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Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft

Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft

Titel: Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Hogan
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Gummifassung verdeckt wurde. Ansonsten trug er eine Lederkappe und einen zerschlissenen Overall.
    Kate hatte im Gegensatz zu ihm ihre Brille abgelegt, und so konnte man sehen, wie ihre Augen zornig blitzten. Connors hatte bei ihr einen wunden Punkt berührt. Auf ihren treuen Heizer ließ sie nämlich nichts kommen.
    „Lass O’Leary in Ruhe, er muss das Kesselfeuer schüren. Der muss beim Kutter bleiben. Warum trinkst du nicht einen Schluck aus deinem Flachmann und hältst endlich die Klappe?“
    Und bevor Connors ihr eine Antwort geben konnte, rauschte Kate mit hocherhobenem Kopf Richtung Hoteleingang davon. Ihre bissige Bemerkung bezog sich darauf, dass Droschkenkutscher auch unter Alkoholeinfluss ihre Wagen lenken durften. Nach Meinung der Londoner Polizei waren die Pferde vernünftig genug, um trotz eines betrunkenen Kutschers keinen Unfall zu verursachen. Ein Dampfkutter-Pilot musste hingegen stets stocknüchtern sein, sonst konnte er seine Lizenz verlieren. Die Behörden trauten einer Flugmaschine nämlich weniger über den Weg als den Tieren.
    Für einen Moment musste Kate an ihren Vater denken, von dem sie die Bedienung eines Drehflüglers von der Pike auf gelernt hatte. Sie konnte ein solches Gefährt nicht nur bedienen, sondern auch selbst reparieren. Dieser Tatsache verdankte sie ihren Spitznamen Tinker-Kate.
    Die junge Pilotin verdrängte nun die trübe Erinnerung an ihren verstorbenen Dad. Sie ließ sich stattdessen lieber von der Atmosphäre in dem Hotel verzaubern. Obwohl sie schon oft dort gewesen war, zog es sie immer wieder in seinen Bann.
    The Landmark verfügte über eine repräsentative Eingangshalle, die einer Königin und ihres Hofstaats würdig gewesen wäre. Durch kunstvoll geschwungene Glaskuppeln fiel das Tageslicht herein und unterstrich den Luxus der Innenausstattung. Obwohl der Dampf unzähliger Fabrikschlote, Öfen, Lokomotiven und außerdem dampfbetriebene Flugapparate den Himmel über London verdunkelten, brach sich an diesem Frühlingstag die Sonne immer wieder Bahn zwischen den schwarzen Qualm.
    Die Weltausstellung, die in wenigen Tagen von Queen Victoria eröffnet werden sollte, hatte noch mehr Menschen aus aller Welt in die britische Hauptstadt gezogen. Es waren großteils betuchte Leute, die sich die Interkontinentalflüge leisten konnten. Da gab es Inderinnen in farbigen Saris und Maharadschas mit juwelenbesetzten Turbanen zu sehen, afrikanische Edelmänner in Stammestracht sowie arabische Scheichs mit ihren verschleierten Gattinnen. Viele dieser Touristen hatten noch nie zuvor eine Dampfkutter-Pilotin erblickt und warfen Kate neugierige und scheue Blicke zu.
    Einmal hatte ein arabischer Scheich sogar darum gebeten, dass Kate gemeinsam mit ihm auf einer photographischen Aufnahme zu sehen war. Kate hatte eingewilligt, obwohl es elend lange dauerte, bis der Photograph seine seltsamen Platten belichtet hatte. Und die ganze Zeit musste sie stocksteif dastehen und durfte noch nicht einmal atmen. Immerhin hatte der Scheich ein gutes Trinkgeld gezahlt.
    Die junge Frau mit den langen roten Locken machte sich nichts daraus, dass alle Leute sie anstarrten. Sie wusste, dass sie in diesem Luxushotel wie ein Fremdkörper wirkte. Allein schon ihre rußbefleckte Lederschürze und ihre Schutzbrille deuteten darauf hin, dass sie sich mit ihrer Hände Arbeit ihr Brot verdiente. Kates Meinung nach wussten die Geldsäcke nichts von den arbeitenden Klassen, sie kannten nur ihre Diener und allenfalls noch mal einen Droschkenkutscher oder einen Gepäckträger.
    Kate bewegte sich jedenfalls zwischen den Reichen und Schönen mit dem Selbstbewusstsein einer Frau, die weiß, was sie kann. Nach Kates Ansicht konnten diese Gänse in ihren französischen Krinolinen-Seidenkleidchen gern bei ihrem Anblick die Nase rümpfen. Sie ging auf den Zeitungsstand in der Hotelhalle zu, ohne allzu sehr auf ihre Umgebung zu achten.
    Die mollige Verkäuferin Sally Whitcombe begrüßte sie mit einem freundlichen Lächeln. Sie war ungefähr im gleichen Alter wie die Dampfkutter-Pilotin.
    „Hallo, Kate. Was kann ich heute für dich tun?“
    „Gib mir bitte jeweils ein Exemplar der Times und des Telegraph. Ich möchte doch zu gerne wissen, ob es wieder ein paar neue blutleere Leichen gibt.“
    Sally nickte und legte die Zeitungen auf den Tresen. Ihr rundes Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an.
    „Ja, abgesehen von der Weltausstellung scheint es in London kein anderes Gesprächsthema mehr zu geben. Es ist aber auch zu

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