Tiere essen
zahlen. Um uns diesen Traum zu erfüllen, haben wir Paul Willis’ Traumfarm links liegen lassen und uns Smithfield verschrieben, haben zugelassen – nein: dafür gesorgt –, dass die Viehzucht aus den Händen von Farmern unter Kontrolle von Konzernen gelangte, die nach Kräften versuchen, ihre Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Da die Verbraucher sich nicht darum scheren oder blind dafür sind (oder noch schlimmer, es ganz in Ordnung finden), konnten Unternehmen wie Smithfield Tiere in absurder Enge zusammenpferchen. Unter solchen Bedingungen kann kein Farmer auch nur annähernd genug Futter auf dem eigenen Acker produzieren und muss es stattdessen kaufen. Und natürlich entsteht viel mehr Gülle, als die Felder aufnehmen können – nicht ein bisschen zu viel, nicht viel zu viel, sondern ein riesiger Haufen Scheiße zu viel. Irgendwann produzierten allein drei Mastbetriebe in North Carolina mehr Stickstoff (wichtiger Bestandteil von Kunstdünger), als alle Nutzflächen des gesamten Bundesstaates hätten absorbieren können.
Zurück also zur Ausgangsfrage: Was passiert mit diesen ungeheuren Mengen ungeheuer gefährlicher Scheiße?
Wenn alles nach Plan läuft, wird die Gülle in riesige »Lagunen« gepumpt, die gleich neben den Mastställen liegen. Diese Giftteiche können bis zu 12 000 Quadratmeter groß sein – die Grundfläche der größten Casinos von Las Vegas oder etwa zwei Fußballfelder nebeneinander – und bis zu zehn Meter tief. Dass solche Jauchegruben, groß wie Badeseen, einfach ausgehoben werden, gilt als normal und ist völlig legal, obwohl sie ihren Inhalt so gut wie nie halten können. Hundert oder mehr dieser enormen Latrinen können rund um einen einzigen Schlachthof angelegt sein (die meisten Schweinemastbetriebe ballen sich um die Schlachthöfe). Fällt man in so eine Grube, ist man tot. (So wie man auch in Minutenfrist ersticken würde, wenn in einem der Mastställe der Strom und damit die Belüftungausfiele.) Tietz erzählt eine bedrückende Geschichte über eine Güllelagune:
Als ein Arbeiter in Michigan Reparaturen an einer Güllelagune durchführen sollte, wurde er vom Ge stank bewusstlos und fiel hinein. Sein 15-jähriger Neffes prang hinterher, um ihn zu retten, verlor je doch ebenfalls das Bewusstsein; der Cousin des Ar beiters sprang hinein, um den Teenager zu retten, und wurde vom Gestank überwältigt, der ältere Bruder des Arbeiters sprang hinein, schließlich noch der Vater des Arbeiters. Sie alle starben in der Schweinescheiße.
Für Konzerne wie Smithfield ist die Kosten-Nutzen-Rechnung einfach: Es ist billiger, die Strafen für Umweltverschmutzung zu zahlen, als das gesamte Massentierhaltungssystem aufzugeben – denn nur so ließe sich das zerstörerische Treiben beenden.
Wenn Konzerne wie Smithfield doch einmal per Gesetz zu Auflagen gezwungen werden sollen, was selten genug geschieht, dann finden sie fast immer Wege, diese zu umgehen. Ein Jahr bevor Smithfield die größte Schlacht-und Fleischverarbeitungsfabrik der Welt in Bladen County, North Carolina, baute, entzog die Gesetzgebung des Bundesstaates den regionalen Behörden tatsächlich das Recht, Vorschriften für Schweinemastfabriken zu erlassen. Wie praktisch für Smithfield. Es ist sicher kein Zufall, dass der ehemalige Senator des Bundesstaates, Wendell Murphy, der diese rechtzeitige Liberalisierung auf den Weg gebracht hatte, inzwischen im Aufsichtsrat von Smithfield sitzt und früher Vorstandsvorsitzender von Murphys Family Farms war, einem anderen Schweinemastunternehmen, das Smithfield im Jahr 2000 aufkaufte.
Wenige Jahre nach dieser Liberalisierung, nämlich im Juni 1995, ließ Smithfield mehr als 80 Millionen Liter Gülle in den New River in North Carolina laufen. Diese »Jauchepest« ist bis heute die größte Umweltkatastrophe ihrer Art, die ausgetretene Menge war zweimal so groß wie bei der legendären Ölpest der Exxon Valdez sechs Jahre zuvor vor der Küste Alaskas: Die flüssi gen Fäkalien hätten 250 Langbahn-Schwimmbecken gefüllt. Der Sierra Club berichtet in seinem vernichtenden »RapSheet on Animal Factories« (»Sündenregister der Massentierhaltung«), dass Smithfield 1997 für unfassliche 7000 Verletzungen des Was serschutzgesetzes Strafen zahlte – das sind ungefähr 20 Verstöße pro Tag. Die US – Regierung warf dem Unternehmen vor, uner laubte Abwassermengen in den Pagan River geleitet zu haben, der in die Chesapeake Bay fließt, und danach Aufzeichnungen gefälscht und
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