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Titan-4

Titan-4

Titel: Titan-4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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will es versuchen«, erwiderte seine Frau voller Zweifel. »Aber wie man erzählt, besitzen die van Husens ein Stereoskop, das sie im Keller entdeckt haben.« Ihre Stimme klang ein wenig vorwurfsvoll. »Zwei Monate lang haben sie es behalten, bevor sie jemandem davon erzählten…«
    »Sieh an«, sagte Vater interessiert. »Das wäre auch ganz nett. Sind viele Bilder drin?«
    »Das nehme ich an. Ich werde mich am Sonntag darum bemühen. Ich hätte es ganz gern… aber wir schulden den van Husens noch etwas für ihren Kanarienvogel. Ich begreife nicht, warum dieser Vogel sich ausgerechnet unser Haus aussuchen mußte, um zu sterben… er muß krank gewesen sein, als er zu uns kam. Jetzt ist es nahezu unmöglich, Betty van Husen zufriedenzustellen – sie hat sogar angedeutet, sie würde gerne für eine Weile unser Klavier haben!«
    »Na gut, Schatz, sieh zu, daß du das Stereoskop ergattern kannst – oder irgend etwas anderes, wovon du meinst, daß es uns gefällt.« Er schluckte den Rest der Mohrrübe. Sie war noch etwas zu jung und hart gewesen. Anthonys Launen bezüglich des Wetters gestalteten es so, daß man nie wußte, welche Ernten gedeihen würden oder wie sie, falls sie gediehen, beschaffen sein mochten. Sie konnten nur soviel wie möglich anpflanzen und säen; auf diese Weise waren die Erträge in allen Jahreszeiten groß genug, um weiterleben zu können. Nur einmal hatte es einen gewaltigen Maisüberschuß gegeben; tonnenweise hatten sie Mais an den Rand von Peaksville befördert und hinaus ins Nichts gekippt. Andernfalls hätte niemand zu atmen vermocht, sobald es zu faulen anfing. »Weißt du«, fügte Vater hinzu, »es ist nett, die neuen Sachen zu bekommen. Es ist erfreulich, sich vorzustellen, daß wahrscheinlich noch eine Menge Zeug herumliegt, das noch niemand gefunden hat, in Kellern, Dachkammern, Schuppen und hinter anderem Kram. Irgendwie sind sie eine Hilfe. Soweit überhaupt irgend etwas helfen kann…«
    »Scht!« Mutter blickte nervös rundum.
    »Oh, es ist wahr«, sagte Vater und lächelte hastig. »Die neuen Sachen sind etwas Schönes! Es ist wunderbar, daß es möglich ist, etwas Neues zu bekommen, das man noch nie gesehen hat, und jemandem eine Freude zu machen, indem man ihm etwas gibt… das ist eine wirklich gute Einrichtung.«
    »Wirklich gut«, wiederholte seine Frau.
    »Nicht lange«, sagte Tante Amy vom Ofen herüber, »und es wird keine neuen Sachen mehr geben. Einmal werden wir alles gefunden haben, das es zu finden gibt. Mein Gott, wird das schlimm sein…«
    »Amy!«
    »Nun…« Ihre hellen Augen blickten entleert und starr drein, ein Anzeichen ihrer regelmäßig wiederkehrenden Umnachtung. »Irgendwie wird es… eine Schande sein… keine neuen Sachen…«
    »Rede doch nicht so etwas«, sagte Mutter; sie zitterte. »Amy, sei still!«
    »Es ist gut«, erklärte Vater im lauten, vertrauten, zum Mithören bestimmten Tonfall seiner Stimme, »so etwas zu reden, ist gut. Es ist prima, Schatz – verstehst du? Es ist schön, daß Amy alles reden kann, was immer sie will. Es ist schön, daß sie sich mies fühlen kann. Alles ist gut. Alles muß gut sein…«
    Anthonys Mutter war bleich. Und Tante Amy auch – die Gefahr des Augenblicks hatte plötzlich die Wolken durchdrungen, die ihren Verstand umnebelten. Manchmal war es schwierig, die Worte so zu wählen, daß nicht womöglich verheerende Folgen eintraten. Man konnte es nie wissen. So vieles gab es, worüber man lieber nicht sprach, woran man lieber nicht einmal dachte – aber sich dagegen zu wenden, wenn jemand es aussprach oder daran dachte, konnte genauso katastrophal ausgehen, falls Anthony es bemerkte und sich zum Eingreifen entschloß. Man konnte einfach nicht voraussagen, zu welchem Verhalten Anthony neigte.
    Alles mußte gut sein. Mußte als erfreulich betrachtet werden, wie es war, auch wenn es unerfreulich war. Immer. Denn jede Veränderung erwies sich möglicherweise als schlimmer. So entsetzlich viel schlimmer.
    »O mein Gott, ja, natürlich ist es gut«, sagte Mutter. »Rede nur, wie dir der Schnabel gewachsen ist, Amy, so ist es doch gut. Natürlich, du willst sagen, daß manches besser ist als anderes…«
    Tante Amy rührte die Erbsen um; in ihren hellen Augen spiegelte sich Furcht. »O ja«, sagte sie. »Aber mir ist gerade nicht zum Reden zumute. Es… es ist gut, daß mir nicht danach zumute ist.«
    Vater lächelte. »Ich gehe mich waschen«, sagte er mit matter Stimme.
     
    Gegen 20 Uhr begannen die anderen

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