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Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft

Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft

Titel: Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hogan
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haben. Kannte dieser Fremde ihr Geheimnis? Stand er vielleicht sogar auf derselben Seite wie sie selbst?
    Doch bevor sich Kate über diese Fragen den Kopf zerbrechen konnte, trat ein rundlicher Lockenkopf auf sie zu. Er wurde von einer blond gefärbten Lady mit runden roten Wangen begleitet.
    „Sie sind frei, junge Frau? Ich habe soeben ein Telegramm bekommen. Meine Gattin und ich müssen dringend nach St. Petersburg zurück.“
    Kaum hatte der Mann den Mund geöffnet, wusste Kate, dass sie es mit einem Russen zu tun hatte. Als Dampfkutter-Pilotin hatte sie gelernt, die Akzente der meisten Menschen auf der Welt voneinander zu unterscheiden. Und gerade die reichen Russen benutzten oft Dampfkutter als Transportmittel, seit es die Luftschiff-Verbindung zwischen St. Petersburg und London gab.
    Kate nickte und warf einen Blick auf die große Schweizer Uhr, die mitten in der Hotellobby hing.
    „Ich verstehe, Sir. Das nächste reguläre Linien-Luftschiff nach St. Petersburg startet in einer knappen Stunde vom Victoria Flugfeld. Das werden wir schaffen.“
    „Sascha, ich will nicht in eine dieser rußigen Blechbüchsen steigen“, jammerte die Frau. Ihr Akzent war noch stärker als der ihres Gatten.
    „Dann bleibst du eben hier, du dumme Pute. Ich habe wichtige Geschäfte zu erledigen“, knurrte der Russe.
    Aber Kate wandte sich an die aufgeregte Russin. „Sie müssen sich nicht fürchten, Madam. Mein Dampfkutter ist technisch auf dem neuesten Stand und hatte noch niemals einen Unfall.“
    Das war nur zum Teil richtig, wie Kate schmerzhaft bewusst war. Ihr eigener Vater war durch zurückschlagende Flammen aus dem Kessel getötet worden. Doch danach hatte man das Zuleitungssystem komplett ausgetauscht und auch einen neuen Überdruckkompensator eingebaut. Der Dampfkutter war durch diese Verbesserungen wie neu, jedenfalls Kates Meinung nach.
    Außerdem kollidierten fast jeden Tag Pferdedroschken miteinander, und darüber regte sich niemand auf. Und ein Fußgänger, der unter die Hufe von durchgehenden Droschkengäulen geriet, hatte so gut wie keine Überlebenschance mehr.
    Der untersetzte Russe machte eine ungeduldige Handbewegung. „Halten Sie keine Volksreden, lassen Sie uns starten!“
    Er winkte einen Gepäckträger heran, der sich bereits des großen Schrankkoffers angenommen hatte. Kate raffte ihre Röcke und eilte dem Russen nach, der durch die Hoteltür nach draußen ging und bereits auf ihr Luftfahrzeug zusteuerte. Die reiche Russin folgte so zögernd, als ob sie auf dem Weg zum Schafott sei.
    Unter den missmutigen und neidischen Blicken von Connors und den anderen Droschkenkutschern verlud der Gepäckträger den schweren Koffer in das kleine Frachtabteil des Dampfkutters. Die überdachte Passagierbank befand sich unmittelbar hinter dem Führerstand, während der Kessel und der Sitz des Heizers weiter unten angebracht waren. Nachdem das russische Ehepaar es sich auf seinen Plätzen bequem gemacht hatte, stieg auch Kate in den Drehflügler. Sie schob die Schutzbrille über ihre Augen, was ihr das Aussehen eines riesigen Insekts verlieh.
    „Sie werden sehen, eine Dampfkutter-Fahrt ist ein unvergessliches Erlebnis!“, rief sie der zitternden Russin zu. Dann legte Kate mit routinierten Bewegungen die Starthebel um. O’Leary hatte bereits reichlich Kohle ins Feuer geschaufelt. Der Schornstein spuckte Funken, als sich die breiten Drehflügel in Bewegung setzten und sich schließlich mit einem irrsinnigen Tempo um die eigene Achse drehten.
    Rumpelnd und knatternd hob sich der Dampfkutter von der Straßenoberfläche ab. Eine Schar schmutziger Gassenjungen applaudierte grölend. Obwohl die Drehflügler inzwischen zum Londoner Stadtbild gehörten, war so ein Start für viele beschäftigungslose Gaffer immer wieder eine Sensation.
    Kate warf einen prüfenden Blick nach hinten. Das Gesicht der Russin zeigte nun keine Furcht mehr, sondern nur noch grenzenloses Erstaunen. Vermutlich war sie auf der Hinreise vom Victoria-Flugfeld mit einer Droschke zum Hotel gefahren. Und die Reise mit dem Fern-Luftschiff zählte ebenfalls nicht, man konnte sie nicht mit einer Dampfkutter-Fahrt vergleichen. Diese Apparate flogen nämlich in so großen Höhen, dass man von den Städten kaum etwas erkennen konnte.
    Aber ein Dampfkutter bewegte sich nur wenige Yards oberhalb der Dächer. Und es war ein Erlebnis für sich, in einer so niedrigen Höhe über das Häusermeer zu gleiten. Die Themse wand sich wie eine graublaue Riesenschlange durch

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