Tiefer gelegt
glotzte er uns an, sabberte ein bisschen und verschwand wieder. Stunden verstrichen. Ab und zu
ging die Tür einen Spalt weit auf, weil jemand aufs Klo musste, und ich konnte draußen sehen, ob sich schon das erste
Morgenlicht am Himmel zeigte. Ganz kurz döste ich weg, den
Kopf zwischen den Knien. Als ich wieder aufwachte, arbeiteten die Männer immer noch, aber die Lagerhalle war so gut
wie leer geräumt.
Draußen vor dem Tor hupte jemand. Das Tor wurde geöffnet, und die Limousine rollte, gefolgt von einem schnittigen
Geländewagen, herein. Der Himmel hinter dem offenen Garagentor war immer noch dunkel, aber ich war überzeugt, dass es
bis zum Morgen nicht mehr lang hin sein konnte. Ich sah Maria an.
»Verzeih mir«, sagte sie. »Das ist alles meine Schuld.«
Ich wusste, dass Hooker einen Plan geschmiedet hatte. Er
war ziemlich simpel: In die Lagerhalle platzen wie ein Überfallkommando und alle überwältigen, die darin waren. Von der
Polizei oder vom Militär konnte er keine Hilfe erwarten. Zu
viel erforderlicher Vorlauf. Zu lange Dienstwege. Hooker hatte vor, ein paar Freunde zu motivieren. Das war, bevor ich
entführt worden war. Das war, bevor Doofi und Schmierkopf
mich verkauft hatten. So wie ich es sah, konnten es nur die
beiden gewesen sein. Senator Gil hatte ihnen die Adresse gegeben. Sie hatten sie an Salzar weitergeleitet. Sonst hätte Salzar unmöglich befehlen können, dass man Hooker und mir von
Judeys Wohnung aus folgte. Niemand außer uns hatte von
Judey gewusst.
Salzar und Torres stiegen aus der Limousine und kamen
durch die Lagerhalle auf uns zu. Zwischendurch blieben sie
kurz stehen, um ein paar Worte mit Hugo zu wechseln, dann
bauten sie sich vor mir auf.
»Sind Sie bereit, mit mir zu reden?«, fragte Salzar.
Ich sagte kein Wort.
»Man wird Sie nicht retten«, verkündete er mir. »Wir wissen über den Plan Bescheid, wir werden längst verschwunden
sein, ehe Ihnen jemand zu Hilfe kommen kann. Man wird nur
noch eine leere Lagerhalle vorfinden.«
»Lassen Sie mich raten. Scala und Martin?«
»Sehr gut. Ich bin beeindruckt. Sie waren ganz und gar
nicht zufrieden mit ihren Zukunftsaussichten und sind zu der
Auffassung gelangt, dass sie einen von meinen Goldbarren
brauchen könnten. Natürlich werden sie früher oder später
auch eine Kugel dazu bekommen.«
»Hat sich was mit Ganovenehre, wie?«
Salzar winkte Hugo mit dem Finger zu sich. »Wir müssen
Miss Barnaby überreden, mit uns zu sprechen«, sagte Salzar.
Hugo sah auf mich herab. »Mit Vergnügen.«
Ich dachte gerade, dass dies ein guter Zeitpunkt für Hookers Rettungsaktion wäre. Obwohl ich nicht sicher war, wie
erfolgreich sie wäre, weil so viele bewaffnete Männer in der
Lagerhalle waren.
Dann hörte ich ein leises Grollen in der Ferne und wusste,
dass meine Gebete erhört worden waren.
Salzar hörte das Grollen ebenfalls. »Ein Sturm«, sagte er
zu Hugo. »Schau nach, ob die Hubschrauber gesichert
sind.«
Das ist kein Sturm, dachte ich. Das ist NASCARMAN.
Zwei Männer liefen zu den Toren, um die Helikopter zu sichern. Sie rissen die Tore auf und blieben wie vom Blitz getroffen stehen. Dann knallten sie die Tore wieder zu und brüllten Salzar etwas auf Spanisch zu.
Ich sah Maria an.
»Sie sagen, wir werden angegriffen«, flüsterte Maria.
Dann brach das Chaos los. Schritte und Gebrüll auf dem
Wellblechdach über uns. Salzars Männer, die Schüsse auf das
Dach abfeuerten, obwohl die Kugeln von dem Metall abprallten und sich in den Betonboden bohrten. Auf dem Dach waren
mehrere dumpfe Schläge zu hören, dann das unverkennbare
Zischen eines Schneidbrenners. Dave hatte uns verraten, dass
die Türen einbruchsicher waren. Hooker wusste, dass das
Dach die Schwachstelle war. Vor allem da er eine fahrbare
Metallwerkstatt zur Verfügung hatte. Bei der NASCAR mussten jederzeit Karosseriearbeiten vorgenommen werden können. Es war schwer abzuschätzen, wie viele Leute da oben auf
dem Dach waren, aber es hörte sich nach einer ganzen Menge
an. Als Hooker, nachdem wir unseren Plan gefasst hatten, seinen Hilferuf startete, konnte er nicht vorhersagen, wie viele er
mobilisieren konnte. Wir wussten, dass wir kurzfristig die
Mannschaft in Homestead herzitieren konnten, aber jetzt hatte
ich den Eindruck, dass uns die gesamte NASCAR aufs Dach
stieg.
Salzar brüllte auf Englisch und Spanisch Anweisungen und
versuchte, seine Männer in Formation zu bringen. Er und Torres warteten an der Seitentür zu dem Helikopterflugfeld. Hugo
stand vor
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