Tiffany Sexy Christmas Band 7
Meistens warf sie nicht einmal einen Blick auf die Grabsteine am Hang. Aber heute wurde sie auf einen Mann in einem dunklen Mantel aufmerksam, der mit einem Strauß roter Rosen in der Hand den Hügel zum Friedhofstor hinaufstapfte.
Der Anblick fesselte sie. Eine einsame Silhouette vor dem grauen Himmel und dem großen schwarzen schmiedeeisernen Friedhofstor. Nur die Blumen bildeten als leuchtender Farbtupfer einen Kontrast zu der melancholischen Szene. Der Mann kam ihr irgendwie bekannt vor. Sie fuhr langsamer, reckte den Hals. Wer war das? Er hob den Kopf. Noah. Ihr Herz schien einen Schlag lang auszusetzen. Er ging auf den Friedhof.
Alana konnte nicht sagen, was sie faszinierte. Aber sie parkte ihr Auto am Straßenrand, blieb einen Moment lang sitzen und starrte auf das Armaturenbrett. Ich darf den Mann nicht in seiner Trauer stören. Sie hatte nicht vor, das zu tun – auch wenn sie ihm ein großes Dankeschön schuldig war. Also sollte sie weiterfahren. Doch ihre Neugier siegte. Sie stieg aus und schloss leise die Autotür. Nachdem sie die frische Winterluft tief eingeatmet hatte, ging sie zu dem Friedhofstor. Die Hände hatte sie tief in die Taschen ihres Wollmantels gesteckt.
Der große Friedhof mit den mächtigen Bäumen und den Familienmausoleen stammte noch aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg. Sie schlenderte die schmalen Wege hinunter. Ihre Ohren fühlten sich eisig an im kalten Wind. Noah geriet ab und zu in ihr Blickfeld. Dann verschwand er immer wieder hinter Bäumen oder Grabsteinen. Er war mehrere Meter vor ihr. Täte sie so, als wenn sie ein Grab besuchte, wenn er sie bemerkte? Das ist dumm. Ich sollte zu meinem Auto zurückgehen. Warum folge ich ihm?
Sie ging langsamer und kehrte fast um. Doch der Drang, mehr über ihn zu erfahren, trieb sie an. Ihr Puls schlug schneller. Wovor hatte sie Angst? Alana legte sich eine plausible Ausrede zurecht, warum sie ihm zufällig auf dem Friedhof über den Weg lief. Doch als sie die Reihe der Gräber erreichte, zu der er zuletzt eingebogen war, fand sie niemanden vor. Sie war perplex. Hatte sie sich getäuscht?
Als sie umherwanderte, fühlte sie sich zunehmend beklommen. War Noah verheiratet gewesen und jetzt Witwer? Sie hatte keine diesbezüglichen Gerüchte gehört. Aber er war ein Mann, der kaum etwas von sich preisgab.
Dann entdeckte Alana den Strauß roter Rosen, der vor einem Schiefergrabstein lag. Sie trat näher und verließ den zementierten Gehweg. Die hohen Absätze ihrer Schuhe sanken in die feuchte Erde. Dann beugte sie sich hinunter und las die Inschrift des Grabsteins:
Helen Jayne Briscoe
1. November 1963 – 25. Dezember 1993
Noahs geliebte Mutter
Sie blinzelte, als ihr bewusst wurde, was passiert war. Seine Mutter war am Weihnachtstag gestorben, als er zehn oder elf Jahre alt gewesen war. Sofort schnürte Mitleid ihr die Kehle zu. Der arme Junge. Der arme Mann. Kein Wunder, dass er Weihnachten hasste. Sie versuchte sich vorzustellen, was er durchgemacht hatte, war dazu jedoch nicht in der Lage. Denn sie hatte noch nie einen Menschen verloren, der ihr so nahestand. Das war ein Glück, und sie wusste es. Wie sollte sie sein Leid nachempfinden können?
Alana richtete sich auf und sah sich nach Noah um. Doch er war verschwunden. Sofort traf sie eine Entscheidung. An diesem Weihnachtsfest ließe sie ihn nicht allein – nicht am zwanzigsten Todestag seiner Mutter. Ob er es wollte oder nicht – sie war wild entschlossen, festliche Weihnachtsstimmung in sein Leben zu bringen. Er brauchte sie. Auch wenn er nicht fähig sein mochte, es zuzugeben.
Noah duschte und trocknete sich ab. Ihm ging die irritierende Frage nicht aus dem Kopf, warum Alana ihm auf dem Friedhof gefolgt war. Er hatte gewusst, dass sie hinter ihm herging. Schließlich war er Polizist, und sie war nicht besonders geschickt darin, jemanden unauffällig zu überwachen. Wie auch? Als Anwältin verfügte sie über andere Fertigkeiten. Also hatte er schnell die Blumen am Grab seiner Mutter niedergelegt, war durch das Seitentor verschwunden und eilig zu seinem Auto gegangen.
Damit kam er zur nächsten Frage, die ihn ärgerte. Warum hatte er die Blumen dort gelassen, wenn er wusste, dass Alana sie fände und zwei und zwei zusammenzählte? Ihm fiel nur eine plausible Antwort ein. Auch wenn er wünschte, diese Antwort leugnen zu können. Er hatte gewollt, dass sie auf diese Weise erführe, was er ihr nicht sagen konnte – und das machte ihm am meisten zu schaffen.
Es klingelte an
Weitere Kostenlose Bücher