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Tochter der Nacht

Tochter der Nacht

Titel: Tochter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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gleiche, wie die Zauberflöte zu benutzen, um die Delphin-Halblinge zu versklaven. Es ist vermutlich verboten.«
    Tamino dachte angestrengt darüber nach, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte. Schließlich sagte er: »Das kann ich nicht glauben, wir wissen nicht einmal, ob das Land der Wandlungen wirklich so aussieht, oder uns nur so erscheint. Als ich es einst durchwanderte, war es zunächst eine kahle Wüste, aber auf meinem Weg veränderte es sich ständig. Ich weiß nicht, wie die Wirklichkeit aussieht und was Illusion ist, um uns auf die Probe zu stellen.«
    Tamino erzählte ihr von der Dattelpalme und der Antilope, die sich zuerst in eine Gazelle und dann in ein Hörnchen verwandelt hatte. »Und seit Beginn der Prüfungen frage ich mich: Hat sich die Gazelle wirklich verändert? War es schon immer ein Hörnchen gewesen, das sich mir aus irgendwelchen Gründen in anderer Gestalt zeigte? Oder gilt hier im Land der Wandlungen ein unbekanntes Gesetz?« Ihm wurde vom Sprechen die Kehle trocken; doch das war leichter zu ertragen als die Last, solche Gedanken mit sich allein herum-zuschleppen.
    »Ich kann deine Fragen nicht beantworten«, erwiderte Pamina, »aber… schau, hier ist wenigstens Schatten. Wir haben in der falschen Richtung gesucht.«
    Tamino drehte sich um und sah einen Busch mit dicken, dunkelgrünen dornigen Blättern, die so anders waren als ge-wöhnliche Blätter an Büschen. Er hätte schwören mögen, daß dieser Busch hier vor kurzem dort noch nicht gestanden hatte. Doch was konnte er im Land der Wandlungen anderes erwarten? War der Busch Wirklichkeit oder eine Täuschung?
    Zählte das? Würde die Illusion von Schatten sie vor der wirklichen Sonne schützen? Vorsichtig teilten sie die Zweige und krochen dankbar in den Schutz der dicken, saftigen Blätter.
    Unter dem Busch war es verhältnismäßig schattig und kühl.
    Pamina legte sich auf den Rücken und wischte sich mit den weiten Ärmeln ihres Gewandes das Gesicht ab, und Tamino dachte: Sie ist schon müde und erschöpft, dabei hat die Prüfung erst begonnen.
    Taminos Blick entging ihr nicht. Sie lächelte schwach und setzte sich auf.
    »Sieh mal, nicht einmal hier sind wir allein«, sagte sie und wies auf den Sand, wo ein paar kleine Eidechsen umhereil-ten. Sie waren kaum eine Spanne lang und nicht dicker als ein Daumen; kletterten auf Steine, kämpften miteinander, stürzten sich auf fast unsichtbare Käfer, paarten sich, krab-belten plötzlich kurz aufeinander, fielen herunter und gingen wieder eilig den Trieben des Lebens nach.
    Pamina murmelte: »Sie sind wie die Hunde-Halblinge…
    oder wie Monostatos.«
    »Sie sind wie viele Leute, die ich im Reich meines Vaters kenne. Ich glaube, außerhalb des Tempels sind die meisten Menschen so.«
    Ihm fiel auf, wie blaß Pamina war, als sie sagte:
    »Ich hoffe nicht. Es wäre schrecklich, so zu leben. Meine Mutter möchte, daß die Halblinge so leben. Ich glaube, Sarastro will, daß sie etwas Besseres werden. Er möchte ihnen zeigen, wozu sie fähig sind. Es schmerzt mich, einen anderen Standpunkt als meine Mutter zu vertreten, aber…«, Tamino sah, wie sich Pamina mit der Zunge über die Lippen fuhr, »ich fürchte, Sarastro hat recht. Meine Mutter hätte mich auf jeden Fall… verstoßen.«
    Sie waren sich unter dem Busch sehr nahe, und Tamino tat, wonach er sich sehnte, seit er Pamina zum ersten Mal gesehen hatte. Er zog sie in seine Arme, drückte sie fest an sich und glaubte in diesem Augenblick aufrichtig, nicht mehr zu wollen, als Pamina zu trösten und diese schreckliche Verzweiflung aus ihren Augen zu vertreiben.
    Doch dann dachte er, die Zeit sei reif, und daß es vielleicht richtig wäre, ihr jetzt zu bestätigen, daß sie beide immer Zu-sammensein und alle Entscheidungen gemeinsam treffen würden. Und dabei würde ihre Liebe ihnen Kraft und Trost spenden. Denn… was wäre schöner, um diese Liebe zu be-siegeln? Pamina schmiegte sich willig in seine Arme und hob ihm den Mund zu ihrem ersten Kuß entgegen.
    Einen Augenblick lang fürchtete sich Pamina ein wenig. Die Erinnerung an Monostatos’ rohe Hände ließ sie erzittern, als Tamino sie berührte. Aber dann spürte sie seinen Mund, die rauhen Wangen, die sich von ihren so unterschieden, und sie entspannte sich. Es war richtig, es wurde ihr nicht gegen ihren Willen aufgezwungen. Tamino zögerte sogar, mehr von ihr zu fordern, als sie geben wollte. Pamina drückte sich eng an ihn und öffnete die Lippen unter seinem

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