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Titan 06

Titan 06

Titel: Titan 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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haben, soviel war für mich sicher. Jim Bendell ist im allgemeinen stolz auf seine gewählte Ausdrucksweise, und wenn er so daherredet oder sich gar zu Flüchen herabläßt, dann hat ihn etwas schwer getroffen. Wie damals, als er die Klapperschlange für einen dürren Ast hielt und ins Feuer legen wollte.
    »Noch etwas hat mich beunruhigt«, fuhr Jim nach einigen Augenblicken fort. »Er war recht seltsam gekleidet. Das Material sah wie Silber aus, war aber weich wie Seide. Und nachts schimmerte es ein wenig.
    Ich klaubte ihn gegen Abend auf. Buchstäblich – er lag nämlich ein paar Meter neben dem Straßenrand. Ich dachte erst, daß ihn jemand zusammengefahren und dann Fahrerflucht begangen hätte. Ich konnte ihn in der Dämmerung nicht sehr deutlich sehen, versteht ihr. Ich hob ihn auf, trug ihn ins Auto und fuhr weiter. Ich hatte noch etwa fünfhundert Kilometer vor mir, aber ich hoffte, ihn in Warren Springs bei Doc Vance lassen zu können. Er kam jedoch nach ungefähr fünf Minuten zu sich und schlug die Augen auf. Es schien ihm weiter nichts zu fehlen, und er schaute sich erst im Auto um, dann starrte er den Mond an. ›Gott sei Dank‹ sagt er daraufhin und sieht mich an. Ich glaube, ich bin zusammengezuckt. Er war schön; gut aussehend wäre ein ganz ungenügender Ausdruck.
    Er war einfach außergewöhnlich – ein Prachtexemplar in jeder Beziehung. Ich glaube, er war etwa einsfünfundachtzig groß; er hatte braune Haare mit ein bißchen einem rotgoldenen Schimmer. Es sah aus wie feiner Kupferdraht, sein Haar, und war leicht gelockt. Seine Stirn war breit und glatt und hoch, viel höher als meine. Seine Züge waren feingeschnitten, aber sehr ausdrucksvoll, und seine grauen Augen erinnerten an ziseliertes Eisen. Sie waren auffallend groß, weit größer als meine.
    Sein Anzug – also, wie soll ich ihn beschreiben: eine Art Gymnastikoverall. Er hatte lange, muskulöse Arme wie ein Indianer. Er war jedoch ein Weißer, allerdings mit einer sehr gepflegten, beinahe goldenen Sonnenbräune.
    Wie gesagt, er war ein Prachtstück. Bestimmt der schönste Mann, den ich je gesehen habe. Verdammt, er war mir einfach unheimlich!
    ›Hallo!‹ sagte ich. ›Hatten Sie einen Unfall?‹
    ›Nein, diesmal nicht, glücklicherweise.‹
    Auch seine Stimme war außergewöhnlich. Sie hatte Resonanz und das Timbre von Orgeltönen.
    ›Aber vielleicht bin ich noch nicht ganz bei Sinnen. Ich habe ein Experiment unternommen. Sagen Sie mir bitte das Datum und das Jahr, dann sehe ich klarer.‹
    ›Nun, wir haben den neunten Dezember 1932‹, sagte ich.
    Das gefiel ihm nicht. Es gefiel ihm gar nicht, aber dann breitete sich ein trockenes Grinsen über sein Gesicht. ›Mehr als tausend…‹, sagte er nachdenklich. ›Jedenfalls nicht so schlimm wie sieben Millionen. Ich darf mich wirklich nicht beklagen.‹
    ›Sieben Millionen was?‹
    ›Jahre‹, sagte er ganz ruhig. So, als meinte er es ernst. ›Ich habe einmal ein Experiment versucht. Oder werde es tun. Nun muß ich es nochmals versuchen. Das Experiment fand – findet 3059 statt. Ich hatte gerade meine Versuche mit der spatialen Freisetzung abgeschlossen. Ich glaube immer noch, daß es nicht an der Zeit lag. Es muß der Raum gewesen sein. Ich merkte, daß ich von diesem Feld eingefangen wurde, und konnte nicht freikommen. Ein Gamma-H481-Feld, Intensität 935 im Pellman-Bereich. Es hat mich eingesaugt, und ich verlor das Bewußtsein…
    Ich denke, es war eine Art Abkürzung durch den Raum zu einer späteren Position des Sonnensystems. Eine Abkürzung über eine höhere Dimension natürlich, so daß de facto die Lichtgeschwindigkeit überschritten wurde und ich in einer Zukunftsebene landete.‹
    Versteht mich recht – er erzählte mir das nicht. Er dachte einfach laut. Dann merkte er, daß ich auch noch da war.
    ›Ich konnte ihre Instrumente nicht ablesen – sieben Millionen Jahre der Entwicklung verändern alles. Deshalb bin ich bei der Rückkehr ein wenig über mein Ziel hinausgeschossen. Ich gehöre in das Jahr 3059. Könnten Sie mir sagen, was die neueste wissenschaftliche Entdeckung dieses Jahres ist?‹
    Seine Bemerkungen hatten mich so aus der Fassung gebracht, daß ich fast ohne nachzudenken antwortete.
    ›Nun, ich glaube, das Fernsehen. Und Radio – und diese Flugmaschinen, da tut sich auch allerlei.‹
    ›Radio – sehr gut. Es gibt also brauchbare Instrumente.‹
    ›Ja, aber – hören Sie mal. Wer sind Sie eigentlich?‹
    ›Oh – tut mir leid. Das habe ich

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