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Titan 6

Titan 6

Titel: Titan 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne SF Classics
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herausgekrochen!
    Erst tauchte ein langer, silbriggrauer Arm auf, der einen gepanzerten Körper nachzog. Mit Schuppen gepanzert, silbergrau und stumpf schimmernd. Der Arm zerrte den ganzen Körper aus dem Loch, und das Wesen plumpste in den Sand.
    Es ist schwer zu beschreiben – der Körper sah aus wie eine große, graue Kiste. Am einen Ende waren der Arm und eine Art Mundöffnung; am anderen ein harter, spitzer Schwanz – das war auch schon alles. Keine anderen Glieder, keine Augen, Ohren, keine Nase – nichts! Das Wesen zog sich ein paar Meter weiter, bohrte den spitzen Schwanz in den Sand, richtete sich auf und rührte sich nicht mehr.
    Tweel und ich beobachteten es gut zehn Minuten lang, bevor es sich wieder bewegte. Dann kam mit einem Knistern wie von Stanniolpapier der Arm hoch, näherte sich der Mundöffnung – und holte einen Ziegel heraus. Der Arm plazierte den Ziegel sorgfältig auf den Boden – und dann war das Wesen wieder völlig reglos.
    Nach weiteren zehn Minuten kam wieder ein Ziegel. Alles, was das Wesen anscheinend konnte, war Pyramiden mauern. Ich wollte schon weitermarschieren, als Tweel auf das Wesen zeigte und ›Stein‹ sagte. Ich brachte nur ein entgeistertes ›Was?‹ heraus, und Tweel wiederholte das Wort. Dann trillerte er ein wenig und sagte: ›Nein, nein –‹ und holte zwei oder dreimal pfeifend Luft.
    Ausnahmsweise kapierte ich diesmal, was er sagen wollte. Ich fragte: ›Nein-atmen?‹ und verdeutlichte das Wort durch betontes Atmen. Tweel war begeistert; er rief: ›Ja, ja, ja! Nein-nein-ahmen!‹ Dann sprang er hoch und landete keinen Schritt von dem Monstrum entfernt auf seiner Nase!
    Ich war entsetzt, das könnt ihr euch vorstellen! Der Arm griff eben wieder nach einem Ziegel, und ich erwartete, daß er Tweel erwischen und zerquetschen würde oder sonst was, aber – es geschah nichts! Tweel hämmerte auf das Wesen ein, doch der Arm nahm ruhig den Ziegel und legte ihn neben den ersten. Tweel klopfte wieder auf den grauen Rumpf und sagte ›Stein‹, und das gab mir genug Mut, die Sache selber genauer anzuschauen.
    Tweel hatte wieder recht. Das Wesen war aus Stein, und es atmete nicht!«
    »Woher wollen Sie das wissen?« fuhr Leroy auf, und seine schwarzen Augen blitzten interessiert.
    »Ich bin schließlich Chemiker. Das Wesen bestand aus Siliziumverbindungen. Der Sand muß Silikate enthalten, von denen es lebt. Versteht ihr? Wir und Tweel und diese Pflanzen da draußen, ja selbst die Biopoden haben eine Kohlenstoff-Biochemie; die chemischen Prozesse in diesem Wesen müssen ganz anders sein. Es ist ein Beispiel für Silizium-Leben!«
    »La vie silicieuse!« rief Leroy. »Isch ‘abe schon immer vermutet – jetzt ‘aben wir einen Beweis! Isch muß es mir ansehen! Il faut que je…«
    »Schon gut, nur mit der Ruhe!« sagte Jarvis. »Sie können sich’s ja ansehen. Also, da hockte dieses Ding, lebendig und doch nicht lebendig, und bewegte sich nur alle zehn Minuten, um einen Ziegel auszuscheiden. Begreifen Sie, Frenchy? Wir sind Kohlenstoffleben, und eines unserer Hauptausscheidungsprodukte ist Kohlendioxid; dieses Wesen ist Siliziumleben, und seine Ausscheidung ist Siliziumdioxid oder eine Art Quarz. Siliziumdioxid ist natürlich in jedem Fall ein Feststoff, daher die Ziegel. Das Wesen mauert sich damit ein, und wenn es sich ganz zugebaut hat, bewegt es sich ein Stück weiter und beginnt von neuem. Kein Wunder, daß es bei jeder Bewegung geknirscht hat. Ein Lebewesen, das eine halbe Million Jahre alt ist!«
    »Woher wissen Sie, wie alt es ist?« Leroy war ganz aus dem Häuschen.
    »Wir haben seine Pyramiden von Anfang an verfolgt, nicht? Wenn das Wesen in der letzten nicht auch der Erbauer der ersten, schon verwitterten gewesen ist, hätte die Reihe doch irgendwo geendet, bevor wir auf es selber stießen, nicht wahr? Und eine neue Reihe aus kleinen Pyramiden hätte begonnen. Das ist doch recht einleuchtend?
    Das Wesen versucht auch, sich zu vermehren. Bevor der dritte Ziegel herauskam, gab es eine Art Knistern von sich, und eine ganze Kette dieser kleinen Kristallkugeln strömte aus der Mundöffnung. Das sind seine Sporen oder Samen oder wie man sie immer nennen will. Sie kollerten über Xanthus hinweg, genau wie jene, die wir im Mare Chronium gesehen hatten. Ich habe eine Vermutung, was es mit ihnen auf sich hat – vielleicht können Sie was damit anfangen, Leroy. Ich glaube, die durchsichtige, dünne Schale aus Quarz ist nicht mehr als eine Schutzhülle wie eine

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