Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
kennen uns schon sehr lange, und wir wissen, was wir voneinander zu halten haben.« Er lächelte kurz. »Sie werden nie Angst haben, mir die Wahrheit zu sagen. Zu viele meiner eigenen Leute sind für mich unbekannte Größen, oder Personen, die ich selbst nicht für gewisse Ämter ausgesucht hätte. Ich muß mich mit Leuten umgeben, die mir Rückendeckung verschaffen, wenn Sie so wollen; wenn dieses Unterfangen hier gelingen soll, dann brauche ich zuverlässige und vertrauenswürdige Mitstreiter.«
Die mein Überleben garantieren.
»Für den Posten der Chefinspektorin sind Sie ideal geeignet. Die derzeitige Polizeitruppe ist unerfahren im Umgang mit der tiamatanischen Gesellschaft. Vhanu, meinem Polizeikommandanten, würde ich mein Leben anvertrauen, er arbeitet schon seit Jahren für mich. Aber er kennt sich hier nicht aus. Und offengestanden, erinnert er mich an mich selbst, als ich in seinem Alter war.« Wehmütig lächelnd dachte er an seine Dienstzeit auf Tiamat zurück, und wie lange es gedauert hatte, bis er die Lektion, die ihm diese Welt verpaßte, auch wirklich begriff.
Jerusha nickte, und er sah es ihr an, daß sie ihn verstand. »Ich bin ein paarmal mit ihm zusammengetroffen«, erzählte sie. »Die Ähnlichkeit mit Ihnen fiel mir gleich auf.«
Dann lehnte sie sich wieder zurück und schwieg lange. »Haben Sie Ihren Plan mit Vhanu besprochen?« Gundhalinu nickte.
»Und wie denkt er darüber?«
»Er ist dagegen«, antwortete er darauf wahrheitsgemäß.
»Und wie wird die Truppe reagieren, wenn man ihnen eine Frau – obendrein eine Abtrünnige, eine Verräterin – als Chefin aufzwingt?«
»Sind Sie eine Abtrünnige, oder sind Sie eine ehemalige Polizeikommandantin mit jahrelanger wertvoller Erfahrung im aktiven Dienst? Bin ich ein gescheiterter Selbstmörder, oder ein Held der Hegemonie? Es kommt immer auf die Perspektive an.« Er lächelte müde und zuckte die Achseln. »Und daß Sie eine Frau sind, fällt bei den Kharemoughis weniger ins Gewicht als bei Ihrem eigenen Volk. In der Truppe dienen bereits ein paar Frauen, und mit der Zeit möchte ich noch mehr anwerben.«
Grübelnd biß sie sich auf die Lippe.
»Sie sind doch noch nie vor einer Herausforderung davongelaufen.« Er bedrängte sie, weil er nicht auf ihre Unterstützung verzichten wollte.
»Das stimmt«, murmelte sie, und in ihrem knappen Grinsen vermeinte er eine Spur ihrer alten Hartgesottenheit zu erkennen; ihre Augen blickten lebhaft, als sie über seinen Vorschlag nachdachte. Doch dann senkte sie den Blick und schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht. Vielen Dank, daß Sie mich gefragt haben, BZ, aber ich kann nicht.«
»Warum nicht?« fragte er; vor Enttäuschung hätte er am liebsten laut gebrüllt. »Warum denn nicht?«
»Weil die Königin mich braucht. Sie stützt sich auf mich ... aus denselben Gründen, aus denen Sie mich abwerben wollen. Ich kann nicht beiden von euch dienen, und Sie können sich auf niemanden verlassen, dessen Interessen geteilt sind.«
Er beugte sich vor; seine Hände, die er zwischen den Knien gefaltet hielt, verkrampften sich. »Arbeiten Sie nur für mich, Jerusha«, beschwor er sie, »dann gibt es für Sie keine Interessenskonflikte.«
Lange starrte sie ihn an; plötzlich begriff er, daß sie ihn genauso brauchte wie er sie. »Götter ...«, murmelte sie. »Lassen Sie mich darüber nachdenken, BZ. Einen solchen Entschluß muß ich erst überschlafen.«
»Nehmen Sie sich soviel Zeit, wie Sie brauchen.« Er nickte und fühlte, wie die Spannung von ihm abfiel. »Sagen Sie mir nur, daß Sie den Vorschlag nicht von vornherein ablehnen.«
»Das tue ich keineswegs«, antwortete sie und stand auf.
»Werden Sie mit ... der Königin sprechen?« Um ein Haar hätte er ihren Vornamen genannt. Auch er erhob sich von seinem Platz.
»Ich glaube schon.« Neugierig sah sie ihn an.
»Dann richten Sie ihr von mir aus, daß ich meine Leute zu einer vorläufigen Schonzeit für die Mers überreden konnte, während wir Studien durchführen. Wie lange dieses Abkommen halten wird, weiß ich nicht. Das Zentrale Koordinations-Komitee auf Kharemough macht mir schon die Hölle heiß; sagen Sie ihr, mehr könnte ich zur Zeit nicht bewirken.«
»Das wird sie gern hören, und ich bin auch froh darüber. Vielen Dank. Ich kann mir vorstellen, wie man Sie unter Druck setzt – bei den Göttern, es muß ja noch viel schlimmer sein, wenn sich die Zentralregierung fast ohne Zeitverschiebung einmischen kann. Ich weiß, wie groß die
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