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Titan 5

Titan 5

Titel: Titan 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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ihm ein, daß er sich nicht deutlich erinnern konnte, ob die Frage nach einem künftigen Leben beantwortet worden war. Was geschah einem Volk, das von Gott verlassen wurde? Wurde es nur in seiner physikalischen Erscheinungsform verlassen und behielt die Möglichkeit, seine geistige Erlösung zu gewinnen? Oder war es unrettbar verloren? Verloren die von Gott verstoßenen Menschen ihre unsterblichen Seelen? Oder waren diese Seelen der Hölle verfallen, wie edel sie im Einzelfall auch sein mochten?
    Keine dieser Fragen hatte eine Antwort gefunden. Er wußte, daß Gott existierte, aber das hatte er vorher schon gewußt. Er wußte auch nicht, wann Gott die Mikhtschah der Menschheit vorgezoger hatte. Es schien unwahrscheinlich, daß diese göttliche Meinungsänderung erst in seiner Generation stattgefunden hatte. Doch wie sollte er unter diesen Umständen die seltsame mystische Erleuchtung erklären, die ihm als Evangelist zuteil geworden war?
    »Es gibt nur eine vernünftige Antwort«, sagte er schließlich. »Es spielt keine Rolle, wie ich mich entscheide. Ich bin nur ein einzelner.«
    »Auch Kolumbus war ein einzelner, als er schwur, daß die Erde rund sei. Und er konnte kaum den Ausdruck im Gesicht gehabt haben, den ich bei dir sehe, seit wir Gott schauten, Amos! Ich weiß jetzt, was gemeint ist, wenn ich in der Bibel lese, Moses’ Gesicht habe geleuchtet, als er vom Berg Sinai herabstieg, so daß er es mit einem Schleier bedecken mußte. Wenn ich recht habe, spielt deine Entscheidung sogar eine ungemein wichtige Rolle. Gott helfe der Menschheit, wenn du dich falsch entscheidest!«
    Er warf den Zigarettenstummel ins Wasser und zündete sich eine frische Zigarette an. Amos erschrak, als er sah, wie sehr die Hände des Doktors zitterten.
    »Ich wünschte, wir wüßten mehr«, sagte der Arzt, nachdem er einige tiefe Züge getan hatte. »Du dachtest fast ausschließlich in Begriffen des Alten Testaments und der Offenbarung – wie es viele protestantische Prediger tun. Ich muß gestehen, daß ich niemals wirklich ernsthaft über Gott nachgedacht habe. Ich konnte die Vorstellung von einem allmächtigen Gott nicht akzeptieren, also tat ich sie – und Gott – als eine Art Kinderglauben für geistig unselbständige, unaufgeklärte Menschen ab. Daraus ergibt sich, daß ich jetzt mehr Fragen habe als du. Zum Beispiel wüßte ich gern, wo Jesus hier ins Spiel kommt. Es fehlt zuviel, und es gibt zu viele Unwägbarkeiten. Wir haben nur zwei Tatsachen, und wir können keine von beiden verstehen. Es gibt eine Manifestation Gottes, die sowohl Mikhtschah als auch Menschen berührt; und Gott hat jetzt erklärt, daß er die Menschheit auslöschen will. Daran müssen wir uns halten.«
    Amos unternahm einen weiteren Versuch, das ihm gestellte Problem zu verleugnen. »Angenommen, Gott versucht den Menschen nur, wie er es so oft getan hat. Wie er es mit Hiob und Abraham getan hat.«
    »Versucht?« Der Doktor schien das Wort auf der Zunge zu rollen und dann auszuspucken. Das weiß gewordene Haar ließ ihn gealtert erscheinen, und das Fehlen der gewohnten Spottlust machte ihn beinah zu einem Fremden. »Amos, die Hebräer strengten sich ungemein an, um das Land Kanaan an sich zu bringen. Nach vierzig Jahren des Umherziehens in einem relativ kleinen Gebiet wurden sie auf einmal von Gott darüber aufgeklärt, daß dieses das Gelobte Land sei – und dann mußten sie es erobern, indem sie die einheimische Bevölkerung ausrotteten. Die göttlichen Wunder, von denen in der Bibel die Rede ist, entschieden tatsächlich überhaupt nichts. Später kamen sie aus der babylonischen Gefangenschaft frei, weil die alten Propheten sich unermüdlich abrackerten, um sie als ein Volk beisammenzuhalten, und weil es ihnen gelang, die Zeit der Gefangenschaft durchzustehen. In unserer Zeit haben sie es ähnlich gemacht, um Israel zu kriegen, und ohne Wunder! Gott nahm es ihnen weg, und sie mußten es selbst wiedergewinnen. So sieht es für mich aus. Von Prüfungen solcher Art halte ich in diesem Fall nicht viel.«
    Amos fühlte, wie alle seine Wertvorstellungen ins Wanken gerieten. Nur weil der Doktor bei ihm war, bemühte er sich, die Selbstbeherrschung zu bewahren; wäre er allein gewesen, so hätte er sich wie jede Intelligenz, die unter dem Zwang steht, das Unlösbare zu lösen, in den Wahnsinn geflüchtet. Er verstand sich selbst nicht mehr, geschweige denn Gott. Und in seine Gedanken schlich sich die Vermutung ein, daß auch Gott sich selbst nicht völlig

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