Titan 6
frühstücken, und gab ihm ein Nerventonikum. Er war immer noch niedergeschlagen und bedrückt.
»Nun paß mal auf, Dave«, unterbrach ich seine Grübelei. »Helena ist schließlich kein Mensch. Warum schalten wir sie nicht aus und wechseln einige Gedächtnisspulen? Dann können wir sie überzeugen, daß sie niemals verliebt war und sich niemals verlieben könnte.«
»Versuch du das doch. Ich hatte dieselbe Idee, aber sie erhob ein Jammergeschrei, das Homer aufzuwecken drohte. Sie sagte, das sei Mord – und das Verdammte bei der Sache ist, daß ich das ähnlich empfinde, ob ich will oder nicht. Sie ist vielleicht kein Mensch, aber das würde man nie vermuten, wenn sie ihre Märtyrermiene aufsetzt und traurig sagt, daß du sie doch umbringen sollst, daß es vielleicht besser so sei…«
»Wir haben ihr doch nie etwas eingesetzt, das verliebte Gefühle hervorrufen könnte?«
»Ich weiß nicht, was wir ihr alles eingesetzt haben. Vielleicht sind einige der Heteronen überlastet worden, oder so etwas. Auf jeden Fall ist diese Idee so sehr ein Teil ihres Denkens geworden, daß wir sämtliche Spulen austauschen müßten.«
»Nun, und warum nicht?«
»Tu’s doch. Du bist der Arzt in dieser Familie. Ich bin es nicht gewohnt, an Gefühlen herumzudoktern. Übrigens, seit sie sich so aufführt, hab’ ich jede Lust zur Arbeit an irgendwelchen Robotern verloren. Mein Geschäft geht in die Binsen.«
Er entdeckte Helena, die eben den Gehsteig heraufkam, und verdrückte sich durch die Hintertür in Richtung Monorail-Expreß. Ich hatte eigentlich die Absicht gehabt, ihn wieder ins Bett zu stecken, ließ ihn jedoch gehen. Vielleicht fühlte er sich in seiner Werkstatt wohler als zu Hause.
»Dave ist wieder weg?« Helena trug jetzt ihre Märtyrermiene zur Schau.
»Hmja. Ich hab’ ihn dazu gebracht, daß er was gegessen hat, und jetzt ist er zur Arbeit gefahren.«
»Ich bin froh, daß er endlich wieder etwas gegessen hat.« Sie sank in einen Sessel, als wäre sie erschöpft, obwohl es über meinen Horizont geht, daß ein Roboter mit Atommotor müde werden könnte. »Phil?«
»Was gibt’s?«
»Glaubst du, ich bin schlecht für ihn? Ich meine, glaubst du, daß er glücklicher sein würde, wenn ich nicht da wäre?«
»Er wird verrückt werden, wenn du dich weiter so benimmst.«
Sie zuckte zusammen. Ihre Händchen verkrampften sich flehend, und ich kam mir wie ein unmenschliches Scheusal vor. Aber jetzt hatte ich schon einmal damit angefangen, jetzt mußte ich weitermachen. »Selbst wenn ich dich abschalte und deine Gedächtnisspulen austausche, würde ihn der Gedanke an dich verfolgen.«
»Ich weiß. Aber ich kann nichts dafür. Und ich würde ihm eine gute Frau sein, wirklich, Phil.«
Ich schluckte; das ging ein bißchen zu weit. »Und ihm auch ein paar stramme Söhne schenken, nehme ich an. Ein Mann wünscht sich Fleisch und Blut, nicht Plastik und Metall.«
»Bitte nicht! Ich empfinde nicht so, überhaupt nicht. Ich fühl’ mich ganz als Frau. Und du weißt ja, ich bin so konstruiert, daß ich einer richtigen Frau in jeder Weise gleiche… Ich könnte ihm zwar keine Kinder schenken, aber ich wäre sonst in jeder Hinsicht… Ich meine, ich würde mich so sehr bemühen, daß ich weiß, ich wäre ihm eine gute Frau.«
Ich gab es auf.
Dave kam an diesem Abend nicht heim, und nächsten Tag auch nicht. Helena war besorgt und zerfahren, flehte mich dauernd an, Unfallkrankenhäuser und die Polizei anzurufen, aber ich wußte, daß ihm nichts passiert sein konnte. Er trug immer seine Papiere bei sich. Als er aber auch am dritten Tag nicht auftauchte, begann ich mir doch Sorgen zu machen. Und als Helena sich fertig machte, um in seine Reparaturwerkstatt zu gehen, stimmte ich zu, sie zu begleiten.
Dave war dort, mit einem anderen Mann, den ich nicht kannte. Ich parkte Helena so, daß er sie nicht sehen konnte, sie aber hörte, was gesprochen wurde, und ging hinein, sobald der Besucher draußen war.
Dave schaute ein bißchen besser aus und schien froh zu sein, mich zu sehen. »Hallo, Phil. Ich mach’ gerade Schluß. Gehen wir zusammen essen.«
Jetzt konnte Helena sich nicht mehr zurückhalten. Sie stürmte herein. »Komm’ doch endlich nach Hause, Dave. Ich hab’ gefüllte Ente gemacht, und die magst du doch so gern.«
»Verschwinde!« sagte Dave. Sie fuhr zurück und wandte sich zum Gehen. »Na schön, bleib da. Du kannst es ruhig hören. Ich hab’ das Geschäft verkauft. Der Bursche vorhin hat’s gekauft, und ich
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