Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman
Liebe Leserinnen und Leser,
dies ist ein ganz besonderes Buch - mein erster Roman, der seine Weltpremiere in Deutschland erlebt! Ich bin begeistert über den warmen Empfang, der den Geschichten von Jamie und Claire in Deutschland bereitet worden ist, und ich hoffe, dass Ihnen »Das Meer der Lügen« gefallen wird.
Allerdings sollte ich Sie fairerweise warnen, dass ich dieses Buch ganz zufällig geschrieben habe. Ich war in dem Glauben, an einer Kurzgeschichte über Lord John zu arbeiten, der eine meiner Lieblingsfiguren aus der Highland-Saga ist. Wie sich dann jedoch herausstellte… hatte Lord John andere Pläne.
Obwohl ich gleichzeitig am nächsten »großen« Roman um Jamie und Claire arbeitete - und dies immer noch tue -, entwickelten Lord Johns Abenteuer im Jahr 1757 ein Eigenleben und wurden mit jeder Seite komplexer und faszinierender. »Das Meer der Lügen« ist um den Zeitpunkt angesiedelt, nachdem Lord John Jamie Fraser als jakobitischen Kriegsgefangenen in Helwater zurückgelassen hat, und es ist eine Art »Zwischending«: Es gehört zur Romanserie um Jamie und Claire und spielt in ihrer Zeit - dreht sich jedoch um ein Abenteuer abseits der Erlebnisse der Hauptfiguren.
Ich hoffe also, dass Ihnen diese Reise durch die Schattenseiten Londons in Begleitung schottischer Huren, gefiederter Hunnen, zwielichtiger Sergeanten, irischer Apotheker, spionierender Transvestiten - und Lord Johns gefallen wird.
Slainte mhath!
Diana
P.S. Wenn Sie die anderen Romane gelesen haben, wissen Sie wahrscheinlich schon, dass »Slainte mhath!« der gälische Ausdruck für »Auf Ihre Gesundheit!« ist. Aber ich dachte, ich erwähne es vorsichtshalber. Normalerweise sagt man es, wenn man Whisky trinkt, aber wenn Sie beim Lesen Whisky trinken, geht das ja in Ordnung.
P.P.S. Falls jemand von Ihnen Lord Johns Wege nachvollziehen möchte - der Stadtplan, den ich beim Verfassen dieses Romans benutzt habe, ist »Greenwood’s Map of London«, der älteste bekannte vollständige Stadtplan von London aus der Zeit um das achtzehnte Jahrhundert. Erfreulicherweise kann er im Internet unter http://users.bathspa.ac.uk/greenwood/ eingesehen werden.
P.P.P.S. Möglicherweise wird Ihnen auffallen, dass ein oder zwei Schauplätze auf dem Plan schwierig zu finden sind. Das liegt daran, dass a) dieser Stadtplan 1827 erstellt wurde, also etwa siebzig Jahre nach den Ereignissen in der Geschichte, und sich die Dinge nun einmal verändern, und b) ich hin und wieder etwas erfinde …
Für Margaret Scott Gabaldon
und Kay Fears Watkins,
die wundervollen Großmütter
meiner Kinder
1
… wenn wir nach Trug und Täuschung streben
LONDON, JUNI 1757
Die Gesellschaft zur Wertschätzung des
englischen Beefsteaks, ein Herrenclub
Es war eines dieser Dinge, von denen man im ersten Moment hofft, man hätte falsch hingesehen - weil das Leben so viel angenehmer wäre, wenn man es nicht gesehen hätte.
Besagtes Ding an sich hatte kaum etwas Schockierendes; Lord John Grey hatte schon Schlimmeres gesehen, konnte jederzeit Schlimmeres sehen, wenn er einfach nur aus dem »Beefsteak« auf die Straße trat. Das Blumenmädchen, das ihm auf dem Weg zum Club einen Veilchenstrauß verkauft hatte, trug eine klaffende Wunde auf dem Handrücken, die halb verheilt war und eine nässende Kruste hatte. Der Türsteher, ein Veteran, der in Amerika gekämpft hatte, hatte eine wulstige Tomahawknarbe, die ihm vom Haaransatz bis zum Kinn lief und die Höhle seines erblindeten Auges in zwei Hälften spaltete. Im Vergleich dazu war die wunde Stelle auf dem besten Stück des
Ehrenwerten Joseph Trevelyan ziemlich klein. Beinahe diskret.
»Nicht so tief wie ein Brunnen, noch so weit wie eine Kirchtür«, brummte Grey vor sich hin. »Aber es reicht hin. Verdammt.«
Er trat hinter dem chinesischen Paravent hervor und hielt sich die Veilchen an die Nase. Deren süßer Duft kam gegen den durchdringenden Geruch, der ihm von den Pissoiren her folgte, nicht an. Es war Anfang Juni, und wie jedes andere Etablissement in London roch auch das »Beefsteak« nach Bier und Spargelpisse.
Trevelyan hatte die Zurückgezogenheit der chinesischen Wand schon vor Grey verlassen und nichts von dessen Entdeckung mitbekommen. Der Ehrenwerte Joseph stand jetzt am anderen Ende des Speisezimmers und war in ein Gespräch mit Lord Hanley und dem jüngeren Mr. Pitt vertieft - der Inbegriff des guten Geschmacks und der nüchternen Eleganz. Etwas schmalbrüstig, dachte Grey hartherzig - obwohl der
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