Titanus
raste direkt auf die Weltraumstation zu.
Der Offizier beugte sich über die Kontrollgeräte, sein Blick überflog die Skalen.
Die gewaltigen Antiteilchenwerfer auf dem Kraftwerk schwenkten in die Richtung des Meteors. Wenn sie zu arbeiten begannen, ihre todbringenden Antiteilchenbündel dem Meteor entgegenwarfen, dann setzte sich die stoffliche Form der Materie der getroffenen Atome blitzartig in Strahlung um. Ungeheure Kräfte würden den Meteor in Moleküle zerreißen, in unvorstellbarer Hitze würde er verdampfen…
Der Offizier wartete mit jungenhafter Neugier darauf, daß der helle Punkt auf dem Radarschirm aufflammte und verging. Doch der leuchtende Punkt blieb, näherte sich unaufhaltsam.
Der Wachhabende fror. Er fuhr sich mit unsicherer Hand über sein widerspenstiges Haar. Teufel, die Antiteilchenwerfer versagten!
Ungläubig prüfte er die Meßgeräte – und atmete auf.
Die Sperre hatte sich eingeschaltet! Das Elektronenhirn hatte den Meteor als Raumschiff erkannt.
Und schon warf der Sender dem nahenden Schiff seine Frage entgegen.
»Hier X-10. Erbitten Kennwort…«
Das fremde Raumschiff schwieg. Es näherte sich unbeirrt. Der Offizier duckte sich wie zum Sprung.
Der Zeiger des Entfernungsmessers rückte immer weiter, näherte sich der roten Marke. Wenn er sie erreichte, würde sich die Sperre lösen, und die Werfer würden ihre Vernichtung beginnen. Befand sich das Raumschiff im Strahlenbündel, dann gab es keine Rettung…
Wie gebannt blickte der Wachhabende auf den wandernden Zeiger.
Eine blasse Erinnerung stieg in ihm auf, wurde deutlicher, nahm feste Gestalt an.
Hatten nicht größenwahnsinnige Militaristen früher einmal in ohnmächtiger Wut gefordert, den ersten Sputnik abzuschießen, hatten sie nicht später versucht, X-1 durch künstliche Meteore zu beschädigen? Wiederholten sie jetzt nach Jahrzehnten diesen Versuch – kurz vor dem Start der Kosmos? Glaubten sie, die Aufmerksamkeit der Männer auf X-10 eingeschläfert zu haben?
Sie irrten sich!
Jetzt konnte er beweisen, daß man sich auf ihn verlassen… Hunderte von Menschen waren in Gefahr, unermeßliche Werte gefährdet… Das könnte denen so passen! Zwei Feuer mit einem Streichholz, X-10 und die Kosmos!
Sollte er Chi fragen? Unsinn, er war kein Schulbub, und das war sein Augenblick!
Er richtete sich auf. Seine Augen wurden schmal, die Zähne preßten sich aufeinander.
Noch wanderte der Zeiger des Entfernungsmessers, schon näherte er sich der gelben Marke, dem letzten Achtungssignal. Dann kam die rote Marke!
Er wünschte, daß das Raumschiff nicht abdrehte, ersehnte die Kraftprobe, deren Ausgang nicht fraglich war. Viele Meteore hatte es schon zerrissen, doch noch kein Raumschiff!
Hier kam ein Feind!
Endlich, die gelbe Marke.
Er lauschte. Das Raumschiff schwieg. Da schlug er die Alarmtaste ein, daß die Plombe in hohem Bogen davonflog.
Überall in der Station quäkten durchdringend die Alarmhupen, gellten schrille Klingeln, in den luftleeren Räumen grellten rote Lampen.
Türen flogen auf, Füße hasteten in langen Sätzen über die Gänge, volle Wagen sausten durch den Bahnschacht des Außenringes, Fahrstühle flogen durch die Speichen – alles eilte auf die Alarmstationen.
Der Offizier erlebte jeden der tausend Sehritte mit, zu gut kannte er den Alarmplan. Die Erregung schien sich ihm tausendfach mitzuteilen. Noch zwanzig Teilstriche… Sein Finger folgte dem Zeiger, sein Blick löste sich nicht von dem leuchtenden Punkt auf dem Bildschirm.
»Na, mein Lieber, was macht das Raumschiff?« ertönte hinter ihm eine ruhige Stimme.
Er blickte sich um.
Aus dem Bildschirm des Bordtelefons trat plastisch Chi Pitschins Bild und entriß ihn seinen Gedanken.
»Fremdes Raumschiff im Angriff!« sagte der Offizier erregt.
»Angriffshandlung?«
»Es antwortet nicht!«
»Sachte, junger Freund«, riet Chi mit einer Ruhe, die jahrzehntelange Raumerfahrung verriet. »Das ist noch keine Angriffshandlung.«
»Es kommt immer näher!« stieß der Wachhabende hervor.
»Auch das ist noch kein Angriff. Blockieren Sie die Alarmanlage! Und schalten Sie bitte die Befehlszentrale zu mir um.«
Im Wachhabenden stritten sich Eifersucht und Erleichterung. Dennoch empfand er dankbar, daß Chi ihn um die Übergabe der Befehlsgewalt gebeten und sich nicht – wie es ihm möglich gewesen wäre – ohne ein Wort eingeschaltet und ihn außer Aktion gesetzt hatte und daß Chi das Telefon nicht auflegte, so daß er nun seine Anweisungen verfolgen konnte, wie Chi vorher sein
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