Titan 06
Bursche vorhin hat’s gekauft, und ich zieh’
hinaus auf die Obstfarm, von der ich dir schon erzählt hab’, Phil. Ich kann keine Robos mehr sehen.«
»Du wirst dort draußen verhungern«, gab ich zu bedenken.
»Keine Spur. Die Nachfrage nach im Freiland gezogenem Obst wächst ständig. Die Leute haben dieses Hydrokulturzeug über. Mein Vater hat immer ganz gut davon leben können. Ich breche auf, sobald ich zu Hause war und gepackt habe.«
Helena ließ nicht locker. »Ich werde für dich packen, Dave, während du ißt. Ich hab’ zum Nachtisch Apfelkuchen gemacht.« Ihre Welt brach zusammen, aber sie dachte immer noch daran, wie gerne er Apfelkuchen mochte.
Helena war eine gute Köchin; sie war genaugenommen phänomenal, eine Kombination aller guten Eigenschaften von Mensch und Android. Nachdem er erst einmal angefangen hatte, aß Dave mit gutem Appetit. Bis wir mit dem Abendessen fertig waren, hatte sich seine Laune sogar soweit gebessert, daß er Ente und Apfelkuchen lobte und ihr fürs Packen dankte. Ja, er erlaubte ihr tatsächlich einen Abschiedskuß, weigerte sich jedoch standhaft, sich zum Flughafen begleiten zu lassen.
Helena gab sich tapfer, als ich allein zurückkam, und wir unterhielten uns eine Weile über Mrs. van Stylers Dienstboten. Das Gespräch kam jedoch bald ins Stocken, und sie starrte die meiste Zeit mit leerem Blick aus dem Fenster. Selbst die Komödie im Stereo konnte sie nicht aufheitern, und ich war froh, als sie schließlich in ihr Zimmer ging. Wenn sie wollte, konnte sie ihren Energieverbrauch drosseln, um Schlaf zu imitieren.
Als die Tage vergingen, begann ich zu verstehen, warum sie sich nicht als Roboter fühlen konnte. Nach und nach betrachtete ich sie auch als richtiges Mädchen, als Freundin. Bis auf ein paarmal, wo sie allein herumstreifte oder vor sich hinbrütete, oder die Zeiten, wo sie immer wieder zum Telescript-Amt lief, auf einen Brief hoffend, der niemals kam, war sie eine so gute Gefährtin, wie ein Mann sie sich nur wünschen konnte. Sie brachte es fertig, unser Heim wirklich gemütlich zu machen, was bei Lea niemals der Fall gewesen war.
Einmal nahm ich Helena zum Einkaufen nach Hudson mit, und sie kicherte und strahlte bei der Besichtigung von gerade modernen Stoffen, probierte unzählige Hüte auf und benahm sich genauso wie jedes normale Mädchen. An einem Tag gingen wir Forellen angeln, wobei sie sich als ebenso guter und schweigsamer (was man von wenigen Frauen behaupten kann) Angelkamerad erwies wie ein Mann. Ich war zufrieden mit unserem Leben und glaubte, daß sie Dave allmählich vergaß. Das war allerdings, bevor ich einmal unerwartet nach Hause kam und sie auf der Couch zusammengerollt vorfand. Sie strampelte mit den Beinen und heulte, was das Zeug hielt.
Daraufhin rief ich Dave an. Das Amt hatte anscheinend Schwierigkeiten, ihn zu erreichen, und während ich wartete, kam Helena dazu. Sie war nervös und angespannt wie eine alte Jungfer, die jemandem einen Antrag zu machen versucht. Endlich kam Dave an den Apparat.
»Was gibt’s, Phil?« fragte er, als sein Gesicht auf dem Bildschirm aufleuchtete. »Ich hab’ gerade meine Sachen zusammen…«
Ich unterbrach ihn. »Dave, es kann einfach nicht so weitergehen. Ich habe mich entschlossen, heute abend noch Helenas Spulen herauszuholen. Das wird für sie auch nicht schlimmer sein als das, was sie jetzt durchmacht.«
Helena legte eine Hand auf meine Schulter. »Vielleicht ist es so am besten, Phil. Du kannst nichts dafür.«
Daves Stimme schnitt mir die Antwort ab. »Phil, du weißt nicht, was du tust!«
»Aber natürlich weiß ich das. Es wird alles vorbei sein, wenn du kommst. Du hast ja gehört, sie ist einverstanden.«
Daves Miene verdüsterte sich. »Das lasse ich nicht zu, Phil. Sie gehört zur Hälfte mir, und ich verbiete dir, sie anzurühren!«
»Also das ist doch…«
»Nur los, beschimpf mich, wie du willst. Ich hab’ meine Meinung geändert. Ich habe gerade gepackt, um heimzufahren, als du anriefst.«
Helena drängte mich beiseite und fixierte den Schirm. »Dave, du willst… bist du…«
»Ich komme jetzt erst drauf, was ich für ein Narr gewesen bin, Helena. Phil, ich werde in ein paar Stunden zu Hause sein, wenn du also…«
Er brauchte mich nicht erst hinauszuwerfen. Ich hörte Helena jedoch noch etwas flöten, wie gerne sie die Frau eines Farmers werde, bevor ich die Tür hinter mir zumachte.
Nun, ich war nicht so überrascht, wie sie wohl annahmen. Ich glaube, ich wußte
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