Tief im Herzen: Roman (German Edition)
Mackensie. Wir sind fertig miteinander.«
»Kann man so sagen. Ich dachte nur, Sie wüßten gern, daß ich wieder nach Hause fahre. Meine Befragungen haben sehr unterschiedliche Resultate ergeben, Mr. Quinn.« Er schaute wieder zu der Kreissäge hinüber und wünschte flüchtig, sich dergleichen Werkzeug leisten zu können. »Da ist der Brief, der im Wagen Ihres Vaters gefunden wurde und der Aufschluß über seine geistige Verfassung gibt. Wir wissen, daß nur ein Fahrzeug in den Unfall verwickelt war, der Fahrer körperlich gesund, keine Spuren von Alkohol oder Drogen.« Er hob die Schultern. »Ferner hatte der Versicherte die Versicherungssumme erhöht und kurz vor dem Unfall noch einen Erben hinzugefügt. Die Gesellschaft nimmt solche Dinge genau unter die Lupe.«
»Dann gehen Sie, und nehmen Sie alles unter die Lupe«, Cams Stimme klang leise, warnend, »aber nicht hier, nicht in meinem Haus.«
»Ich wollte Sie nur wissen lassen, wie der Stand der Dinge ist. Um ein neues Geschäft aufzuziehen«, sagte Mackensie im Plauderton, »braucht man einen Batzen Kapital. Hatten Sie das schon lange geplant?«
Cam stürzte sich blitzschnell auf ihn und packte den Mann bei den Aufschlägen. »Sie Mistkerl.«
»Cam, hör auf!« Anna trat zwischen die beiden Männer. »Mr. Mackensie, ich glaube, Sie sollten jetzt besser gehen.«
»Bin schon auf dem Weg.« Seine Stimme klang fest trotz des kalten Schweißes, der sich in einem Nacken sammelte. »Es geht nur um ein paar Einzelheiten, Mr. Quinn. Die Versicherung bezahlt mich, um Informationen zu sammeln.«
Aber sie bezahlte ihn nicht dafür, so dachte er, als er nach draußen ging, um frische Luft zu schöpfen, daß er zusammengeschlagen wurde.
»Elender Mistkerl. Denkt er wirklich, mein Vater ist gegen einen Telefonmast gefahren, damit ich Boote bauen kann? Ich hätte ihn zusammenschlagen sollen. Gottverdammt. Zuerst sagen sie, er habe es getan, weil er den Skandal nicht ertragen konnte, und jetzt soll er’s getan haben, weil er uns einen Haufen Geld verschaffen wollte. Zum Teufel mit ihrem Geld. Sie haben ihn nicht gekannt, sie kennen uns nicht.«
Anna ließ ihn toben und auf der Suche nach etwas, das er kaputtschlagen konnte, durch das Gebäude irren. Ihr Herz war schwer. Die Versicherung ging von Selbstmord aus, dachte sie wie betäubt, deshalb war eine Ermittlung eingeleitet worden. Und Cam hatte es die ganze Zeit gewußt. »Dieser Mann ist von der Versicherung geschickt worden, bei der dein Vater eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte?«
»Das ist ein verdammter Vollidiot.« Cam fuhr herum,
und sie sah angespannt aus. »Es ist nichts. Bloß ein sinnloser Streit. Laß uns von hier verschwinden.«
»Sie verdächtigen deinen Vater, Selbstmord begangen zu haben?«
»Er hat sich nicht getötet.«
Die Kränkung mußte sie jetzt erst mal vergessen, sie wollte Antworten auf ihre Fragen.»Du hast schon mal mit Mackensie gesprochen? Und ich nehme an, du oder zumindest euer Anwalt steht seit einiger Zeit deswegen mit der Versicherung in Kontakt.«
»Phillip kümmert sich darum.«
»Warum hast du mir nie etwas davon gesagt?«
»Es hat nichts mit dir zu tun.«
Seine Worte verletzten sie. »Ich verstehe. Und inwiefern betrifft es Seth?«
Erneut flammte Wut in ihm auf. »Er weiß nichts davon.«
»Wenn du das wirklich glaubst, dann machst du dir etwas vor. In Kleinstädten blüht der Klatsch. Und kleine Jungen hören sehr viel.«
Jetzt sprach die Sozialarbeiterin, dachte Cam mit wachsendem Ärger. Sie hätte ebensogut ihre Aktenmappe bei sich haben und eines ihrer abartigen Kostüme tragen können. »Und mehr als Klatsch ist es auch nicht. Es spielt keine Rolle.«
»Im Gegenteil, Klatsch kann sehr schädlich sein. Es wäre klüger, wenn du offen und ehrlich zu ihm wärst. Obwohl dir das schwerzufallen scheint.«
»Verdreh nicht alles, Anna.«
»Es geht um deinen Vater und um seinen Ruf«, stellte sie richtig. »Ich glaube nicht, daß es etwas gibt, das dir mehr bedeutet.« Sie holte tief Luft. »Aber du sagtest ja, daß mich das nichts angeht. Wir können gehen. Ich glaube, hier sind wir fertig.«
»Warte mal.« Er trat vor und versperrte ihr den Weg. Er hatte das entsetzliche Gefühl, daß sie, wenn sie jetzt ginge, viel weiter gehen würde als nur bis zu seinem Wagen.
»Warum? Es ist doch eine Familienangelegenheit. Ich
gehöre nicht zur Familie. Da hast du völlig recht.« Es erstaunte sie, daß sie mit ruhiger, distanzierter Stimme sprechen konnte, so ganz
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