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Titan 03

Titan 03

Titel: Titan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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als der Junge sie vor näherer Bekanntschaft mit Büschen und Bäumen bewahrte, bewegte er sich mit mehr Sicherheit. Die Hand wurde zu etwas, dem er vertrauen konnte. Er wußte jetzt, wie Pearce sich fühlen mußte.
    Christopher führte sie ziemlich weit durch den Wald, ehe sie wiederum eine Lichtung erreichten. Unter einem schützenden Laubdach gloste Holzkohleglut. Pearce saß daneben und drehte langsam einen aus einem grünen Ast verfertigten Bratspieß, der auf zwei gegabelten Stöckchen ruhte. An dem Spieß bräunten zwei knusprige, abgehäutete Hasen.
    Pearces blindes Antlitz wandte sich ihnen zu, als sie auf die Lichtung kamen. »Willkommen«, sagte er.
    Harry fühlte eine innere Wärme, als sei er nach Hause gekommen.
    Marna fiel vor dem Feuer auf die Knie und wärmte sich die Hände. Sie muß gefroren haben, dachte Harry, und ich habe ihr im Wald nicht einmal meine warme Jacke gegeben.
    Als Christopher die Hasen vom Spieß nahm, fielen sie fast auseinander. Er wickelte vier Keulen in feuchte, grüne Blätter und steckte sie in eine kühle Höhlung zwischen zwei Baumwurzeln. »Fürs Frühstück«, sagte er.
    Die vier stürzten sich auf den Rest. Auch ohne Salz war es die köstlichste Mahlzeit, die Harry je gegessen hatte. Als sie mit dem Braten fertig waren, leckte er sich die Finger, seufzte und ließ sich in einen Haufen dürrer Blätter sinken. Er fühlte sich zufriedener als je zuvor in seinem Leben. Er war nur ein wenig durstig, da er sich geweigert hatte, aus dem Bach zu trinken, der in der Nähe ihres Lagers durch den Wald plätscherte, aber das war auszuhalten. Man konnte ja nicht alle seine Prinzipien über Bord werfen. Es wäre eine Ironie des Schicksals, an Typhus zu sterben, kurz bevor er die Unsterblichkeit erlangte.
    Daß der Gouverneur ihm sofort die Unsterblichkeit bewilligen würde – oder ihm zumindest einen Posten verschaffen, bei dem er sie sich verdienen konnte –, bezweifelte er nicht. Schließlich hatte er ja seine Tochter gerettet.
    Marna war ein hübsches, kleines Ding. Zu schade, daß sie noch ein Kind war. Eine Verbindung mit der Familie des Gouverneurs könnte seinen Aussichten ungeheuer förderlich sein. Vielleicht in ein paar Jahren…
    Christopher schaufelte mit einem großen Rindenstück Erde über die Glut. Harry räkelte sich genüßlich. Heute nacht würde er gut schlafen.
    Marna hatte sich im Bach gewaschen. Ihr Gesicht glänzte vor Frische. »Würden Sie hier neben mir schlafen?« fragte Harry und wies auf das trockene Laub. Er hielt den Armreif entschuldigend hoch. »Das Ding hält mich wach, wenn Sie zu weit weg sind.«
    Sie nickte kühl und setzte sich neben ihn – aber weit genug weg, daß sie einander nicht berührten.
    »Ich kann nicht verstehen, warum wir auf so viele Mißbildungen gestoßen sind«, sagte Harry. »In meiner ganzen Zeit im Medizinischen Zentrum ist mir kein einziger solcher Fall untergekommen.«
    »Sie haben in der Klinik gearbeitet?« fragte Pearce. Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort: »Medizin zu praktizieren heißt mehr und mehr, Mißgeburten zu behandeln. In der Stadt würden sie umkommen; in den Vororten bleiben sie am Leben, um sich fortzupflanzen. – Lassen Sie mich Ihren Arm ansehen.«
    Harry fuhr zusammen. Pearce hatte das so natürlich gesagt, daß er wirklich für einen Augenblick die Blindheit des Alten vergessen hatte. Seine sanften Finger nahmen Harry den Verband ab und zupften vorsichtig das blutverkrustete Gras weg. »Das brauchen Sie nicht mehr.«
    Harry tastete erstaunt nach der Wunde. Er hatte schon seit Stunden nichts mehr davon gespürt. Jetzt war sie nur noch eine Narbe. »Vielleicht waren Sie tatsächlich Arzt. Warum haben Sie das Praktizieren aufgegeben?«
    »Ich wurde es müde, nur ein Techniker zu sein«, flüsterte Pearce. »Die Medizin war so verzweifelt kompliziert geworden, daß man die Beziehung zwischen Arzt und Patient eher als Beziehung zwischen Mechaniker und Maschine bezeichnen konnte.«
    »Ein Arzt muß Distanz wahren«, wandte Harry ein. »Wenn er sich gefühlsmäßig engagiert, ist er erledigt. Er muß hart werden gegenüber dem Leiden, gleichgültig gegen Kummer, oder er könnte einfach nicht mehr in einem Beruf weiterarbeiten, in dem einem so viel Leid und Kummer begegnet.«
    »Niemand hat je behauptet«, sagte Pearce leise, »daß es leicht sei, Arzt zu sein. Wenn ein Arzt aber aufhört mitzufühlen, dann verliert er nicht nur seine Patienten, sondern auch seine Menschlichkeit. Doch die

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