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Titan 04

Titan 04

Titel: Titan 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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das Tierchen trinken sehen, seinen Genuß verspürt. Später hatte er den Teich angelegt, als er einen schwachen Drang zum Schwimmen feststellte. Felsen, Bäume, Sträucher und Höhlen hatte er geschaffen, dort Sonnenschein und dort Schatten, weil er in all den winzigen Gehirnen ringsum den Wunsch – oder das instinktive Verlangen – nach einem solchen Ruheplatz spürte, nach dieser Art von Paarungsgelegenheit, nach jener Art der Möglichkeit zum Spiel, nach dieser oder jener Art von Heimstatt.
    Und irgendwie schienen die Lebewesen aus all den Feldern und Weiden rund um den Hain zu wissen, daß dies ein gutes Fleckchen Erde war, denn es kamen immer mehr von ihnen – jedesmal, wenn Anthony sich einfand, waren es mehr als beim letztenmal, und er mußte sich um weitere Bedürfnisse und Wünsche kümmern. Jedesmal war ein neues Tier dabei, das er noch nie gesehen hatte, und er ertastete den kleinen Verstand, ermittelte seine Wünsche und erfüllte sie.
    Es machte ihm Spaß, ihnen zu helfen. Er spürte gerne ihre schlichtmütige Dankbarkeit.
    Heute ruhte er unter einer dicken Ulme. Er hob seinen düsteren Blick zu einem rotschwarzen Vogel, der soeben in den Hain geflattert kam. Er zwitscherte über seinem Kopf auf einem Zweig, hüpfte hin und her, dachte seine winzigen Gedanken, und Anthony machte ihm ein großes weiches Nest, und bald hüpfte der Vogel hinein.
    Am Teich trank ein langes, braunes Tier mit geschmeidigem Pelz. Als nächstem widmete sich Anthony dessen Hirn. Das Tier dachte an ein anderes, kleineres Geschöpf, das auf der anderen Seite des Teichs einherhastete und im Erdreich nach Insekten scharrte. Das kleine Tier ahnte nicht, daß es sich in Gefahr befand. Das lange Tier mit dem braunen Pelz hörte zu trinken auf und spannte seine Beine zum Sprung, und Anthony dachte es in ein Grab unterm Maisfeld.
    Derartige Gedanken mochte er nicht. Sie erinnerten ihn an die Gedanken außerhalb des Hains. Vor langer Zeit hatten einige der Leute dort ähnlich von ihm gedacht, und eines Abends verbargen sie sich, um ihm aufzulauern, sobald er vom Hain zurückkäme – und er hatte sie ganz einfach in ein Grab unterm Maisfeld gedacht. Seitdem hatte der Rest der Leute nie wieder so etwas gedacht – jedenfalls nicht in aller Deutlichkeit. Nun waren ihre Gedanken nur noch verworren und übten einen verwirrenden Einfluß aus, wenn sie an ihn dachten oder in seiner Nähe dachten, und deshalb beachtete er sie kaum.
    Manchmal bereitete es ihm auch Vergnügen, ihnen zu helfen – aber das war nicht einfach, und sie kannten auch keine Dankbarkeit. Sie dachten niemals fröhliche Gedanken, wenn er welche dachte – nur das Durcheinander. Daher verbrachte er mehr Zeit im Hain als unter ihnen.
    Für eine Weile beobachtete er all die Vögel, Insekten und pelzigen Geschöpfe und spielte mit einem Vogel, ließ ihn herumsegeln und stürzen und wie verrückt um Baumstämme schwirren, bis er unglücklicherweise, da ein anderer Vogel Anthonys Aufmerksamkeit für einen Moment ablenkte, gegen einen Stein prallte. Verärgert dachte er den Stein in ein Grab unterm Maisfeld; aber mit dem Vogel vermochte er nicht länger etwas anzufangen. Nicht, weil er tot war, denn das war er; sondern weil er sich einen Flügel gebrochen hatte. Danach kehrte er zurück zum Haus. Er verspürte keine Lust mehr, durchs Maisfeld zu laufen, und daher versetzte er sich ins Haus, gleich hinab in den Keller.
    Im Keller war es nett. Nett und dunkel und feucht, und voller Wohlgeruch, denn Mutter hatte einmal im Wandgestell Eingemachtes gelagert, aber dann war sie nie wieder in den Keller gegangen, seitdem Anthony sich drunten aufzuhalten begann, und das Eingemachte war verdorben, der Matsch sickerte herab und breitete sich auf der Schmutzschicht des Kellerbodens aus, und Anthony mochte seinen Geruch.
    Er fing eine weitere Ratte, indem er sie Käse riechen ließ, und nachdem er mit ihr gespielt hatte, dachte er sie in ein Grab unterm Maisfeld, dicht neben dem langen Tier, das er im Hain getötet hatte. Tante Amy haßte Ratten, und deshalb tötete er eine Menge davon, weil er Tante Amy am meisten mochte und daher bisweilen etwas tat, das sie wollte. Ihr Verstand ähnelte mehr den kleinen pelzigen Hirnen draußen im Hain. Sie hatte schon seit langem überhaupt nichts Böses über ihn gedacht.
    Nach der Ratte spielte er mit einer großen schwarzen Spinne im Winkel unter der Treppe, ließ sie hin‐und herlaufen, bis ihr Netz wankte und im Licht vom Kellerfenster schimmerte

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