Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
fragte ich, plötzlich voller Hoffnung.
»Sicher. Aber so ganz einfach ist das nicht. Es wäre ziemlich ... anders.«
Meine Euphorie sank in sich zusammen. Meine Kopfhaut begann zu kribbeln. » Wie anders?«
»Ziemlich anders. Du wärst nicht bei SO-27. Genauer gesagt, es gibt gar kein SpecOps. Der Zweite Weltkrieg endet 1945, und der Krimkrieg dauert nur bis 1854.«
»Ich verstehe. Kein Krimkrieg. Heißt das, Anton ist noch am Leben?«
»Ja, in der Tat.«
»Dann lass uns das doch machen, Dad, bitte!« . Er legte seine Hand auf meine und drückte sie. »Das ist noch nicht alles, mein Schatz. Es ist deine Entscheidung, deshalb musst du ganz genau wissen, worum es geht. Es wird alles weg sein. Alle Arbeit, die du je getan hast und tun wirst. Es wird keine Dodos, keine Neandertaler, keine Will-Speak-Maschinen, keine Gravitube -«
»Keine Gravitube? Wie kommen die Leute denn dann nach Japan?«
»Mit sogenannten Jets. Das sind große Passagierflugzeuge, die in zehn Kilometer Höhe mit drei Vierteln der Schallgeschwindigkeit fliegen - manche sogar noch schneller.«
Es war eine absolut lächerliche Idee, und das sagte ich ihm auch.
»Ich weiß, es ist ziemlich verrückt, aber du wirst gar nichts anderes mehr kennen. Die Gravitube wird dir dort genauso unmöglich vorkommen wie Düsenflugzeuge uns hier.«
»Was ist mit den Mammuts?«
»Gibt's nicht - aber dafür gibt's Enten.«
»Goliath?«
»Unter anderem Namen.«
Es entstand eine Pause.
»Gibt es Jane Eyre?«
»Ja«, seufzte mein Vater. »Jane Eyre gibt es immer.«
»Und Turner? Wird er immer noch The Fighting Temeraire malen?«
»Ja, und Carravaggggio gibt es dort auch, er wird bloß ein bisschen intelligenter geschrieben.«
»Worauf warten wir dann noch?«
Mein Vater schwieg einen Augenblick. »Es gibt einen Haken.«
»Was für einen Haken?«
Er seufzte. »Landen wird zwar wieder da sein, aber ihr seid euch nie begegnet. Landen wird dich nicht einmal kennen.«
»Aber ich werde ihn kennen. Ich kann mich doch einfach mit ihm bekannt machen, oder?«
»Thursday, du wirst nicht mehr die sein, die du jetzt bist. Du wirst außerhalb deiner selbst sein. Du wirst zwar noch Landens Kind im Leib tragen, aber von der Verschiebung wirst du nichts wissen. Du wirst von deinem alten Leben nichts wissen. Wenn du dich seitwärts verschieben lässt, um ihn wieder zu sehen, dann wirst du eine neue Gegenwart und eine neue Vergangenheit haben. Um ihn sehen zu können, musst du widersinnigerweise auf jede Erinnerung an ihn verzichten - ganz zu schweigen davon, dass er nichts von dir wissen kann.«
»Das ist ein ziemlich großer Haken«, stellte ich fest.
»Es ist in der Tat nur die zweitbeste Lösung«, gab Daddy zu.
Ich dachte einen Augenblick nach. »Ich werde also auch gar nicht verliebt in ihn sein?«
»Ich fürchte, nein. Es kann sein, dass du noch eine gewisse Rest-Erinnerung haben wirst, und unerklärliche Gefühle für Menschen, die du eigentlich gar nicht kennst.«
»Werde ich sehr verwirrt sein?«
»Ja.« Er sah mich mit ernstem Gesicht an. Sie alle sahen mich ernst an. Sogar Lady Hamilton, die sich unauffällig in Richtung des Sherrys bewegt hatte, hielt einen Augenblick inne und starrte mich an.
Es war offensichtlich, dass es vernünftig war, wenn ich mich dünn machte. Aber keinerlei Erinnerung an Landen zu haben? Da musste ich nicht lange nachdenken. »Nein, Dad. Sehr lieb von dir, aber nein danke.«
»Ich glaube, du hast mich nicht richtig verstanden«, sagte mein Vater mit seiner besten Ich-glaube-du-gehst-besser-in-dein-Zimmer-Stimme. »In einem Jahr kannst du wieder zurückkommen, und alles wird so sein wie -«
»Nein. Ich will nicht noch mehr von Landen verlieren.«
Ich hatte eine Idee.
»Außerdem gibt es einen Ort, wo ich hingehen kann.«
»Wo denn?« fragte mein Vater. »Wo könntest du hingehen, ohne dass dich Lavoisier findet? Rückwärts, vorwärts, seitwärts oder anderwärts - sonst gibt es doch nichts weiter!«
Ich lächelte. »Da irrst du dich, Daddy. Es gibt noch etwas anderes. Einen Ort, wo niemand mich findet. Nicht einmal du.«
»Schätzchen -!« flehte er. »Es ist absolut notwendig, dass du das ernst nimmst! Wo willst du denn hingehen?«
»Ich«, sagte ich langsam, »werde mich in ein gutes Buch zurückziehen.«
All ihren Beschwörungen und Bitten zum Trotz verabschiedete ich mich von Mum, Dad und Lady Hamilton, schlich mich aus dem Haus und brauste mit Joffys Motorrad zu meiner Wohnung. Ich parkte direkt vor der
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