Titan 02
seine Schulter berührte und sich durchschob. Sam folgte ihm. Das graue Zeug schmiegte sich mit sanftem Druck an ihn, und gleich darauf stand er in einem Gang mit glatten Metall-wänden. Der Fremde legte eben seinen Raumanzug ab.
Es zeigte sich, daß Sams erste Vermutung richtig gewesen war. Das Skelett des purpurfarbenen Mannes schien knorpelartig weich zu sein, insbesondere an den Gelenken. Ein solcher Körperbau erlaubte natürlich weitaus leichtere und einfacher konstruierte Raumanzüge. Der nackte, purpurrote Körper wirkte wie der eines schlanken, wendigen Wasserwesens; eine Andeutung von Kraft und Ausdauer strafte die scheinbare Schmächtigkeit Lügen.
Nun holte Ato aus einem Wandfach einen Wust von Geräten. Er studierte Sams Anzug einen Augenblick lang, fand dann das Auslaßventil für die ausgeatmete Luft und nahm eine Probe. Apparate klickten, Zeiger bewegten sich, Skalen änderten die Farbe, bis sich schließlich die verschiedenen Anzeigewerte nicht mehr änderten. Der Fremde überprüfte sie schweigend, dann schnalzte er mit den schmalen Lippen. »Va!«
Auf seine auffordernde Geste hin griff Sam nach seinen Helmklammern. Er nahm bewußt seinen Mut zusammen. Denk daran, wie deine Vorfahren Martern und Gefahren ohne einen Laut auf sich genommen haben… nein, verdammt, das waren Sioux und Apachen gewesen! Außerdem war er doch kein armseliger Wilder…
Er merkte plötzlich, daß er den Atem anhielt.
Mit einem lauten Seufzer stieß er die Luft aus. Als er einatmete, bemerkte er einen seltsamen Geruch, leicht scharf, ein bißchen süßlich, der von dem Fremden auszugehen schien. Seine Lungen waren jedoch mit der Atmosphäre ganz zufrieden. Die Luft war etwas dichter als in den Kuppeln oder in den Atemgeräten der Raumanzüge, aber sie war nicht unangenehm.
Sie passierten mehrere Gänge und fuhren schließlich mit einer Art Lift in einen Raum hoch, der offensichtlich mit der Steuerung des Schiffes zu tun hatte. An den Wänden waren verschiedene Skalen und sonstige Anzeigeinstrumente, Fernsehschirme zeigten die Umgebung in Farbe, allerdings mit einer für das menschliche Auge zu starken Bevorzugung der Blautöne. Der Zweck der meisten Apparaturen war Sam ein Rätsel. Zwei weitere purpurfarbene Männer arbeiteten offenbar in Eile an einem komplizierten Gewirr von Drähten, winzigen Kügelchen, die vielleicht Transistoren waren, Spulen und diversen anderen Teilen. Es schien sich um ein elektronisches Gerät zu handeln, dessen Schaltkreise sie änderten.
Einer von ihnen blickte von der Arbeit auf und schnatterte Ato eine Folge hoher, abgehackter Töne zu, wobei er auf einen Apparat auf dem Tisch zeigte.
Ato nickte. Er wies auf einen dreibeinigen Stuhl, den Sam überraschend bequem fand, und ließ sich dann ihm gegenüber nieder. Er legte einen knopfartigen, an einem Kabel hängenden Gegenstand zwischen sie und rückte sich den Bedienungsteil des Apparates in bequeme Reichweite. In die andere Hand nahm er einen dünnen Stift und machte damit schnell ein paar Punkte auf eine Schreibunterlage. Anscheinend war seine Handfläche so geschmeidig, daß er mit beliebigen zwei Fingern gegen den dritten etwas greifen und halten konnte. Er hielt den Stift hoch.
»Ssompa«, sagte er deutlich. Er zog ein paar Striche. »Pir«, sagte er. Dann wies er auf eine Gruppe von Zeichen und wiederholte mehrmals: »Edomi.«
Das war nicht einmal eine einigermaßen logisch aufgebaute Sprachlektion, geschweige denn etwas so Kompliziertes wie eine Lernmaschine! Sam fühlte Enttäuschung in sich hochsteigen, als er seinen eigenen Schreibstift herausholte und eine Reihe von Wörtern schrieb. »Va - ja. Va - ja. Ssompa pir edomi. Stift machen Zeichen. Va. Und jetzt läßt du lieber jemanden ran, Ato, der was davon versteht, oder wir sitzen hier, bis die Hölle einfriert, und sagen einander nutzlose Sätze vor. Also: eins!«
Ato zuckte die Achseln - viele seiner Gesten waren erstaunlich menschlich - und überließ Sam die Führung. Sie gingen die Zahlen und die wichtigsten Verben für die arithmetischen Operationen durch, einfach Substantiva und die Verben für ein paar universelle Tätigkeiten; als sie eine Verneinung brauchten, suchte Ato anscheinend eins von mehreren Wörtern aus.
Sam hatte von Anfang an beschlossen, auf grammatikalische Feinheiten zu verzichten. Er suchte sich Pidgin-Englisch als die einfachste, konsequenteste Sprache aus, die er kannte. Das Vokabular war beschränkt, die Regeln simpel, und man konnte damit alles
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