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Tochter Der Traumdiebe

Tochter Der Traumdiebe

Titel: Tochter Der Traumdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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Einige konnten sogar Vettern oder entfernte Verwandte sein. Ganz gewöhnliche, anständige deutsche Jungen, die von diesem unsinnigen Militarismus und dem Traum der Nazis gefangen worden waren. War es richtig, solche Menschen zu töten? Gab es keine andere Möglichkeit?
    Weißmaul folgte ihrer Schwester nach unten zur Nachhut des Flugzeugverbandes. Die Schwänze knallten wie riesige Peitschen, das Gift brodelte und kochte in den Mäulern und Nasen. Unsere Drachen fielen mit der verspielten Freude junger Tiger, die unversehens auf eine Gazellenherde gestoßen sind, über die Beute her.
    Maschinengewehre feuerten auf uns, aber die Kugeln konnten uns nichts anhaben. Von den stahlharten Schuppen der Drachen prallten die Kugeln einfach ab. Die Schützen mussten glauben, sie träumten schlecht.
    Hinunter ging es und überall sah ich Hakenkreuze. Das Symbol, das für jede Gemeinheit, jede Widerwärtigkeit und jede zynische Grausamkeit stand, die man sich nur vorstellen konnte. Diese Symbole griff ich an und das Schicksal der Mannschaften, die unter solchen Symbolen flogen, war mir einerlei. Wer sich nicht schämte, im Namen dieser Symbole zu fliegen, hatte den Tod verdient.
    Hinunter ging es. In Weißmauls Schnauze brodelte das Gift und wurde von glühend heißer Luft, die in einem ihrer vielen Mägen gesammelt wurde, herausgetrieben. Das brennende Gift traf Bomber auf Bomber, die alle noch ihre Ladungen an Bord hatten. Vor unseren Augen explodierten sie einer nach dem anderen.
    Einige Flugzeuge wollten sich absetzen. Einige warfen aufs Geratewohl die Bomben ab. Doch wieder kreisten die Drachen. Wieder wurden Flugzeuge zerstört. Die wenigen, die überlebten, machten kehrt und eilten zurück nach Deutschland. Was würden die Piloten nach ihrer Rückkehr melden? Welche Geschichte würden sie erzählen? Wie sie es auch erklärten, sie hatten versagt.
    So trugen wir zur Entstehung einer berühmten Legende bei. Es war eine Legende, die den Sieg der RAF über die Luftwaffe erklärte. Die Legende, die für viele den Verlauf des Krieges entscheidend beeinflusst und dafür gesorgt hatte, dass Hitler jegliches Urteilsvermögen und vielleicht den letzten Rest seiner geistigen Gesundheit verlor. Eine Legende, die sich schließlich als ebenso wirkungsvoll erweisen würde wie der Mythos der Nazis, der auf die Völker Europas losgelassen worden war. Es war die Legende von den Drachen von Wessex, die den Briten zu Hilfe kamen, als die Not am größten war. Eine Legende, die half, die britische Moral zu heben und die der Deutschen zu zerstören. Sogar die Geschichte der Engel von Möns aus dem Ersten Weltkrieg war zu ihrer Zeit nicht so einflussreich wie die Legende der Drachen von Wessex. König Arthur, Guinevere und Sir Lancelot, sie alle wären erschienen, erzählte man sich. Sie wären auf den sagenhaften Geschöpfen der alten Zeiten geflogen und gekommen, um ihrer Nation in der Not beizustehen. Die Geschichte wurde schließlich unterdrückt, wie Hess herausfinden sollte. So mächtig war die Legende, dass die Propagandaapparate beider Länder sich damit beschäftigten, sie entweder zu verbreiten oder zu dementieren.
    Als wir wieder in Deutschland waren, hatten wir mehrere große Bomberverbände und unzählige Jagdflugzeuge zerstört. Die Schlacht um England hatte eine überraschende Wende genommen. Von diesem Augenblick an handelte Hitler zunehmend wie ein Wahnsinniger und seine Prophezeiungen verloren an Glaubwürdigkeit. Von diesem Augenblick an ließ ihn sein sagenhaftes Glück im Stich.
    Als die unermüdlichen Drachen uns nach Bek zurückbrachten, trauerte ich. Ich machte mir Vorwürfe. Zwar war unser Eingreifen berechtigt gewesen, doch ich hatte gegen mein eigenes Volk gekämpft. Ich hatte die allerbesten Gründe dafür, dass es richtig war, was ich getan hatte, doch diese Schuld würde ich mein Leben lang tragen müssen. Wenn ich überlebte und wieder Frieden herrschte, musste ich einigen Müttern begegnen, denen ich nicht würde in die Augen sehen können.
    Die Freude über den Sieg und der berauschende Flug wurde durch eine seltsame Melancholie gedämpft, die mich seitdem nicht mehr verlassen hat.
    Als wir Bek erreichten, fanden wir die Gebäude verlassen vor. Nicht einmal ein Wächter war mehr da. Hitler und seine Kumpane waren erschrocken geflohen und hatten sich völlig zurückgezogen. Hier gab es nichts mehr zu bewachen.
    Es war seltsam still, als wir auf der Brüstung landeten und vorsichtig in die alte Waffenkammer

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