Therapielexikon der Kleintierpraxis
Diese Flora ist physiologisch. Bei einer Schwächung des Organismus kann sie jedoch pathologisch werden.
Pharmakodynamische Besonderheiten
Es ist schwer und sogar gefährlich, Dosierung und Therapieverfahren für Säugetiere auf Reptilien anzuwenden. Die Halbwertszeit eines Moleküls kann im Organismus in Abhängigkeit folgender Faktoren beträchtlich schwanken:
•Tierart: Enrofloxacin hat z. B. bei der Amerikanischen Wüstenschildkröte
(Gopherus agassizii)
eine Halbwertszeit von 23 Stunden, bei der Indischen Sternschildkröte
(Geochelone elegans)
sind es 5 Stunden.
•Temperatur: Unabhängig von der Tierart hat Gentamicin eine Halbwertszeit von 29 – 50 Stunden bei 31 °C und 104 – 106 Stunden bei 24 °C. Man muss folglich die optimale Körpertemperatur kennen, bevor man ein Reptil antibiotisch behandelt.
Gentamicin ist ein gutes Beispiel für nephrotoxische Antibiotika, da es eine gefährliche Nierenschädigung induzieren kann.
Biologische Normwerte (Referenzwerte)
Tab. 4.1 Hämatologische Normwerte für die Reptilienarten, die am häufigsten in der Praxis vorgestellt werden
(nach Frye 1991, Stein 1996, Schilliger 2004)
Tab. 4.2 Tendenzen verschiedener Blutzellpopulationen der Reptilien im Verlauf verschiedener Affektionen
(nach Schilliger 2004)
Tab. 4.3 Referenzbereiche einiger biochemischer Parameter bei Reptilien
Biochemische Parameter
Referenzbereiche
Kalzium (mg/l)
52–251 (Mittelwert: 100–120)
Phosphat (mg/l)
29–98 (Mittelwert: 35–50)
Harnsäure (mg/l)
0–92 (Mittelwert: 10–60)
Glukose (mg/dl)
0,3–1,9 (Mittelwert: 0,5–1)
Harnstoff (g/l)
0,0–0,96 (Mittelwert: < 0,1)
Kreatinin (mg/l)
<10
AST (U/l)
1–640 (Mittelwert: < 250)
ALT (U/l)
5–123 (Mittelwert: < 20)
AP (U/l)
36–652 (Mittelwert: 20–150)
GGT (U/l)
0–7 (Mittelwert: 0–3)
Gesamteiweiß (g/l)
30–80 (Mittelwert: 35–65)
Albumin (g/l)
8–170 (Mittelwert: 10–35)
CK(U/I)
27–2731 (Mittelwert: 50–400)
LDH (U/l)
15–591 (Mittelwert: 50–350)
Gallensäuren (μmol/l)
< 60–100 (?)
Ammoniak (μmol/l)
< 120 (?)
Triglyceride (mmol/l)
?
0,6–5,4
Cholesterol (g/l)
0,1–2,5 (Mittelwert: 1–1,4)
Natrium (mmol/l)
111–192 (Mittelwert: 120–170)
Kalium (mmol/l)
1,3–7,9 (Mittelwert: 3–6)
Chlorid (mmol/l)
76–149 (Mittelwert: 100–150)
(nach Frye 1991; Stein 1996; Campbell 1996; Divers 1997, 2000; Beynon, Cooper, Lawton 1992; Innis 2000; Schilliger 2004)
Tab. 4.5 Optimale Umgebungsluftfeuchte für Reptilien
(nach Frye 1991, Schilliger 2004)
Blutprobennahme
Echsen
•Ventrale Schwanzvene.
•Ventrale Abdominalvene.
Schlangen
•Ventrale Schwanzvene.
•Kardiozentese.
Schildkröten
•Rechte Jugularvene.
•Subnuchaler Venenplexus.
•Ventrale Schwanzvene.
•Dorsale Schwanzarterie.
•Kardiozentese.
•Armvene.
Krokodilartige
•Postokzipitaler Venenplexus.
•Ventrale Schwanzvene.
Fixation
Schlangen
Die Fixation wird in den Tagen vor der Häutung nicht empfohlen. Sollten vor dem Patienten Nager oder Kaninchen behandelt worden sein, müssen die Hände aus olfaktorischen Gründen gut gewaschen werden. Die Tiere müssen aufgewärmt werden, wenn sie kalt sind.
Kleine Schlangen: am Hinterkopf, zwischen Daumen (dorsal) und Zeigefinger (ventral); die andere Hand unterstützt den Körper. Wegen des Risikos eines zervikalen Traumas darf nicht fest zugedrückt werden. Man kann die Schlange auch von einer Hand auf die andere gleiten lassen.
Große Schlangen: sicherstellen, dass der Kopf (s. o. „kleine Schlangen”), der vordere Körper, die Mitte des Körpers und der Schwanz gut fixiert sind. Manchmal sind zwei oder drei Personen notwendig.
Giftschlangen: Sie sind giftig, egal, ob sie gesund oder krank sind. Ausreichende Erfahrung sowie spezielles Handwerkszeug sind unumgänglich: Benötigt werden ein Greifer oder eine ausziehbare Zange, eine Metallstange und eine durchsichtige Röhre. Grundvoraussetzung ist auch die Fertigkeit, den Kopf zwischen Daumen und Zeigefinger fixieren zu können.
Echsen
Echsen dürfen niemals am Schwanz hochgenommen werden.
Große Echsen: Die Vordergliedmaßen werden nach hinten gegen die Thoraxwand, die Hintergliedmaßen gegen den Schwanz gehalten. Die Augen des Grünen Leguans und anderer Großechsen werden mit einem nicht klebenden Band verdeckt (z. B.
Vetrap
®). Dieses behindert die Sicht und bewirkt eine durch den Vagusreflex bedingte Bradykardie.
Kleine Echsen : Der Kopf wird zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten, die Handfläche umgibt den
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