Tine
Schampus im Haus, um das Ereignis gebührend zu feiern. Du auch ein Glas Weißwein, Tine?«
»Wie ist es passiert? Hast du schon den Notarzt angerufen?«
»Geduld, meine Liebe. Nun lass mich doch diesen schönen Moment genießen.«
Endlich griff sie nach ihrem Handy und ich hatte die Hoffnung, dass sie endlich einen Notruf absetzt. Aber weit gefehlt. Sie fotografierte ihren am Boden liegenden Dieter aus allen Ecken und Winkeln und rief ihm zu, er solle doch wenigstens einmal ein freundliches Gesicht machen. Aber er kam ihrer Bitte nicht nach, denn er war bereits mausetot. Es klingelte an der Haustür und ich ließ Franka herein. Schon im Flur fragte sie, ob sich der Mistkerl schon auf den Weg zur Hölle gemacht hat.
»Tine, im Kühlschrank steht ein Glas Mix Pickles. Kannst du die mal holen?«
Ich reichte Jette das Glas und dachte noch im selben Moment, nein, das macht sie nicht. Aber doch. Sie steckte ihrem Dieter tatsächlich kleine Gürkchen und Mini Maiskolben in Nase und Ohren und setzte ihre Foto Session mit der Begründung fort, wenigstens ein einziges lustiges Bild von diesem miesen Hund haben zu wollen. Natürlich stimmte ich meinen Freundinnen zu. Dieter war ein mieser Hund. Aber wie er so leblos mit weit aufgerissenen Augen und mit Gemüse dekoriert auf dem Fußboden vor der Essecke lag, hatte ich doch ein wenig Mitleid mit ihm. Ich kenne mich mit Leichen nicht aus. Ich habe keine Ahnung, wann Starre und Verwesung einsetzen und wurde langsam nervös. Nach der einstündigen Leichenbeschau und zwei geleerten Flaschen seines besten, französischen Chablis, wurde Dieter endlich abgeholt und ich konnte wieder frei durchatmen.
In rund einem Monat ist mit der Auszahlung der Lebensversicherung zu rechnen, meint Jette. Ihre Stimme am Telefon klingt noch immer euphorisch. Sie lädt mich und Franka zum Abendessen ein, denn sie will uns ihre neue Frisur und ihre neuen Klamotten vorstellen.
»Um sieben bei mir? Und bring Zeit mit.«
Selbstverständlich bringe ich Zeit mit. Wenn ich etwas im Überfluss habe, dann ist es Zeit. Seitdem ich seit zwei Jahren wieder Single bin, habe ich mehr davon, als mir lieb ist. Toni, mein attraktiver Skilehrer, der mir nach meinem Winterurlaub in den Tiroler Alpen sofort nach Hamburg folgte, um dann monatelang auf meine Kosten zu leben, meinte, wir sollten endlich eine Familie gründen. Ich fragte ihn, wovon er denn Frau und Kinder ernähren will. Damit war das Thema vom Tisch und er trat den Rückweg in die Berge an. Sicherlich wollte ich Kinder. Aber bestimmt nicht von ihm. Er war eben nicht der Richtige. Allerdings auf einen geeigneten Nachfolger warte ich immer noch. Mit Ende dreißig sollte ich so langsam fündig werden. Franka meint, ich sollte mir besser eine Katze anschaffen. Aber ich bin eher der Hunde Typ. Nur wie soll ich mich um einen Vierbeiner kümmern? Ich bin voll berufstätig. Mein öder Verwaltungsjob als Sozialversicherungsfachangestellte bei einer gesetzlichen Krankenversicherung in Hamburg lässt es nicht zu, mich um einen Hund zu kümmern. Vielleicht sollte ich meinen Vorgesetzten, den spießigen Abteilungsleiter Bernhard Bukowski mal fragen, ob er es gestatten würde, dass ich einen kleinen Kläffer mit zur Arbeit bringe. Vermutlich würde er mich gleich zum Vertrauensarzt schicken, um mein Hirn untersuchen zu lassen. Bukowski hat es schon länger auf mich abgesehen. Wenn es hoch kommt, bin ich im letzten Jahr zweimal zu spät gekommen. Fünf Minuten. Mehr nicht. Und wer empfängt mich am Eingang und starrt wie blöd auf seine Armbanduhr? Na, klar. Mein Chef.
»Neue Rolex? Ein Souvenir aus Ihrem letzten Türkei Urlaub? Ich steh ja nicht auf Plagiate. Aber wer es braucht.«
Mit diesem Spruch hatte ich es mir endgültig bei ihm verscherzt. Nun hat er mich richtig auf dem Kieker. Mir doch egal. Ich habe ab morgen Urlaub. Endlich. Drei Wochen. Wie immer erst nach den Sommerferien, denn im Hochsommer bekommen die Kollegen mit Kindern den Vorzug. Es ist 17.00 Uhr und ich fahre meinen PC herunter. Ein schneller Griff zu meiner Handtasche und ein kurzer Abschiedsgruß an meine fünf Teamkollegen und ich steige in meinen neuen Mercedes Kombi E Klasse. Als es an meine Fensterscheibe klopft, schrecke ich auf. Bukowski. Sein alter Ford parkt direkt neben mir und so kann er die Frage stellen, die ihn schon seit einer Woche schwer beschäftigt.
»Das ist Ihr Wagen, Frau Haller?«
Ich nicke stolz und ahne, was sich jetzt in seinem
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