Sie liefen durch den Schutt, den der Sturm angeschleppt hatte, und stiegen über Tannenbäume, in denen Klumpen nasses Lametta hingen. Nat hob kleine Kachelstücke auf, die vom Wasser flachgespült waren, und legte sie in Theas Hand und tat, als seien sie eine kostbare Brautgabe.
    »Ich habe ein Zimmer«, sagte Thea.
    Nat lachte und schüttelte den Kopf.
    Der Wind war laut. Das Wasser war laut.
    »Für den Februar.«
    Nat legte die Hände an die Ohren.
    »Ich ziehe aus«, sagte Thea.
    Nat nahm die Hand, in der Thea noch die Kacheln hielt, und drückte sie so fest, daß ihr die Scherben in die Haut schnitten.
    »Ich zische ab.«
    Sie holte tief Luft, als sei sie atemlos vom vielen Schreien, dabei war ihre Stimme zu leise gewesen. Doch Nat hatte verstanden. Er ließ ihre Hand los, und Thea warf die Scherben in den Sand und sah das Muster an, das sie gelassen hatten.
    »Sieh mich an«, sagte Nat.
    Thea drehte den Kopf, um ihn nicht anzusehen, doch Nat nahm ihr Kinn und hielt es fest.
    »Ich kenne die Nummer mit den Kinderaugen«, sagte Thea und schüttelte ihn ab, »du kannst normal gucken. Nat, die Waise. Das zieht nicht mehr. Ich lass' mir nicht länger das Herz zerreißen.«
    »Abzischen«, sagte Nat, »ist das deine neue Sprache?«
    Er hob zwei Holzstücke auf und hockte sich in den Sand.
    »Hast du noch den Trommler im Kopf?«
    »Nein«, sagte Thea.
    Nat trommelte, bis er das spröde Holz in Stücke gehauen hatte.
    »Der lebt schon zu lange mit seiner Frau«, sagte Thea, »das soll man nicht trennen.«
    »Ich bin gerührt«, sagte Nat, »aber es ist irgendwie nicht logisch. Schließlich lebst du auch

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