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Titan 04

Titan 04

Titel: Titan 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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sie nämlich schneller beißen als sie schlingen konnte. Ringsum lagen kleine rosa und rote Fellfetzen im grünen Gras. Nunmehr hatte die Ratte große Schwierigkeiten dabei, ihre Hinterbacken zu erreichen.
    Bill Soames murmelte lautlos vor sich hin und dachte so angestrengt wie er konnte an nichts Besonderes, während er steifbeinig zu seinem Fahrrad zurückkehrte, aufstieg und davonstrampelte.
    »Bis heute abend, William«, rief Tante Amy ihm hinterdrein.
    Während Bill Soames die Pedale trat, wünschte er tief im Innersten, zweimal so schnell treten zu können, um desto schneller aus Anthonys Nähe zu gelangen und aus der Nähe Tante Amys, die bisweilen schlichtweg vergaß, wie vorsichtig man sein mußte. Und das hätte er sich nicht wünschen sollen. Denn Anthony bemerkte es. Er erfaßte das Bestreben, rasch vom Haus der Fremonts fortzugelangen, als sei es etwas Schlechtes, und seine düsteren Augen blinzelten, als er Bill Soames einen leisen Schmollgedanken nachsandte – einen schwachen nur, denn heute war er gut gelaunt, und außerdem mochte er Bill Soames tatsächlich; oder jedenfalls empfand er keine Abneigung gegen ihn, zumindest nicht heute. Bill Soames wollte fort – folglich leistete Anthony ihm launenhafte Unterstützung. Bill Soames strampelte mit übermenschlicher Geschwindigkeit – so schien es wenigstens, wogegen in Wirklichkeit das Fahrrad ihn antrieb – und verschwand in einer Staubwolke am Ende der Straße, sein entferntes, von Schrecken erfülltes Jammern winselte durch die sommerähnliche Hitze.
    Anthony blickte die Ratte an. Sie hatte ihren Bauch halb ausgeweidet und war am Blutverlust gestorben. Er dachte sie in ein Grab tief unterm Maisfeld – sein Vater hatte einmal mit einem Lächeln zu ihm gesagt, das könne er doch eigentlich mit dem Getier machen, das er umbrächte – und ging ums Haus, warf im heißen, ehernen Licht, das von oben herabdrang, seinen seltsamen Schatten.
    In der Küche packte Tante Amy die Kolonialwaren aus. Sie stellte die Schachteln ins Regal, schob das Fleisch und die Milch in den Kühlschrank und den Rübenzucker und das grobe Mehl, beides in großen Blecheimern, unter den Ausguß. Den Pappkarton stellte sie in die Ecke hinter der Tür, damit Mr. Soames ihn mitnehmen konnte, wenn er das nächste Mal kam. Der Karton war schmutzig, verbeult, angerissen und ausgefranst, doch es war einer der wenigen, die es in Peaksville noch gab. In verblichenen roten Buchstaben stand Campbell’s Soup darauf. Die letzten Dosen Suppe und alle anderen Büchsen waren seit langem aufgezehrt, bis auf einen kleinen Gemeinschaftsvorrat, auf den die Dorfbewohner bei besonderen Anlässen zurückgriffen; und der Karton moderte dahin wie ein Sarg, und wenn er und die anderen Kartons zerfallen waren, mußten die Männer Kisten aus Holz anfertigen.
    Tante Amy ging wieder hinaus, wo Anthonys Mutter – Tante Amys Schwester – im Schatten des Hauses saß und Erbsen entschotete. Die Erbsen kullerten, sobald Mutter eine Schote mit dem Fingernagel der Länge nach aufriß, mit einem Loppoppopp in den Topf auf ihrem Schoß.
    »William hat uns die Sachen gebracht«, sagte Tante Amy. Ermattet setzte sie sich in den Sessel mit der senkrechten Lehne neben Mutter und begann sich wieder Luft zuzufächeln. Sie war noch gar nicht alt; aber seitdem Anthony seine geistige Gewalt gegen sie gewandt hatte, schien es um ihren Körper nicht minder beklagenswert zu stehen wie um ihren Verstand, und sie fühlte sich ständig müde.
    »Oh, gut«, sagte Mutter, Loppoppopp, fielen die dicken Erbsen in den Topf.
    Jedermann in Peaksville sagte Oh, prächtig oder Gut oder Ach, das ist ja prima zu nahezu allem, das geschah, auf fast alles, das ein anderer äußerte – selbst wenn es sich um unerfreuliche Angelegenheiten wie Unfälle oder gar Todesfälle handelte. Alle sagten immerzu Gut, denn wenn sie sich nicht anstrengten, um zu verbergen, wie ihnen wirklich zumute war, bestand die Gefahr, daß Anthony sie mit seinem Geist belauschte, und was dann geschehen würde, das wußte niemand. Wie damals, als Mrs. Kents Ehemann, Sam, vom Friedhof heimgekehrt war, weil Anthony Mrs. Kent mochte und er ihre Trauer bemerkt hatte.
    Loppoppopp.
    »Heute abend ist Fernsehabend«, sagte Tante Amy. »Ich freue mich darauf. Ich freue mich jedesmal die ganze Woche lang darauf. Was es heute wohl zu sehen gibt?«
    »Hat Bill auch das Fleisch gebracht?« fragte Mutter.
    »Ja.« Tante Amy fächelte und schaute zum gleichmäßigen ehernen Glanz

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