Tine
Kopf abspielt. Warum fährt diese dumme Gans ein größeres und viel teureres Auto als ich? Was will sie überhaupt mit dieser riesigen Kutsche? Und wie kann sie sich diese teure Nobelkarosse überhaupt leisten? Nicht einmal ich verdiene so viel, dass ich mir so einen Neuwagen.....«
»Ist nur geliehen«, lüge ich meinen Chef an, der nun sichtlich beruhigter ins Wochenende startet. Wenn er sich einen Tick mehr für seine Mitarbeiter interessieren würde, wüsste er, dass ich schon immer einen Kombi fuhr. Ich brauche einen Wagen mit großer Ladefläche und einer Anhängerkupplung. Wie sonst sollte ich die vielen Kleinmöbel transportieren, die ich mit Leidenschaft in meiner Freizeit restauriere. Ich stehe auf das Design aus den 50er und 60er Jahren. Original Sessel, Tische und Lampen aus dieser Zeit aufzuspüren und sie mit aktuellen Farben und Stoffen neu zu interpretieren, macht mir einen Heidenspaß. Mittlerweile hat sich meine kleine 3 Zimmer Altbauwohnung in eine Polsterei, Tischlerei, Lackiererei und Möbelausstellung verwandelt und ich fürchte, dass ich für die letzten vier Clubsessel, die ich bei eBay ersteigert habe, kaum noch Platz habe. Ich werde sie nach Fertigstellung also wieder verkaufen müssen, denke ich traurig, als ich vor Jettes Haus einparke. Wie immer bin ich zu früh. Mehr als eine Stunde. Sie ist nicht erstaunt über mein vorzeitiges Erscheinen. Nach fünfundzwanzig Jahren ist sie daran gewöhnt. Erstaunt bin eher ich über ihren neuen Look. Ihr straßenköterblondes Haar, das sie bisher in Kinnlänge trug, leuchtet in einem warmen Honig Ton. Sie trägt es offen und ich staune über das beeindruckende Volumen und die Länge.
»Das Zauberwort heißt Extensions, Haarverdichtung und Haarverlängerung«, verrät sie mir.
»Machst du jetzt etwa auf Tussi?«
»Ein bisschen mehr Tussi würde dir auch gut zu Gesicht stehen. Franka meint auch, dass du dich in letzter Zeit ein wenig gehen lässt. Wenn es am Geld liegt, dann gebe ich dir was.«
Ich mag mein halblanges, naturbraunes Haar. Es sei denn, es ist feucht draußen. Dann kommt meine Naturkrause durch und meine mühsam glattgeföhnte Frisur verwandelt sich wie von Geisterhand in einen Lockenkopf.
»Nicht nötig. Ich brauche dein Geld nicht.«
Und ich lasse mich auch nicht gehen. In diesem Punkt bin ich anders gestrickt als meine Freundinnen. Ich muss für mein geringes Einkommen hart arbeiten und gebe es nicht für Markenklamotten, exklusive Kosmetik und anderen Schnickschnack aus. Auch künstliche Fingernägel widerstreben mir. Meine sind natürlich und tragen keine bunten Applikationen. Ich investiere lieber in schöne Stoffe, gute Bücher und leckeres Essen. Apropos Essen.
»Was gibt es denn heute bei dir?«
»Vermutlich wieder Nudeln. Was anderes kann Jette doch nicht«, sagt die Lästerschwester Franka, die durch den Garten gekommen ist. Das sagt gerade die Richtige. Wenn wir mal bei ihr zum Essen eingeladen sind, gibt es grundsätzlich fertige Häppchen aus dem Alsterhaus. Mehr als Kaffee kann sie nämlich nicht kochen. Und das übernimmt meist ihre Sekretärin oder eine der zahlreichen Praktikantinnen, die in ihrer Finanzdienstleistungsagentur für sie tätig sind. Sie begrüßt uns mit Küsschen links und rechts und mir wird von ihrem Parfum gleich wieder schlecht.
»Musst du dich immer so eindieseln?«, frage ich die Top Managerin und ernte einen bösen Blick. Es gibt Lasagne. Jette hat drei Sorten vorbereitet. Vegetarisch mit Auberginen und Tofu, eine mit Lachs und Spinat und den Klassiker mit Hack und viel Käse. Ich nehme den Klassiker und berichte von meinem letzten Arbeitstag.
»Wohin geht die Reise?«
»Verreisen? Ich? Wovon bitte? Ich habe mir schließlich gerade einen neuen Wagen gekauft.«
»Das Geld hättest du besser in deine Selbstständigkeit investiert und dir einen Wagen geleast, wie es heutzutage üblich ist. Sag, wie lange willst du noch gelbe Scheine abheften.«
Ich ärgere mich kurz über Frankas überheblichen Kommentar. So anspruchslos ist mein Job nun auch nicht. Mal wieder appelliert sie an mein kreatives Talent und schmeichelt mir. Jette stimmt ihr zu und meint, ich sollte endlich Nägel mit Köpfen machen. Sie bietet mir ihre Doppelgarage an, die ich als Werkstatt nutzen kann. Ich verspreche, es mir zu überlegen.
»Wer von euch beiden hätte Lust auf eine Woche kostenfreien Urlaub auf einem Französischen Weingut?« Franka hat mit
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